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Der Mann fürs Brenzlige

Feuerwehrmann Daniel Kleinert ist bei jeder großen Katastrophe im Kreis im Einsatz. Dafür wurde er jetzt ausgezeichnet.

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© Dirk Zschiedrich

Von Katarina Gust

Neustadt. Wenn Daniel Kleinert ausrücken muss, dann nicht, weil bei einer Seniorin das Mittagessen auf dem Herd angebrannt ist oder eine Katze vom Baum gerettet werden muss. Der Feuerwehrmann muss immer dann ran, wenn es um mehr geht – um echte Katastrophen. Der 34-Jährige gehört zur sogenannten Führungsgruppe des Landkreises Sächsische Schweiz-Osterzgebirge. Ein Team, das die technische Einsatzleitung übernimmt und koordiniert, mit Technischem Hilfswerk, dem Rettungsdienst oder sogar der Bundeswehr vernetzt ist. Kurz gesagt dann, wenn es richtig hart auf hart kommt.

Gerölllawine stoppt Zug in Schöna: Ende Mai löste sich eine Schlammlawine in Schmilka-Hirschmühle. Die Bahnstrecke Dresden–Prag war deshalb dicht.
Gerölllawine stoppt Zug in Schöna: Ende Mai löste sich eine Schlammlawine in Schmilka-Hirschmühle. Die Bahnstrecke Dresden–Prag war deshalb dicht. © Archivbild: Marko Förster
Tornado verwüstet Großenhain: Ein Luftbild offenbart die enormen Schäden, die ein Tornado im Mai 2010 in Großenhain und dem Umland hinterließ.
Tornado verwüstet Großenhain: Ein Luftbild offenbart die enormen Schäden, die ein Tornado im Mai 2010 in Großenhain und dem Umland hinterließ. © Archivbild: Wolfgang Wittchen
Alles schwimmt bei der Elbeflut 2013: Auf über zehn Meter stieg die Elbe im Sommer vor drei Jahren. Das Luftbild zeigt den linkselbischen Teil von Rathen.
Alles schwimmt bei der Elbeflut 2013: Auf über zehn Meter stieg die Elbe im Sommer vor drei Jahren. Das Luftbild zeigt den linkselbischen Teil von Rathen. © Archivbild: Daniel Förster

Bei den Elbefluten zum Beispiel, dem Tornado 2010 in Großenhain oder der Schlamm- und Gerölllawine in Schöna, die Ende Mai die Bahnstrecke Dresden–Prag unter sich begrub. „Zwei Wochen vorher hatten wir zusammen mit dem Technischen Hilfswerk genau so eine Szenerie an den Gleisen geübt“, sagt Daniel Kleinert. Dass der Ernstfall so kurz danach eintreten würde, ahnte da keiner. Schmilka, Großenhain und immer wieder die Elbe – es sind nur drei Beispiele für Katastrophen, bei denen Daniel Kleinert und sein Team versucht haben, zu helfen und zu retten.

Für seine Leistungen in der Entwicklung des Feuerwehrwesens ist der junge Mann, der in Krumhermsdorf bei Neustadt lebt, jetzt ausgezeichnet worden. Beim Treffen des Landesfeuerwehrverbandes in Meißen vor einer Woche wurde er mit der Ehrung überrascht. Daniel Kleinert ahnte nichts. „Ich wunderte mich nur, dass so viele ältere und hoch dekorierte Feuerwehrleute dort waren“, sagt er. Einige wurden auf die Bühne gebeten. Zum Beispiel, weil sie schon seit 50 Jahren als Kreisbrandmeister tätig sind. „Das sind Jubiläen, die etwas ganz Besonderes sind“, sagt Kleinert. Umso überraschter war er deshalb, als plötzlich sein Name aufgerufen wurde. Er musste auf die Bühne und bekam dort die Verdienstmedaille des Landesfeuerwehrverbandes überreicht.

