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Der letzte Revolutionär

Kuba trauert um Fidel Castro. Er hat die Insel fast 60 Jahre lang geprägt. Seine sozialistische Vision wurde von der Realität überholt.

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Frank Grubitzsch

Er war ein politischer Überlebenskünstler. Angeblich gab es 638 Versuche, ihn zu ermorden: Mal waren es Scharfschützen, mal war es ein Sprengsatz in seinen Schuhen. Dann versuchten es Attentäter mit einer Bombe im Baseball oder mit Gift in seiner geliebten Cohiba-Zigarre. Mit dieser skurrilen Statistik verewigte sich Fidel Castro sogar im Guinnessbuch der Rekorde. Nicht nur Verschwörer aller Couleur scheiterten jämmerlich; politisch überlebte er immerhin elf US-Präsidenten, die ihn zähneknirschend ertragen mussten.

Juni 1980: Fidel Castro lädt Erich Honecker in Kuba zum Schiffsausflug ein.
Juni 1980: Fidel Castro lädt Erich Honecker in Kuba zum Schiffsausflug ein. © dpa
Januar 1959: Fidel Castro und seine Rebellen ziehen in Havanna ein.
Januar 1959: Fidel Castro und seine Rebellen ziehen in Havanna ein.

Fidel Castro in Bildern

1975:  Castro raucht eine Zigarre beim Besuch des U.S. Senators Charles McGovern.
1975: Castro raucht eine Zigarre beim Besuch des U.S. Senators Charles McGovern.
1998: Besuch von Papst Johannes Paul II.
1998: Besuch von Papst Johannes Paul II.
1957: Die Revolutionäre  Fidel Castro (l.) Ernesto "Che" Guevara (R) in den Wäldern der Sierra Maestra.
1957: Die Revolutionäre Fidel Castro (l.) Ernesto "Che" Guevara (R) in den Wäldern der Sierra Maestra.
2001: Zwei Freiheitskämpfer und spätere Präsidenten liegen sich in den Armen - Südafrikas Nelson Mandela umarmt seinen Gast
2001: Zwei Freiheitskämpfer und spätere Präsidenten liegen sich in den Armen - Südafrikas Nelson Mandela umarmt seinen Gast
1964: Premierminister Fidel Castro bewahrt auf Kuba mit dem Baseball zumindest sportlich ein kleines Erbe der USA.
1964: Premierminister Fidel Castro bewahrt auf Kuba mit dem Baseball zumindest sportlich ein kleines Erbe der USA.
2012: Papst Benedict XVI reicht seinem Gastgeber ein Geschenk.
2012: Papst Benedict XVI reicht seinem Gastgeber ein Geschenk.
1989: Die Genossen Mikhail Gorbatschow und Castro tauschen Dokumente.
1989: Die Genossen Mikhail Gorbatschow und Castro tauschen Dokumente.
2005: Argentiniens Fußballlegende Diego Maradona beim Ballspielen.
2005: Argentiniens Fußballlegende Diego Maradona beim Ballspielen.
undatiert:  Unter dem strengen Blick des bebrillten Miximo Lider versucht sich Ernesto "Che" Guevara im Putten auf dem Golfplatz.
undatiert: Unter dem strengen Blick des bebrillten Miximo Lider versucht sich Ernesto "Che" Guevara im Putten auf dem Golfplatz.
2002: Der frühere US-Präsident Jimmy zu Gast im Baseballstadion von Havanna.
2002: Der frühere US-Präsident Jimmy zu Gast im Baseballstadion von Havanna.
2011: Kubas amtierender Präsident Raul Castro und sein Bruder.
2011: Kubas amtierender Präsident Raul Castro und sein Bruder.
2002: Simbabwes Diktator Robert Mugabe beim kräftigen Händedruck.
2002: Simbabwes Diktator Robert Mugabe beim kräftigen Händedruck.
2012: Zur Präsentation seiner Memoiren spricht Castro in Trainingsjacke - letzte Hommage an eine langjährige Beziehung.
2012: Zur Präsentation seiner Memoiren spricht Castro in Trainingsjacke - letzte Hommage an eine langjährige Beziehung.
2004: Castro noch einmal in Uniform und rhetorisch in Bestform.
2004: Castro noch einmal in Uniform und rhetorisch in Bestform.
2005: der omnipräsente Präsident.
2005: der omnipräsente Präsident.
2004: große Geste im Fernsehen.
2004: große Geste im Fernsehen.
1963: Nach überstandener Kuba-Krise reiste der Maximo Lider zum sowjetischen Premier Nikita Chruschtschow nach  Moskau.
1963: Nach überstandener Kuba-Krise reiste der Maximo Lider zum sowjetischen Premier Nikita Chruschtschow nach Moskau.
2005: Boliviens Evo Morales zu Besuch beim großen Vorbild.
2005: Boliviens Evo Morales zu Besuch beim großen Vorbild.
2004: Die ganze Welt kam zu Besuch - Malaysias Premierminister Dato Seri Ahmad Badawi.
2004: Die ganze Welt kam zu Besuch - Malaysias Premierminister Dato Seri Ahmad Badawi.
2000: Castro zeigts wo es langgeht und Wladimir Putin hat seine Lektion gelernt.
2000: Castro zeigts wo es langgeht und Wladimir Putin hat seine Lektion gelernt.
1959: Wandel von siegreichen Guerillakämpfer zum Staatmann.
1959: Wandel von siegreichen Guerillakämpfer zum Staatmann.
1984: Der SPD-Vorsitzende Willy Brandt bei seiner Ankunft auf dem Jose Marti-Flughafen von Havanna,
1984: Der SPD-Vorsitzende Willy Brandt bei seiner Ankunft auf dem Jose Marti-Flughafen von Havanna,
1977:  Erich Honecker begrüßt Fidel Castro bei seiner Ankunft in Ost-Berlin.
1977: Erich Honecker begrüßt Fidel Castro bei seiner Ankunft in Ost-Berlin.
1972: Große Begrüßungs-Parade auf dem Flughafen Berlin Schönefeld.
1972: Große Begrüßungs-Parade auf dem Flughafen Berlin Schönefeld.
2006: Kubas markante Silhouette.
2006: Kubas markante Silhouette.
1999: Bundeskanzler Gerhard Schröder trifft Castro  in der brasilianischen Metropole Rio de Janeiro.
1999: Bundeskanzler Gerhard Schröder trifft Castro in der brasilianischen Metropole Rio de Janeiro.
1957: Von der Batista-Regierung für tot erklärt, zeigen sich Castro und seine Gefährten in der Sierra Maestra quicklebendig und siegesgewiss - 18 Monate später stürzt die "Bewegung 26. Juli" im Guerillakrieg das verhasste Regime.
1957: Von der Batista-Regierung für tot erklärt, zeigen sich Castro und seine Gefährten in der Sierra Maestra quicklebendig und siegesgewiss - 18 Monate später stürzt die "Bewegung 26. Juli" im Guerillakrieg das verhasste Regime.
1960: Ernest Hemingway (r) und der kubanische Staatschef Fidel Castro unterhalten sich im Jahr 1960 nach einem Wettfischen.
1960: Ernest Hemingway (r) und der kubanische Staatschef Fidel Castro unterhalten sich im Jahr 1960 nach einem Wettfischen.
1972: In Bugarien griff Castro auch zum Baskeltball, da sein geliebtes Baseball in dem sozialistischen Bruderland nicht auf der Agenda stand.
1972: In Bugarien griff Castro auch zum Baskeltball, da sein geliebtes Baseball in dem sozialistischen Bruderland nicht auf der Agenda stand.

