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Der neue Chef ist eine Frau

Lara Knuth führt jetzt die Geschäfte des Dohnaer Familienunternehmens Schiekel. Als Erstes macht sie ein Praktikum.

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© Norbert Millauer

Von Heike Sabel

Dohna. Das nennt man schnell: Ende Dezember hatten sie sich beim Schnitzel in Berlin das erste Mal gesprochen, zum 1. Februar wurde sie eingestellt. Die Berlinerin Lara Knuth ist jetzt die Nummer Eins bei SPS Schiekel Präzisionssysteme. Im 25. Jahr des Familienunternehmens gibt Firmengründer Peter Schiekel schrittweise die Verantwortung ab.

„Wir passen zusammen“, sagen die beiden und brauchten dafür gar nicht lange. Für Peter Schiekel war sie schnell diejenige welche. Kommunikationselektronikerin, Verwaltungswirtin, Abschluss in europäischem Verwaltungs-Management, Erfahrungen bei Siemens und Toyota, in der Metall-, Luftfahrt- und Raumfahrtindustrie und in der Medizintechnik – das ist geballtes Wissen und Können. Und trotzdem macht die 47-Jährige jetzt erst einmal ein Praktikum. Sie zieht sich Jeans und Arbeitsschutzschuhe an und geht an die Maschinen, in die Anlieferung und die Verpackung, in alle Abteilungen. Das kommt an. Bei den Mitarbeitern und Schiekel. „Ich hatte es mir schwieriger vorgestellt, es wird mir leicht gemacht“, sagt Lara Knuth.

Peter Schiekel hatte schon vor einiger Zeit angekündigt, auf die Suche nach einem Nachfolger zu gehen. Der plötzliche Tod seines Bruders im vorigen Jahr beschleunigte die Entscheidung. Die Familie beriet sich – es bleibt beim Familienunternehmen und man stellt einen Geschäftsführer ein. Und das ist nun eine Frau. Eine von zweien, die sich bewarben und von rund 200 Interessenten insgesamt.

Eine Frau in Kleid, mit langen Haaren und lackierten Fingernägeln in der Männerdomäne Metallindustrie – „Wenn ich Mode machen würde, würde keiner danach fragen“, pariert Lara Knuth. Doch es ist das Stichwort. Sie will den Frauenanteil im Unternehmen, insbesondere in der Produktion, erhöhen. Sie setzt auf die Mitarbeiter insgesamt. „Maschinen kann man kaufen, die Menschen und ihre unterschiedlichen Sichtweisen sind unbezahlbar“, sagt sie. Gemischte Teams seien das Beste. Frauen und Männer, Junge und Alte. Nicht nur Lara Knuth wurde eingestellt, sondern auch ein Senior-Lehrausbilder.

Durchhaltevermögen vom Triathlon

Und die Neue steht dafür, dass Frauen in Chefetagen sich nicht männlich geben müssen, um sich durchzusetzen. Lara Kurth will das lieber mit Zuhören schaffen, und indem sie mehr in der Produktion sei als im Büro, auch wenn das schön sei. Auch deshalb ihr Praktikum. Das ist eine einmalige Chance, sich Respekt zu verschaffen und Informationen direkt von den Leuten zu erhalten. Sie ist jetzt gerade mal drei Wochen da, scheint aber schon angekommen zu sein, auch wenn sie Dohna vorher nicht kannte. Im Gegensatz zu Dresden und Pirna, auch in Leipzig hatte sie gearbeitet. Bei ihrer Suche nach einer neuen Herausforderung kamen nur Berlin, Sachsen und Bayern infrage. Wegen der Menschen, dem Lebensgefühl, der Landschaft.

Inzwischen wohnt sie in einer möblierten Wohnung und sucht etwas Eigenes. Ihre Zwillinge, ein knapp dreijähriges Geschwisterpaar, soll bald nachkommen. Bis dahin pendelt sie an den Wochenenden zwischen Berlin und Dohna. In der Woche sucht sie hier nach der Arbeit nach Strecken zum Joggen. Außerdem macht sie Kampfsport. Früher auch Langstrecken-Triathlon. „Ich habe Durchhaltevermögen“, sagt sie. Peter Schiekel sitzt neben ihr, hört zu und wirkt total entspannt.

Die vier Männer, die gerade ihre Mittagspause machen, finden ihre neue Chefin in Ordnung. Sie war zwar noch nicht in ihrer Abteilung, aber dass sie das mit dem Praktikum macht, finden sie gut. „Unten gucken, oben entscheiden“, sagt einer.