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Der Schöpfer des Rathausmanns

Der Künstler Richard Guhr starb diesen Donnerstag vor 60 Jahren. Nach 1945 wohnte und arbeitete bis zu seinem Tod in Höckendorf.

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© Archivfoto: Jörn Haufe

Von Stephan Klingbeil

Höckendorf. Seine letzten elf Lebensjahre verbrachte der gebürtige Mecklenburger Richard Guhr in Höckendorf. Der Mann, der als einer der eigenwilligsten deutschen Künstler des frühen 20. Jahrhunderts gilt, war nach den Bombenangriffen am 13. Februar 1945 aus seiner Wohnung in der Dresdner Carl-Straße geflohen. Nach einer Odyssee lebte und arbeitete er schließlich in der alten Försterei im heutigen Klingenberger Ortsteil.

Richard Guhr war als Maler Bildhauer und auch als Professor an der Dresdner Kunstakademie tätig.
Richard Guhr war als Maler Bildhauer und auch als Professor an der Dresdner Kunstakademie tätig. © Foto: SZ Archiv

Dort soll man ihn respektvoll „Den Meister“ genannt haben. Der Professor soll selbst von seiner Frau nur mit Sie angesprochen worden sein. An diesem Donnerstag vor 60 Jahren, also am 27. Oktober 1956, schloss Guhr aber für immer die Augen.

Viele seiner Werke sind in Vergessenheit geraten. Andere kennt fast jeder. Der am 30. September 1873 in Schwerin geborene spätere Maler und Bildhauer ist zum Beispiel der Schöpfer des goldenen Dresdner Rathausmannes. Im April 1907 hatte er Guhr den Zuschlag für die Turmbekrönung des Dresdner Rathaues erhalten.

Für die Plastik stand der Meißner Artist und Ringer Ewald Redam Modell. Der war damals gerade Sachsenmeister im Schwergewicht geworden und war wohl eine ideale Vorlage für die Herkulesfigur gewesen.

Guhr fertigte für die Skulptur ein Modell aus 2 300 Kilogramm Gips. Auf dessen Grundlage hat dann die Firma von Friedrich Hermann Beeg den Rathausmann aus Kupferblech mit einer Stärke von 1,5 Millimetern gefertigt. Eine Rechnung vom Juli 1908 belegt, dass die Stadt damals 5 130 Mark für die Figur bezahlt hat. 1 170 Mark kostete die Vergoldung. Hofmaler Julius Schultz benötigte dafür 480 Gramm Gold. Der Rathausmann wurde im April 1908 in einem Stück auf den Turm gezogen.

Guhr hatte noch viele weitere Kunstwerke der Region geschaffen. 1933 wurde zum Beispiel sein 1912 entworfenes Wagner-Denkmal im Liebethaler Grund aufgestellt. Von 1905 an lehrte der einst als Dekorationsmaler in Berlin tätige Guhr an der Dresdner Kunstakademie. Zu seinen Schülern gehörte der weltbekannte Otto Dix.

Die frühen Werke von Professor Guhr waren aber allesamt dem Dresdner Bombeninferno zum Opfer gefallen. In Höckendorf war er weiter kreativ, schuf zahlreiche Werke. Er engagierte sich mit Verkaufserlösen aus seiner Malerei für die Volkssolidarität, um den Bedürftigen zu helfen.

Mehrere Bilder von Höckendorfer Höfen und Landschaften, die er nach dem Krieg zeichnete, wurden 2010 anlässlich der 775-Jahr-Feier in der Kirche und der Galerie in der Hotel-Gaststätte „Zum Erbgericht“ ausgestellt. Sie stammen aus dem Nachlass seiner Witwe, die einst ins hessische Fritzlar gezogen war. Später wurden sie dem dortigen Regionalmuseum übergeben. Ab und an, wie zuletzt in Pirnas Stadtmuseum, sind Teile von Guhrs Werken bei Ausstellungen in der Region zu sehen.