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Der Ruf ins Kloster

Die Autorin Elisabeth Pfister hat sich auf den Weg gemacht, um die Liebe zu finden– und kam dabei auch nach Bautzen.

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© Uwe Soeder

Von Miriam Schönbach

Bautzen. An ihre erste Begegnung mit Schwester Michaela aus dem Kloster der Klarissen in Bautzen erinnert sich Elisabeth Pfister noch gut. Ihren Gedanken nachhängend, saß sie vor ihrem Fernseher und schaltete sich ungeduldig durch das Programm. „Plötzlich sah ich eine junge Frau in Nonnentracht, die spröde, vielleicht auch sperrig wie auch bewegend von ihrer leidenschaftlichen Liebe zu Gott erzählte“, sagt sie. Die Dokumentation bannt die Autorin – und schnell weiß sie, dass diese Geschichte über dieses große Gefühl in ihrem nächsten Buch stehen muss.

Autorin Elisabeth Pfister kommt am Freitag zu einem Gesprächsabend ins Bautzener Kloster.
Autorin Elisabeth Pfister kommt am Freitag zu einem Gesprächsabend ins Bautzener Kloster. © privat

Die Idee, Porträts über Liebende zusammenzutragen, hat Elisabeth Pfister schon länger begleitet. „Ich wollte zeigen, was für ein gewaltiges Spektrum dieses Gefühl hat, was uns beglückt und quält und wie viele Erlösungsmöglichkeiten es gibt, die manchmal auch in die Hölle führen können“, sagt die Journalistin. Acht Geschichten sind ihr schließlich für ihr Buch „Trotzdem: Liebe“ begegnet, das im Oktober erschienen ist. Drei Jahre hat sie immer wieder Menschen getroffen, und sich von ihren Erzählungen faszinieren lassen – so eben wie auch von Schwester Michaela.

Nach dem Fernsehabend, an dem die junge Ordensfrau aus dem Fernseher schaute, sucht Elisabeth Pfister am nächsten Morgen nach der Telefonnummer des Bautzener Klarissenklosters. Die Nummer ist schnell gewählt, am anderen Ende der Leitung meldet sich fröhlich die Äbtissin der heiligen Gemeinschaft. Die Frauen kommen schnell ins Gespräch. Die Autorin aus Frankfurt/Main schildert Schwester Clara ihre Anliegen, dass sie die Geschichte des damals jüngsten Neuzugangs des Klosters gern aufschreiben möchte. Die Vorsteherin der Klarissen verspricht, mit Schwester Michaela zu sprechen.

Zur Spionage verführt

Zwei Wochen später erhält Elisabeth Pfister eine Einladung an die Spree. „Meine Leidenschaft ist schon immer, zu Menschen zu gehen und mir ihre Geschichten anzuhören“, sagt die langjährige Arte- Fernsehredakteurin. Über ein Praktikum stolpert sie nach ihrem Germanistik- und Politikwissenschaftsstudium Anfang der 80er Jahre in den Hessischen Rundfunk. Eigentlich träumt sie nämlich davon, in einem Verlag zu arbeiten. „Doch ich habe schnell festgestellt, dass ich nicht nur lesen wollte“, sagt die Wahl-Hessin. Kulturmagazine und Dokumentationen werden ihr Aufgabengebiet.

Doch das Texten für einen Fernsehbeitrag unterscheidet sich stark vom puren Schreiben. Im Fernsehen dominiert das Bild einen Beitrag. Ihr erstes Buch mit dem Titel „Unternehmen Romeo – die Liebeskommandos der Stasi“ schreibt Elisabeth Pfister schließlich vor 20 Jahren. Die Film-Recherche Lebensläufe westdeutscher Frauen, die unter Vortäuschung von Liebe und emotionaler Hingabe durch Stasi-Agenten zur Spionage verführt wurden, lässt sie nicht mehr los. Die unzähligen Interviewminuten muss die Journalistin nochmals auf Papier bringen.

Das Thema „Liebe“ wird Elisabeth Pfister danach weiter begleiten. Ihr zweites Buch widmet sie den Lebensgeschichten jener Frauen, die ihre Liebe zu verurteilten Mörder, Totschlägern oder Sexualverbrechern gefunden haben. Auch in diesem Buch „Wenn Frauen Verbrecher lieben“ spürt sie dem unerforschten Phänomen nach, das sie auch bei ihrem dritten Werk wieder beschäftigt.

Nächstes Projekt auf dem Tisch

„Die faszinierend wie oft auch beängstigende Liebe ist doch unser aller Lebensthema, wie man von der Literatur bis zur Yellow Press sieht“, sagt die Autorin selbst. Für ihr jüngstes Projekt ist Elisabeth Pfister durch stundenlange Gespräche im privaten Umfeld, im Knast wie auch hinter Klostermauern in das Leben ihrer Protagonisten eingetaucht. Bei den Bautzener Klarissen trifft sie nach ihrer Ankunft eine – wie im Fernsehen – fröhliche wie auch nachdenkliche Schwester Michaela. Die junge Ordensfrau erzählt, wie sie erst zum Glauben fand und später die Liebe zu Gott. Dabei vergisst sie auch ihre Krisen, Zweifel oder Zusammenbrüche nicht. „Ich wollte dieser existenziellen Suche nachgehen, diesem Rätsel, wie man dazu kommt, sein ganzes Sein in eine Waagschale zu werfen“, sagt die Journalistin.

Das Buch liegt inzwischen in den Buchhandlungen, ein nächstes Projekt liegt bereits auf dem Schreibtisch. Die Bautzener Schwestern haben aber Elisabeth Pfister nicht wieder losgelassen. Deshalb kommt sie nun auch nochmals nach Bautzen, um bei einem Gespräch im Kloster mit Schwester Michaela, ihrer neuen Gefährtin, der Novizin Schwester Serafina und der Äbtissin des Klosters, Schwester Clara, über ihre „Berufung“ sprechen. Dabei werden sie auch von ihrer Vision erzählen, im Jenseits endlich Gott zu „schauen“, damit sich ihre Liebe für alle Ewigkeit erfüllen kann.

Der Ruf ins Kloster – Ein Gespräch mit Ordensfrauen am Freitag, dem 24. November, um 19 Uhr, im Kloster der Klarissen, Klosterstraße 9 in Bautzen. Der Eintritt ist frei.