Zwöf-Stunden-Schichten geschoben

Obwohl Daniel Kleinert einer der jüngsten Feuerwehrleute ist, die nach Meißen geladen wurden, in Sachen Know-how macht ihm keiner so schnell etwas vor. Seit zehn Jahren gehört er zur Führungsgruppe des Landkreises. Vor drei Jahren übernahm er den Posten des stellvertretenden Leiters – neben Kreisbrandmeister Karsten Neumann. „Er war der Erste, der mir gratuliert hat“, erzählt Daniel Kleinert, der in Neumann auch den Tippgeber für die Auszeichnung vermutet.

Nicht nur wegen des Wechsels an die Führungsspitze war 2013 ein besonderes Jahr für dem Krumhermsdorfer. Im gleichen Jahr sorgte das Elbehochwasser für verheerende Zustände. Daniel Kleinert kann sich noch genau daran erinnern, wie sein Handy klingelte. Ein Sonntagabend im Juni war es, als der Landrat bei ihm anrief. Die Führungsgruppe sollte sich in Bad Schandau einfinden – und zwar schnell. Kurz zuvor wurde bekannt, dass die Elbe einen Pegel von neun Metern erreichen soll.

Dabei blieb es aber nicht. Am 6. Juni erreichte der Fluss in Schöna einen Scheitel von 10,65 Metern – 1,39 Meter unter der Rekordmarke vom August 2002. Kleinert und sein Team mussten deshalb raus aus Bad Schandau. Von Altendorf aus, hoch über dem Elbtal, koordinierten sie die Hilfseinsätze. „Anfangs ging es nur darum, die Leute zu evakuieren“, erinnert er sich. Viele Bewohner hätten ihre Häuser nicht verlassen wollen. Eine Reaktion, die der Feuerwehrmann verstehen kann. Als Retter kennt er jedoch auch die andere Seite.

Zwölf-Stunden-Schichten haben die Mitglieder der Führungsgruppe damals geschoben. Wie so viele andere Helfer waren sie tags und nachts auf den Beinen – bis zur Erschöpfung. Die Übergabe an den nächsten Kollegen hätte nicht selten eine Stunde gedauert, weil so viele Dinge in der Zwischenzeit passiert seien.

Mehrere Orden am Revers

Rückblickend sei der Einsatz 2013 extrem geordnet abgelaufen. „Reibungsloser als bei vorherigen Flutkatastrophen“, schätzt Kleinert ein. Die Schadensbilanz sei kleiner gewesen, die Einsatzkräfte erfahrener, die Betroffenen besser vorbereitet. Viele Privathaushalte hätten sich allein gekümmert. Zum Beispiel darum, dass der geflutete Keller wieder leer gepumpt wird. Denn das sei streng genommen nicht Aufgabe der Feuerwehr.

Kleinert lobt in diesem Zusammenhang auch die einzelnen Ortsfeuerwehren. Sie hätten sich weiterentwickelt. In den letzten zehn Jahren hätten sie mehr Aufgaben übernommen. Das zeigte sich zuletzt bei den Unwetterkapriolen in diesem Jahr. Früher wäre für diese Arbeit die Führungsgruppe gerufen worden. Mittlerweile könnten viele Kommunen die Einsätze alleine koordinieren. „Die kleineren Wehren federn viel ab, ohne dass es eine Katastrophe wird“, sagt Daniel Kleinert, der bei der Feuerwehr in Polenz aktiv ist.

Die wichtigste Stütze dabei werde jedoch oft vergessen. „Das sind unsere Familien“, sagt er im Namen vieler ehrenamtlicher Retter. Ohne sie könne mancher nicht ausrücken oder Gesehenes ordentlich verarbeiten.

Daniel Kleinert spricht mit seiner Frau regelmäßig über das, was er im Einsatz erlebt. „Das hilft am besten“, sagt der Vater zweier Kinder und steckt sich seinen Verdienstorden ans Revers. Die Medaille ist dort übrigens in guter Gesellschaft. Einen Fluthelferorden und Verdiensthelferorden nennt der 34-Jährige schon sein eigen. Platz für weitere hat seine Uniform noch.