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Der Marmor aus dem Tharandter Wald

In Dorfhain soll ein geologisches Besucherzentrum entstehen. Die ersten Brocken liegen schon bereit.

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© Karl-Ludwig Oberthür

Von Franz Werfel

Dorfhain. Auf dem Firmengelände der Baufirma Jähnig in Dorfhain stapeln sich die Gesteinsbrocken. Marmor, Sandstein, Granit. Und der Gneis, das Gestein des Jahres 2015. Aus dem bunt zusammengewürfelten Steinfeld soll bald eine Ausstellung werden. „Damit wollen wir symbolisch den Grundstein für unser Besucherzentrum Geopark legen“, sagt Mareike Eberlein. Die Geografin ist die Projektleiterin für das Projekt Geopark Tharandter Wald.

Ihre Mission: die Besonderheit der Geologie im Tharandter Wald für jedermann verständlich machen. Mareike Eberlein und ihre Mitstreiterin, die Geologin Annett Geppert, kommen ins Schwärmen, wenn sie von ihrem Vorhaben erzählen. Sie glauben fest daran, dass sie mit ihrer Begeisterung für die Geschichte der Steine auch andere anstecken können.

Denn der Tharandter Wald ist nicht nur der nordöstlichste Ausläufer des Erzgebirges. Die hiesigen Sandsteinschichten würden ganz klar belegen, dass er auch ein Ausläufer des heutigen Elbsandsteingebirges ist. „Die komplette Geologie des Osterzgebirges findet sich im Tharandter Wald“, sagt Eberlein. Das sind 560 Millionen Jahre Zeitgeschichte. Zum Vergleich: Der Mensch existiert erst etwa fünf Millionen Jahre. „Wir wollen auch veranschaulichen, dass sich die Erdoberfläche ständig verändert“, sagt Mareike Eberlein.

Jeder Mensch könne davon nur einen ganz engen Ausschnitt mitbekommen. „Wer kann sich zum Beispiel heute noch vorstellen, dass vor 560 Millionen Jahren die Ursprünge des heutigen Erzgebirges auf dem Meeresgrund am Äquator lagen?“

Steine als Touristenmagnet?

Diese Veränderungen wollen die beiden Frauen zeigen. Hochwasser und Erdbeben resultierten auch daraus, dass sich Gesteinsformationen verändern. „Hier setzt die Geotechnik an, denn sie muss die Frage beantworten, wie man den Menschen vor solchen Veränderungen schützen kann“, sagt Annett Geppert. Wind, Wetter und Flüsse haben das Erzgebirge einst abgetragen. Das könne man immer noch sehen. Und man könne zeigen, wie sich der Mensch die Gesteine zunutze gemacht hat. Der Grillenburger Sandstein etwa wurde beispielsweise in der Goldenen Pforte des Freiberger Doms verbaut. „Geschichten wie diese wollen wir unseren Besuchern erzählen“, so Annett Geppert.

Im Tharandter Wald gibt es bereits viele geologische Projekte, wie etwa die geologischen Lehrpfade oder das geologische Freilichtmuseum. Mit ihrem Projekt Geopark wollen Eberlein und Geppert diese Projekte bündeln und die hiesige Geologie ins Bewusstsein der Einheimischen und ihrer Gäste holen. Im vergangenen Jahr haben sie deshalb den Verein Geopark Erlebnis Tharandter Wald gegründet. Über eine Spendenaktion im Internet haben sie für ein erstes Vorhaben 5 800 Euro eingesammelt. Mit dem Geld wollen sie bis Mitte dieses Jahres die Gesteinsausstellung auf dem Firmengelände fertig haben. Der Titel steht schon fest; „Steine und Wälder – Bewahren von Leben und Wissen“. Die Ausstellung soll alle bisherigen zehn Gesteine des Jahres zeigen. Dieses Prädikat vergibt die Deutsche Gesellschaft für Geowissenschaften seit dem Jahr 2007.

Ab Sommer soll auch das Geopark-Projekt weiter Fahrt aufnehmen. Ein erster Angestellter soll Mitglieder werben, Spenden sammeln und Gäste anlocken. In Dorfhain könnte schon bald das Besucherzentrum auf dem Gelände des ehemaligen VEB Elektronische Bauelemente Dorfhain entstehen. „In den einzelnen Gemeinden wie Höckendorf oder Tharandt könnten dann weitere Geo-Informationszentren entstehen“, so Geppert. Ihr Geopark-Verein will dann Impulse geben für das weitere Engagement der anderen Gemeinden.

Aber es gibt auch noch ein weiteres, großes Ziel: das Geopark-Zertifikat in einem oder zwei Jahren. „Das Zertifikat wäre die Krönung für unser Projekt“, so Geppert. 15 Geoparks gibt es schon in Deutschland. Mit dem Zertifikat ist kein naturschutzrechtlicher Status verbunden. Dennoch bietet das Zertifikat große Chancen, etwa bei der Vermarktung des Tharandter Waldes. „Wir wollen rund um den Wald eine Marke kreieren und diese mit Inhalt füllen“, so Geppert. Im April waren Mitglieder der Kommission vor Ort, die das Geopark-Zertifikat vergibt. „Die waren positiv überrascht von der geologischen Vielfalt, die wir hier bieten können“, so Eberlein. Diese könne ein Alleinstellungsmerkmal unter den deutschen Geoparks sein.