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Der Reifen rollt

Die Reifenbranche erlebt keine negativen Auswirkungen durch den VW-Abgasskandal und macht gute Geschäfte.

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© dpa

Von Joachim Göres

Hannover. Reifenhersteller und ihre Zulieferer sind von der Konjunktur auf dem Automobilmarkt abhängig. Auf der internationalen Fachmesse Tire Technology Expo 2016, die in Hannover zu Ende ging, blickte die Reifenbranche trotz VW-Abgasskandal und hohem Preisdruck durch die Pkw-Hersteller zuversichtlich in die Zukunft. Auch Aussteller aus Sachsen sind mit der Resonanz zufrieden.

„Wenn es bei VW schlecht läuft, verkaufen andere Hersteller mehr, das spielt für uns keine Rolle. Die Stimmung auf der Messe ist gut“, sagt Guido Robbe, Verkaufsleiter bei der Schill+Seilacher GmbH. Unter der Marke Struktol stellt das Unternehmen Zusatzstoffe für die Kautschukverarbeitung her, die wiederum für die Fertigung von Reifen benötigt werden. Das Werk Pirna mit seinen rund 150 Beschäftigten ist auf die Herstellung von Silikonen spezialisiert, die nötig für die Produktion von Formteilen sind. „Ziel ist es, durch weniger Rollwiderstand die Pkw-Abgase zu reduzieren. Dazu kann der Einsatz von weniger Kautschuk und mehr Füllstoffen beim Reifen beitragen. Das ist ein schwieriger Prozess, der durch unsere Materialien möglich wird“, sagt Robbe, einer von insgesamt 700 Mitarbeitern.

Behörden sind vorsichtig geworden

Die Erhardt+Leimer GmbH fertigt unter anderem Inspektionssysteme zur Vermessung von Gummistücken in Reifen. Verkaufsleiter Hartmut Bößmann spricht von einer wachsenden Nachfrage und verweist auf hohe Investitionen von Reifenkonzernen. So investiert Continental mehr als eine Milliarde Euro in ein neues Werk in den USA. „Wir als Zulieferer müssen dort vor Ort unsere Serviceleistungen anbieten. Unsere Produktion findet weiter in Deutschland statt“, sagt Bößmann, der nach einem Jahresumsatz von zuletzt 160 Millionen Euro für 2016 mit rund 170 Millionen Euro rechnet. Im Werk St. Egidien bei Zwickau arbeiten rund 70 von insgesamt 1 500 Beschäftigten.

Der Tüv Süd bietet in Hannover seine Dienste als unabhängiges Testinstitut an. Dabei geht es um die Messung des Rollwiderstandes im Labor sowie um Lärmmessung und die Ergebnisse beim Nassbremsen auf der Straße. Diese Werte müssen Reifenhersteller nach einer EU-Verordnung seit 2012 angeben. Eine Bestätigung durch eine unabhängige Instanz ist nicht vorgeschrieben. „Seit dem VW-Abgasskandal sind die Behörden vorsichtiger geworden und beauftragen uns mit der Überprüfung der Herstellerangaben“, sagt Bereichsleiter Michael Staude, der zu den Ergebnissen dieser Überprüfungen keine Angaben machen will. Zu den in die Kritik geratenen Pkw-Tests, in denen günstigere Werte als in der Realität erzielt werden, meint er: „Wir halten uns an die gesetzlichen Vorgaben und führen unsere Tests weiter wie gehabt durch. Ein Test ist immer ein Kompromiss zwischen künstlichen Bedingungen und der Realität.“

Weltweit größter Reifenhersteller ist Bridgestone, gefolgt von Michelin, Goodyear und Continental. Deutsche Reifenproduzenten erzielten 2014 einen Umsatz von 5,1 Milliarden Euro, ein Minus von 3,3 Prozent gegenüber dem Vorjahr. In der deutschen Kautschukindustrie wurden 2014 rund 650 000 Tonnen Kautschuk und 300 000 Tonnen Füllstoffe wie Ruß und Silica für die Reifenproduktion verarbeitet. Dort sind 76 000 Menschen beschäftigt.