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Der Neue im Wald

Maik Schumann ist nun Leiter des Forstreviers Naundorf. Um dort seine Ziele umzusetzen, ist Geduld gefragt.

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© Karl-Ludwig Oberthür

Von Stephan Klingbeil

Naundorf. Sie ist nur wenige Zentimeter hoch. Nahezu unscheinbar reckt sich die kleine Weißtanne aus dem Waldboden der Sonne entgegen. Es wird noch viele Jahre dauern, bis man das Pflänzchen als stolzen Baum wahrnehmen kann. Der Schmiedeberger Maik Schumann will dafür sorgen, dass es langfristig mehr Weißtannen und andere Baumarten im Tharandter Wald gibt, die in den vergangenen Jahrhunderten vor allem von der Fichte stetig verdrängt wurden.

Der Waldumbau ist ein wichtiges Ziel für den studierten Forstwissenschaftler. Doch Maik Schumann hat in den nächsten Jahren noch mehr vor mit dem rund 1 700 Hektar großen Waldgebiet zwischen Grillenburg, Naundorf, Niederschöna und Klingenberg, das er seit Anfang August betreut.

Der aus Grimma stammende 26-Jährige ist der neue Leiter des Forstreviers Naundorf. Das ist fast so groß wie 2 400 Fußballfelder und gehört neben drei anderen Forstrevieren im Tharandter Wald, den Revieren Hetzdorf, Tharandt und Grillenburg, zum Forstbezirk Bärenfels. Schumann folgte auf den nach Krankheit verstorbenen Gernot Schüller, der das Revier Naundorf fast drei Jahrzehnte geleitet hat.

Schumann arbeitet schon seit zwei Jahren in dem Forstbezirk, der sich von Freital bis zur tschechischen Grenze erstreckt. Er war dort als Revierassistent tätig. Nach seinem abgeschlossenen Studium an der Außenstelle der TU Dresden in Tharandt und mehreren Forst-Praktika hatte sich der leidenschaftliche Tischtennisspieler für den Dienst im Wald beworben.

Mit Erfolg, nun ist er Revierförster – für ihn der Traumberuf. „Ich wollte das eigentlich schon immer machen, mein Onkel aus Parchim in Mecklenburg war Förster, da habe ich bereits einiges mitbekommen“, erinnert sich der neue Mann im Forstrevier Naundorf. Lange sei es schwierig gewesen, in dem Beruf Fuß zu fassen, weil kaum Stellen zu besetzen waren. In den vergangenen Jahren habe sich das aber etwas geändert.

In seinem Revier, dem südwestlichen Teil des Tharandter Waldes, ist Schumann nun seit ein paar Wochen unterwegs. Er prüft den Baumbestand, achtet darauf, dass weiterhin nur noch kleinflächig abgeholzt wird. Für den Verkauf kommen rund 12 000 Kubikmeter im Jahr zusammen.

Stets an seiner Seite ist Ajax, ein drei Jahre alter Deutsch-Langhaar. Der Rüde ist verspielt. Hat der Hund jedoch Witterung aufgenommen, ist er hoch konzentriert. Er spürt verletztes Wild auf. Und auch bei der Jagd kann sich Schumann auf seinen treuen Begleiter verlassen. „Ich hatte drei junge Hunde zur Auswahl, Ajax hat damals eigentlich mich ausgesucht.“ Zusammen mit dem Rüden will der Revierförster nun aus Schmiedeberg fortziehen, um näher dran zu sein an seinem Revier. „Das ist keine Arbeit, bei der nach acht Stunden Feierabend ist. Wenn etwas anfällt, muss man schnell vor Ort sein“, sagt er.

Außerdem geht es mehrmals im Jahr zur Jagd – in der Dämmerung. Zusammen mit 20 Jägern, darunter auch Studenten der Forstakademie. Sie sorgen unter anderem dafür, dass bestimmte Wildbestände nicht überhandnehmen, wenn diese zu viele junge Pflanzen anknabbern und verputzen.

Folgenschwere Sturmschäden

Sonst solle möglichst wenig in den Lauf der Dinge eingegriffen werden. Einzäunen wollen auch der neue Revierförster und seine emsigen wie erfahrenen Waldarbeiter etwa nur im Ausnahmefall – oder wenn junge Stiel- und Traubeneichen gedeihen sollen. „Die sind einfach zu attraktiv für Wild, die Eichen müssen wir einzäunen“, sagt Schumann. Er steckt viel Herzblut in seinen Beruf. „Klar, man identifiziert sich mit dem, was man macht“, sagt der Forstwissenschaftler. „Es tut schon in der Seele weh, wenn man viel Aufwand betrieben hat, um zu pflanzen und zu pflegen – und dann wird die Arbeit zunichte gemacht.“

Zum Problem werden können vor allem Stürme. Fegen sie durch die Schneisen, knicken nicht nur junge Bäume. „Wenn diese Bäume dann geschwächt sind, werden sie zur leichten Beute für Borkenkäfer.“ Die Insekten sind neben Mäusen und Rüsselkäfern die nervigsten Schädlinge – auch im Revier Naundorf, wo sich, direkt am plätschernden Colmnitzbach, der geografische Mittelpunkt Sachsens befindet.

Viele Wanderer kommen hierher, überhaupt zieht der Wald jeden Tag Pilzsammler, Mountainbike-Fahrer und Nordic-Walking-Fans an. „Man ist nie allein, aber es gibt auch Gebiete, wo man nie jemanden sieht“, erklärt er. „Es ist gut so, dass der Wald als Erholungsgebiet genutzt wird.“

Erholen sollen sich in seinem Revier aber ebenso Fauna und Flora. Neben Naturschutz steht der Waldumbau ganz oben auf der Agenda des Revierförsters. Die Fichten sollen schrittweise ersetzt werden als dominierendes Gehölz. Sie machen noch fast zwei Drittel des Waldbestands aus. Die rasch wachsenden Fichten wurden einst benötigt für den Siedlungs- und Bergbau.

Bald sollen vor allem Buchen und Tannen sie ablösen – die seien stabiler, wenn es stürmt. Schon jetzt werden kahle Flächen aufgeforstet. Das betrifft zum Beispiel solche Bereiche, die von Schäden infolge des europaweit wütenden Orkans Kyrill im Januar 2007 betroffen waren. „Wichtig ist, dass wir Bäume mit mehreren Höhen haben und mehr verschiedene Arten anpflanzen“, betont Schumann. „Das ist aber eine generationsübergreifende Aufgabe“.