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Der Sachse sieht sich anders

Die Bürger des Freistaates halten sich für weltoffen und gastfreundlich – der Rest der Republik hat da Zweifel.

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Von Gunnar Saft

Sind sich die Deutschen in West und Ost – inklusive der Sachsen – noch weitgehend einig, was die negativen Auswirkungen ausländerfeindlicher Proteste auf das Ansehen des Freistaates angeht (siehe Titelseite), gehen die Meinungen zu anderen Asyl-Themen bereits auseinander.

Laut der aktuellen Umfrage des Leipziger Meinungsforschungsinstitutes Uniqma sind vor allem die Bürger in den alten Bundesländern eher bereit, Flüchtlinge in Deutschland aufzunehmen. Für einen solchen Schritt sprechen sich dort 78 Prozent der Befragten aus, in den neuen Bundesländern dagegen nur 72 Prozent. In Sachsen selbst liegt die Zustimmungsquote aktuell lediglich bei 66 Prozent.

Im Umkehrschluss ist im Freistaat die ablehnende Haltung gegenüber Flüchtlingen am stärksten ausgeprägt. 23 Prozent der Befragten geben hier an, „eher gegen die Aufnahme der Flüchtlinge“ zu sein. In den neuen Bundesländern sind dann nur 19 Prozent und in den alten Ländern lediglich 16 Prozent der Bürger dieser Meinung (siehe auch Grafiken).

Einen großen Unterschied gibt es ebenfalls bei der Einschätzung über den Umfang der in Sachsen vorherrschenden Ausländerfeindlichkeit. Während im Freistaat selber nur 29 Prozent der Meinung sind, diese sei im eigenen Land tatsächlich „stärker ausgeprägt als in den anderen Bundesländern“ stimmen dieser Aussage bundesweit schon 53 Prozent der Befragten zu.

Mehr als die Hälfte der Sachsen (55 Prozent) ist vielmehr der Überzeugung, bei ihnen herrsche die gleiche Ausländerfeindlichkeit wie in den anderen Bundesländern auch. Einer solchen Einschätzung stimmen deutschlandweit aber nur 29 Prozent der Befragten zu. Allerdings ergibt sich dabei ein starkes Ost-West-Gefälle. In den neuen Bundesländern teilen immerhin 51 Prozent der Befragten die Auffassung der Sachsen, wonach es im Freistaat die gleiche Ausländerfeindlichkeit wie überall in Deutschland gibt. In den alten Ländern sehen das dagegen nur 25 Prozent genauso.

Angesichts dieser Unterschiede bei den Themen Flüchtlinge, Asyl und Ausländerfeindlichkeit verwundert es kaum, dass auch bei der aktuellen Meinung der Deutschen über die Sachsen sowie der Sicht der Sachsen auf sich selbst die Ansichten zum Teil weit auseinanderklaffen. So sehen sich die Sachsen mehrheitlich als weltoffen und tolerant (58 Prozent) und geben stolz an, besonders reisefreudig und gastfreundlich zu sein (74 Prozent). Genau diese Eigenschaften sprechen die anderen Bundesbürger den Sachsen jedoch eher ab. So glaubt nur ein Viertel der Bundesbürger an die sächsische Weltoffenheit und Toleranz, und auch von der besonderen sächsischen Reisefreudigkeit und Gastfreundlichkeit ist nur ein Drittel überzeugt.

Etwas näher kommen sich beide Seiten nur bei den Fragen nach dem Stolz auf das Land Sachsen sowie danach, wie stark die Sachsen auf ihre eigene Kultur und Traditionen achten. Allerdings bewerten sich die Bürger des Freistaates auch hier deutlich positiver als es ihre Mitbürger in den anderen Bundesländern tun.

Auffälligerweise sind es schließlich die Einschätzungen zum Grad des sächsischen Konservatismus sowie der vermeintlichen und tatsächlichen Bedürftigkeit der Sachsen sowie deren Bereitschaft, anderen zu helfen, bei denen sich die Bewertungen der beiden Seiten zumindest annähern. In einem ganz speziellen Punkt sind sich Sachsen und Nichtsachsen sogar überraschend deutlich einig. So sind bundesweit immerhin ein Drittel und in Sachsen selbst noch 29 Prozent der Bürger davon überzeugt, dass im Freistaat das einstige Abgeschottetsein zu DDR-Zeiten weiter nachwirkt und deshalb alles Fremde ängstlich angesehen wird. Die Zustimmung zu dieser Aussage zieht sich ganz gleichmäßig durch alle Altersgruppen von 18 bis über 65 Jahre – und das sowohl in Sachsen als auch außerhalb.