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Der Nächste, bitte

In Alexander Hübners Kanzlei herrschte am Donnerstag der Ausnahmezustand. Er war Verteidiger des mutmaßlichen Selbstmordattentäters al-Bakr.

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© dpa

Von Alexander Schneider

RTL war schon da, gerade dreht ein Team vom MDR im Besprechungsraum ein Interview mit dem Dresdner Rechtsanwalt Alexander Hübner. Die Leute von N24 warten, später kommen weitere Reporter von Associated Press (AP), Reuters und andere mehr. Der 51-jährige Anwalt ist am Donnerstag der wohl gefragteste Strafverteidiger im Land. Journalisten, etwa von der BBC aus England, der New York Times und der Washington Post aus den Vereinigten Staaten melden sich am Telefon. Der Suizid von Dschaber al-Bakr, dessen Pflichtverteidiger Alexander Hübner war, ist aufgrund der besonderen Umstände weltweit ein Thema.

Hübner beantwortet ruhig und ohne Eifer die Fragen der Journalisten. Schon am späten Mittwochabend, nur Stunden nach dem Tod des 22-Jährigen, hatte der Anwalt Interviews gegeben. Als sich der N24-Reporter jetzt für das Kurz-Interview bedankt und sagt, er brauche noch ein paar Schnittbilder für die Aufsager, entgegnet Hübner: „Ich habe von ihren Kollegen von RTL vorhin gelernt, dass ich nicht in einem Buch blättern soll. Bei Büchern schalten die Zuschauer um. Das ist bei N24 aber nicht so, oder?“ Der Reporter entgegnet, er drehe auch für Sat1 und Pro7 – der Anwalt möge sich daher besser vor sein Regal stellen und eine Akte in die Hand nehmen. Gesagt, geschehen, der Nächste, bitte.

Hübners Kanzlei-Kollege Ulf Israel hat seinen Tag auch umgeplant. Er schafft Getränke für die wartende Pressemeute herbei und ärgert sich, dass „ausgerechnet heute“ vor dem Gebäude der Kanzlei in der Leipziger Vorstadt Sperrmüll gesammelt werde. Hübner und Israel sind bekannte Strafverteidiger. Sie verteidigen etwa einen bekannten Manager im „Infinus-Prozess“, dem derzeit größten Wirtschaftsstrafverfahren am Landgericht Dresden. Hübner hatte sich auf al-Bakrs Fall gefreut. Es wäre eine interessante Aufgabe gewesen. Nun ist er fassungslos, dass es nicht gelungen ist, den Suizid seines Mandanten zu verhindern. Der Vorwurf Selbstmordattentat impliziere doch, dass man davon ausgehen müsse, al-Bakr hat mit seinem Leben abgeschlossen. Zurzeit ist Hübner auch Verteidiger in einem Terroristen-Prozess gegen Mitglieder einer Gruppe namens „Old School Society“ (OSS) am Oberlandesgericht München. Sie soll Anschläge auf Asylunterkünfte in Sachsen geplant haben.