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Der Mann im Baum

Der Elstraer Feuerwehrchef André Tharang pflegt im Nebenjob Gehölze.

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© privat

Von Manuela Reuß

Elstra. André Tharang hängt in den Seilen. Doch das ist kein Problem für den 38-Jährigen. Im Gegenteil. Der Baumkletterer, der übrigens auch Gemeindewehrleiter von Elstra ist, arbeitet gern hoch droben, im Geäst. Mitunter hat er dabei einen herrlichen Rundum-Blick. Als der Rehnsdorfer vor wenigen Tagen am Dresdner Elbhang einen mächtigen Baumriesen vom Totholz befreite, konnte er bis zur Waldschlösschenbrücke schauen.

Seit fast zehn Jahren klettert der Feuerwehrmann aus beruflichen Gründen auf Bäume. Begonnen hatte alles mit einer verrückten Idee. „Ein Freund aus Königsbrück und ich wollten uns sportlich betätigen. Irgendwie kamen wir aufs Klettern“, erinnert sich André Tharang. Doch mit Felsen hat der Rehnsdorfer nichts am Hut. Er wollte lieber Wipfel stürmen. Also begannen die beiden jungen Männer eine Ausbildung in Seilklettertechnik. Schließlich gründete der damals 29-Jährige Berufsfeuerwehrmann eine Firma, wo er im Nebenerwerb Service rund um Baum und Haus anbietet. Seitdem hangelt er sich regelmäßig mit Gurt, Seil und Helm durchs Geäst. Sein Königsbrücker Freund ist immer als zweiter Mann mit vor Ort. „Man muss aber nicht nur klettern können, sondern auch Verständnis für den Baum haben.“

Sicherheit für Menschen drunter

Meist sind es Pflegearbeiten, wegen denen der 38-Jährige luftige Höhen erklimmt. Mit einer Säge schneidet er beispielsweise totes Holz aus. Das muss weg, damit Anwohner, Fußgänger, Rad- oder Autofahrer nicht von herabstürzenden Ästen getroffen werden. Denn viele Bäume – vor allem im Straßenbereich – unterliegen der sogenannten Verkehrssicherungspflicht.

Nicht nur in Elstra erklimmt André Tharan Wipfel. Auch in Dresden, Kamenz, Pulsnitz oder Burkau war er schon im Einsatz. Selbst die mächtige Uralt-Linde auf dem Elstraer Markt hatte der schlaksige Fast-zwei-Meter-Mann mit dem jungenhaften Gesicht schon unter seinem Sägeblatt. Allerdings stutzte er den Baum von einer Arbeitsbühne aus. So verlangt es die Berufsgenossenschaft. Nur dort, wo man mit erforderlicher Technik nicht rankommt, heißt es Gurt umschnallen und klettern. Aus jahrelanger Erfahrung kann der 38-Jährige genau abschätzen, welche Äste stark genug sind, sein Gewicht zu halten. „Man kann ja nicht wie am Felsen Haken in den Baum schrauben.“ Doch Pflege ist nicht alles. Mitunter muss ein Baum gefällt werden. Zum Beispiel, wenn er nach einem Sturm schief steht und umzufallen droht. Den Fall hatte der Baumkletterer mal in Elstra. Da krabbelte er mit der Säge von unten nach oben, um Äste abzuschneiden. Danach kam der Stamm dran, den er von oben nach unten Meter um Meter kürzte. Weil die Gegend dicht bebaut war und sich zudem Stromleitungen in der Nähe befanden, trug er den Baum so aufwendig ab.

Winter ist Säge-Hochzeit

Im Winter ist André Tharang besonders oft im Gehölz-Einsatz. Denn das Naturschutzgesetz schreibt vor, dass Bäume nur vom 1. Oktober bis 28. Februar beschnitten und gefällt werden dürfen. Es sei denn, von ihnen geht Gefahr aus. Trotzdem hat der Rehnsdorfer auch in den restlichen Monaten gut zu tun. In seiner dienstfreien Zeit mäht er zunehmend Rasen, schneidet Hecken oder hilft beim Renovieren. Das habe sich im Laufe der Zeit so ergeben. Immer öfter sei er angesprochen worden. „Die Leute fragen, kannst du bei mir nicht mal dieses oder jenes machen“ André Tharang kann vieles. „Es macht mir Spaß.“ Zurzeit baut der gelernte Fliesenleger in Möhrsdorf eine Terrasse. Künftig will er seine Dienste noch erweitern – speziell für Ältere. Denn der Bedarf steige. Schon jetzt kooperiert er deshalb mit einem selbstständigen zertifizierten Seniorenbegleiter.

Die Wochenenden hält sich der Enddreißiger für die Familie frei – falls er nicht in der Feuerwache Dienst schiebt. Schließlich will er auch mal etwas mit seiner Frau und den Kindern unternehmen. Und nicht zuletzt stapelt sich im eigenen Grundstück die Arbeit. So müsste unter anderem der kleine Teich hinterm Haus erneuert werden. „Aber ich komm’ einfach nicht dazu.“