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Der Mann mit der goldenen Flöte

Der Freitaler Sören Glaser ist Soloflötist der Mittelsächsischen Philharmonie in Freiberg. Manchmal singt er auch.

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© Egbert Kamprath

Von Thomas Morgenroth

Freital. Wie sie funkelt und glänzt! Die goldene Yamaha von Sören Glaser ist ein Schmuckstück. Ein Motorrad ist es freilich nicht, was der Freitaler Musiker in seiner Hand hält, auch wenn es der Name vermuten lässt – es ist seine Querflöte. Im Preis allerdings gibt es zwischen den zweirädrigen Fahrzeugen aus Japan und dem Instrument aus massiven Gold und Silber kaum einen Unterschied. Wobei natürlich die Töne, die Sören Glaser seiner Yamaha entlocken kann, ungleich feiner und lieblicher sind als das Gedöns aus einem Auspuff.

Der 43-jährige Hainsberger lacht bei dem Vergleich, nein, das sind tatsächlich sehr verschiedene Welten. Seine Welt ist die der Musik. Sören Glaser ist seit 2001 Mitglied der Mittelsächsischen Philharmonie in Freiberg und dort der Soloflötist. Das 45-köpfige Orchester begleitet die meisten Aufführungen des Musiktheaters in den Theatern Freiberg und Döbeln oder bei Gastspielen. Aktuell sind das zum Beispiel die Opern „La Bohème“ von Puccini, „Così fan tutte“ von Mozart und „Arabella“ von Richard Strauss sowie das Kindermusical „Der Lebkuchenmann“ von David Wood.

Zum Programm der Philharmonie gehören auch Sinfonie- und Kammerkonzerte. Dann macht sich Sören Glaser schick. Wenn er selbst auf der Bühne sitzt und nicht im Orchestergraben für das Publikum unsichtbar bleibt, besteht seine Arbeitskleidung aus einem schwarzen Anzug mit Frack, einer weißen Fliege auf weißem Hemd und schwarzen Lackschuhen. Hält er so geschniegelt seine Goldflöte in der Hand, wirkt diese wie ein Zauberstab, und er ist der Magier. Mit Hokuspokus allerdings hat das Flötespielen nichts zu tun. „Ein bisschen talentiert muss man zwar sein“, sagt Glaser, „ansonsten aber macht tatsächlich nur Übung den Meister.“

Das weiß er aus eigener und mitunter leidvoller Erfahrung. Sören Glaser, der aus Buchholz stammt, dem kleineren Stadtteil von Annaberg-Buchholz, hat im Alter von vier Jahren angefangen, Blockflöte zu spielen. Darauf hatte ihn die Kantorin seiner Kirchgemeinde gebracht: „In meiner Familie gab es keine Musiker, ich bin der erste.“ Mit zehn wechselte er zur Querflöte: „Weil es besser aussah.“ Er blieb damit trotzdem bei den Holzblasinstrumenten, denn zu denen gehört die Querflöte wegen der Art der Tonerzeugung und ihrer Geschichte.

„Ich war nicht sonderlich ehrgeizig“, erinnert er sich. „Meine Oma hielt mich immer zum Üben an.“ Ab der achten Klasse lernte er an der Spezialschule für Musik in Dresden und ging schließlich an die Hochschule für Musik, mit dem Ziel, Orchestermusiker zu werden und kein Musiklehrer. „Als ich mich entscheiden musste, gab es die DDR noch“, erzählt Glaser. „Da hatte ich im Hinterkopf, dass ein renommiertes Orchester auch im Westen Gastspiele gibt, da wäre ich mal rausgekommen. Als Lehrer wäre das ja nicht gegangen.“

Sören Glaser studierte fünf Jahre Flöte und Klavier als Zweitfach – und die Pädagogik nebenher. Sein wichtigster Lehrer war Johannes Walter, damals Soloflötist bei der Staatskapelle Dresden, bei dem Glaser noch ein zweijähriges Aufbaustudium absolvierte. Unvergesslich bleibt ihm sein Diplomkonzert: „Das fand in der Semperoper auf der großen Bühne statt.“ Sören Glaser spielte das Flötenkonzert von Jacques Ibert, eines seiner liebsten Stücke bis heute.

Der Liebe wegen ist er dann Freitaler geworden. Seine Frau Constanze, die Klavier studierte, lernte er an der Musikhochschule kennen. Ihre beiden Kinder, Nele und Noah, neun und 14 Jahre alt, vereinen nun die Talente ihrer Eltern, wobei es die Tochter mehr zum Tanz zieht. „Noah spielt Geige und ist viel begabter als ich“, sagt Sören Glaser. Berufsmusiker wie sein Vater will er trotzdem nicht werden. Vielleicht, weil er erlebt hat, wie schwierig das mit einem normalen Familienleben zu vereinbaren ist. „Ich arbeite ja vorwiegend abends und an den Wochenenden“, sagt Glaser. Seine Frau hingegen tagsüber, als Musiklehrerin unter anderem an der Musik-, Kunst- und Tanzschule Bannewitz.

Auch Sören Glaser unterrichtet hin und wieder. „Aber das liegt mir nicht“, räumt er ein. Lieber beschreitet er neue musikalische Pfade, zum Beispiel mit der Harfenistin Kerstin Georgi, einer Kollegin von der Mittelsächsischen Philharmonie. „Sphärenklänge“ heißt das Projekt, mit dem die beiden Profis ihr Publikum begeistern. Sören Glaser tritt zudem mit der Sopranistin Jana Büchner auf, gern auch als Trio mit dem Organisten Siegfried Petri. Für 2019 plant Glaser eine Premiere: ein Neujahrskonzert mit Flöte, Harfe und Sopran.

Und wenn sich der viel beschäftigte Flötist entspannen will, setzt er sich nicht aufs Sofa und guckt Fernsehen – sondern geht auf die Bühne und singt Lieder von Reinhard Mey und Bodo Wartke. „Das ist mein Hobby“, sagt Sören Glaser. Dann hat die Goldflöte Pause, aber nur für kurze Zeit.

www.mittelsaechsisches-theater.de