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Der Maler und sein Haus

Holger Mende hat die Alte Post in Kreischa zu einem Wohn- und Kunsthaus umgebaut.

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© Karl-Ludwig Oberthür

Von Andrea Schawe

Kreischa. Sein Atelier ist gleichzeitig auch seine Galerie und sein Wohnsitz. Im Erdgeschoss der ehemaligen Alten Post in Kreischa hängen unzählige Bilder an den mit Deckenplatten tapezierten Wänden – Aquarelle, Acrylbilder. Tusche- und Federzeichnungen, Ansichten von Dresden und anderen Landschaften, Stillleben, Musiker in Kuba, Porträts von Clowns, Bilder von Affen und bunten Vögeln. „Das ist für meine Enkelin“, sagt Holger Mende. Eine persönliche Auftragsarbeit quasi. Im Gegensatz zu den Clowns, „die habe ich früher nie gemalt“. Allerdings seien die Bilder sehr beliebt in Kanzleien und Arztpraxen. „Die Leute sind so ängstlich, da lockert das auf.“

Seit 1970 wohnt der im erzgebirgischen Neuhausen geborene Künstler in Kreischa, in dem Haus von 1900 am Alten Gemeindeplatz. „Das Haus gehörte dem Großvater meiner Frau“, sagt Mende. „Er war damals Postinspektor. Und der Einzige, der vier Pferde besitzen durfte.“ Er habe das Haus auch extra ein paar Zentimeter höher bauen lassen als das benachbarte Gebäude. In dem habe sich am Anfang des 20. Jahrhunderts das Kreischaer Rathaus befunden. Als die Familie vor 45 Jahren einzog, hatten sie nur ein Zimmer. „15 Jahre hat der Ausbau gedauert“, erzählt Mende. Mittlerweile wohnt das Ehepaar, dass sich beim Camping an der Talsperre Malter kennengelernt hat, in acht Zimmern auf drei Etagen – mit Atelier im Dachgeschoss und Galerie. Die drei Söhne sind längst aus dem Haus.

„Obwohl es bei uns viel familiärer ist als in einer Galerie. Am Wochenende können Interessenten vorbeikommen.“ Seine Bilder hingen auch im Kunsthof Sobrigau und in Berlin, Hamburg und Österreich. Zurzeit stellt er noch in New York und Boston aus. 2012 nahm er als einer von 20 deutschen Künstlern an der Sammelausstellung „Künstler für die Dresdner Tafel“ im sächsischen Finanzministerium teil. Damals wurden die Bilder versteigert, um Geld für die Bedürftigen der Tafel zu sammeln.

Mende ist in Dresden kein Unbekannter. Der Diplomingenieur übernahm 1994 die künstlerische Bauleitung in der Landeshauptstadt, er war unter anderem für den Bau des Krankenhauses Friedrichstadt verantwortlich. Auch den Bau der Festungskirche unter der Brühlschen Terrasse leitete er. Noch heute hängen Zeichnungen der unterirdischen Kirche in seinem Arbeitszimmer, er nennt ihn liebevoll „meine Festungskirche“. „Meine Enkel sind zu Weihnachten immer ganz stolz und sagen: Das hat Opa gebaut“, erzählt der 65-Jährige. Ab und zu hält er dort Vorlesungen über die Geschichte der Hugenotten und der Festung.

Die Verknüpfung von Architektur und Kunst ist Mendes Berufung. Schon als Kind malte er. „Ich war übertalentiert“, sagt er. Zu Schulzeiten habe er nicht am Kunstunterricht teilnehmen müssen, stattdessen gab er Zeichenunterricht für Erwachsene. Auch jetzt unterrichtet er Studenten der Architektur und Baugeschichte. Mit ihnen sucht er Motive in Dresden. „Zehn Minuten dürfen sie gucken, danach müssen sie sich umdrehen und aus dem Kopf malen.“

Erst studierte Mende Bauingenieurwesen, danach Malerei. Noch heute entwirft Mende Kunst für historische Bauwerke, etwa Puttenfiguren für die Außenfassade eines Hauses in der Dresdner Friedrichstadt oder in Wien. Momentan arbeitet der Kreischaer an der Gestaltung einer Rokoko-Decke für einen Sakralbau in Linz. Skizzen mit verschiedenen Muschelmotiven hängen in seinem Arbeitszimmer. Dort malt Holger Mende auch, am liebsten mit der Feder. „Acrylmalerei ist anstrengend und eine Sauerei“, sagt er. Jede Farbe müsse einzeln gemischt werden, die Hände warm sein und der Raum eine bestimmte Temperatur haben. „Dafür gehe ich ins Atelier im Dach.“ In Kreischa hat Holger Mende seinen perfekten Wohn- und Arbeitsplatz gefunden. Er ist froh, dass er dank seiner Frau in Kreischa gelandet ist.