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Der Schatz des verstorbenen Dichters

Im Bautzener Burgtheater erinnerten Weggefährten an Kito Lorenc. Vor allem ein Text des Autors brachte das Publikum zum Nachdenken.

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© Carmen Schumann

Von Carmen Schumann

Bautzen. Was mag Kito Lorenc wohl gedacht haben, von seinem Dichter-Olymp auf die Menschen herab blickend, die sich am Sonntag im Bautzener Burgtheater ihm zu Ehren versammelt hatten? Eveline Günther, die Dramaturgin des Deutsch-Sorbischen Volkstheaters, die für die Reihe „Lausitzer Literatur vorMittag“ verantwortlich ist, versicherte ihm: „Wir strengen uns an!“ Sie hatte einen bunten Querschnitt an Texten des am 24. September dieses Jahres verstorbenen Dichters, Übersetzers, Kinderbuch- und Theaterautoren aus mehreren Jahrzehnten herausgesucht.

Kito Lorenc starb am 24. September 2017.
Kito Lorenc starb am 24. September 2017. © Wolfgang Wittchen

Vorgetragen wurden diese von fünf Schauspielern, die alle seine Weggefährten waren. Allen voran sein Bruder Michael Lorenz, sowie Rainer Gruß und Lutz Hillmann, die in Kito Lorenc‘ Mammut-Stück „Die wendische Schiffahrt“ mitgespielt hatten. Diese Komödie um den sorbischen Erfinder Alfons Bauer ist fünf Stunden lang und wurde mit zwei Pausen gespielt. Ebenso wie „Kolbas“ (dt.: Schweinschlachten) und „Kim Broiler“ erlebte „Die wendische Schiffahrt“ am Bautzener Theater ihre Uraufführung.

Aus Kito Lorenc‘ umfangreichem Werk lasen außerdem Katja Reimann und Olaf Hais. Denn bereits zu Lebzeiten des Dichters hatten Bautzener Schauspieler immer wieder seine ebenso heiteren wie tiefgründigen Texte einem breiten Publikum vorgetragen. Die Lesung am Sonntag war nur der Auftakt zu weiteren Veranstaltungen. So kündigte Eveline Günther an, dass im März ein Symposium zu seinem Werk stattfinden wird, an dem sich alle sorbischen Institutionen beteiligen werden.

Wortgewaltige Sprachspielereien

Das Publikum im Kleinen Saal des Burgtheaters hatte viel Spaß an den wortgewaltigen Sprachspielereien, für die Kito Lorenc berühmt war. Für Schmunzeln, aber auch eine große Nachdenklichkeit sorgte jene abstruse Zukunftsvision für das Jahr 2031, die der Autor im Jahr 2010 niedergeschrieben hatte. Ein Reisender begibt sich da in die Stadt „Butzen“ auf der Suche nach sorbischen Einrichtungen. Die Zuhörer folgen ihm auf seinem Weg vom Bahnhof in die Stadt und müssen miterleben, dass das Sorbische Institut in „Britze-Institut für Altertumsforschung“ umgewandelt wurde und die Sorbische Bibliothek sowie das Sorbische Archiv in eine Scheune ausgelagert wurden. Im Haus der Sorben sind jetzt jede Menge Gewerbebetriebe ansässig, der Domowina-Verlag ist in eine billige Absteige für Touristen umgewandelt worden und das Sorbische Museum in ein Nobelhotel. Im Theater befindet sich eine Skoda-Werkstatt und im Sorbischen Nationalensemble eine Garküche für Geringverdiener. Man mag sich das wirklich nicht vorstellen. Es ist eine hellsichtige Warnung des Dichters an die Nachwelt, solche Entwicklungen nicht zuzulassen.

Michael Lorenz trug drei besinnliche Gedichte seines Bruders vor, darunter eines auf Sorbisch und eines, das die größte Sehnsucht des Menschen beschreibt, nämlich ein Fest des Friedens zu feiern. Wie ein Symbol kam gerade in diesem Moment für einen kurzen Moment die Sonne vor dem großen Panoramafenster des Burgtheaters heraus. Michael Lorenz, Schauspieler im Ruhestand, berichtete außerdem, dass ihm sein Bruder zu seinem Geburtstag am 18. September, also kurz vor seinem Tode, noch ein letztes Gedicht gewidmet hatte. Außerdem erzählte er den Zuhörern, dass Kito Lorenc gerade in seinen letzten Lebensjahren viel gezeichnet hatte und zeigte eine seiner Miniaturen.