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Der Lugturm leuchtet

Nachbar Lutz Näke rettete die Buchstaben, die nun wieder hängen. Seit einem Jahr beleben die Genschmars das Areal.

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© Marko Förster

Von Heike Sabel

Heidenau. Andere haben ihren Garten, die Genschmars haben den Lugturm. Hier werkeln sie in jeder freien Minute und freuen sich über alles Neue. Wie Kleingärtner. Nur dass der Lugturm nicht klein ist und dass es ein bisschen mehr als Gärtnern ist. Vor einem Jahr hatten Genschmars mit Freunden und Helfern begonnen, das Areal begehbar zu machen. Immer wieder gibt es Feste und diverse Veranstaltungen. Das Interesse der Leute ist ungebrochen groß. Als Nächstes soll eine Ausschankhütte entstehen. Dazu gibt es jetzt Gespräche. Immerhin geht es um das Gelände eines Denkmals. Außerdem ist Genschmar mit der Stadt Heidenau und den Behörden im Kontakt zur Sanierung des Turmes. Gemeinsam mit dem Heimatverein Niedersedlitz, der ihn 1880 in nur neuneinhalb Wochen gebaut hat. So schnell wird es wohl heute nicht mehr gehen, aber der reichlich zwölf Meter hohe Turm soll wieder begehbar gemacht werden. 1 000 Euro Spenden von verschiedenen Aktionen und viele praktische Hilfsangebote sind der Grundstein, sagt Genschmar.

Jüngste Freude sind die erleuchteten Buchstaben. Es sind die alten, die wieder hergerichtet worden. Dass das gemacht werden konnte, ist Nachbar Lutz Näke zu verdanken. Der nämlich hat sie gerettet, als die Lugturm-Gaststätte zerfiel und 1995 schließlich abgerissen wurde. Zigmal hatte Näke die Buchstaben in den vergangenen 23 Jahren in der Hand. Zum Wegschmeißen zu schade, aber wozu aufheben? Jetzt weiß er, es hat sich gelohnt, wenn er rüberschaut, seine Runde dreht oder auf ein Bier oder einen Glühwein vorbeikommt.

In diesem Jahr werden Näke und alle anderen wieder etliche Gelegenheiten dazu haben, auf den Lugturm zu pilgern. Ostern wird am 1. und 2. April gefeiert, am Sonntag werden Osternester für die Kinder versteckt. Ende Mai ist es dann ein Jahr her, dass der Lugturm das erste Mal wieder einlud. Herrentag, Muttertag, Kindertag – Sommer, Herbst und Winter, das Bier und die Sonnenwende – alles wird gefeiert. Zum Stadtfest-Wochenende Ende Mai kann jedermann auch trödeln. Alle drei Tage oder nur einen, jeder wie er will.

Im Sommer soll es Lesungen geben. Ein Kandidat ist Senior-Bäckermeister Hans-Jürgen Matzker. Er hat seine Erinnerungen aufgeschrieben, und in denen spielt auch der Lugturm eine Rolle. Den kannte er schon als Dresdner Kind, lange bevor er nach Heidenau auf die Lugturmstraße zog. Der Turm, die Gaststätte, das Areal waren für Generationen Ausflugsziel, Feierstätte. Immer wieder kommen Leute zu Genschmar, erzählen ihm ihre Lugturm-Geschichte, bringen alte Fotos und Ansichtskarten mit. Der Lugturm lebt wieder auf und lebte all die Jahre in den Erinnerungen. Genschmar hatte zwar eine Ahnung, doch so richtig bewusst geworden ist es ihm erst im Laufe des Jahres.

Rechts vom Eingang auf dem Lugturm-Gelände steht ein großer Baum. An ihm werden immer wieder Fotos befestigt. Von Veranstaltungen, Bauabschnitten, Arbeitseinsätzen, den Abenden danach am Feuer. Die Genschmars müssen sich bald einen neuen Baum für die Fotos suchen. Der Lugturm ist eben doch ein bisschen größer und gefragter als ein Kleingarten.