Am Freitagabend ist Castro im Alter von 90 Jahren gestorben. Gerüchte über seinen Tod hatte es immer wieder gegeben. Doch jedes Mal stieg er wie Phoenix aus der Asche wieder auf. Noch Mitte April hatte er sich nach langer Abwesenheit in der Öffentlichkeit gezeigt. Beim Besuch einer Schule lobte er mit brüchiger Stimme Kubas Bildungssystem. Nun aber reichte seine Kraft nicht mehr.

Damit endet ein Leben voller Ideale und Triumphe, voller Enttäuschung und Niederlagen. Mit Fidel Castro verlieren die Kubaner den Mann, der ihre Insel so stark geprägt hat wie niemand vor ihm. An der Spitze eines Häufleins Rebellen hatte Castro gegen die militärische Übermacht eines korrupten Regimes gekämpft und gesiegt. Mit der Revolution hat er seine Heimat Kuba verändert. Dafür wurde er bewundert und geliebt, verachtet und gehasst. Fidel Castro regierte die Karibikinsel nahezu fünf Jahrzehnte lang – allen Anfeindungen und Angriffen zum Trotz. Der bärtige Revolutionär gehörte zu den Gestalten, die die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts maßgeblich geprägt haben.

Kuba unter den Castros

1. Januar 1959: Kubas diktatorischer Präsident Fulgencio Batista flieht. Sieben Tage später feiern Fidel Castros Truppen den Einzug in die Hauptstadt Havanna.

16. Februar 1959: Castro erklärt sich zum Ministerpräsidenten Kubas.

17. Mai 1959: Castro unterzeichnet die Agrarreform, die den privaten Landbesitz der Bauern begrenzt und damit Großgrundbesitzer enteignet.

Februar 1960: Kuba unterzeichnet ein erstes Handelsabkommen mit der Sowjetunion.

Juni 1960: Die ersten US-Unternehmen auf Kuba werden verstaatlicht.

15. April 1961: Castro verkündet den „sozialistischen Charakter“ der Kubanischen Revolution. Zwei Tage später beginnt die Invasion der von den USA unterstützten Exilkubaner in der Schweinebucht, die innerhalb von 72 Stunden von den kubanischen Truppen niedergeschlagen wird.

7. Februar 1962: Die USA verhängen ein totales Embargo über den Handel mit Kuba.

Oktober 1962: Die „Kubakrise“ als Konfrontation der Supermächte USA und Sowjetunion bringt die Welt an den Rand eines Atomkriegs.

3. Oktober 1965: Gründung der Kommunistische Partei Kubas. Fidel Castro wird erster Generalsekretär, sein Bruder Raúl Vize.

13. März 1968: Kubas Führung beschließt die Verstaatlichung aller Einrichtungen, die sich noch in kubanischem Privatbesitz befinden.

1972: Kuba schließt sich dem Rat für gegenseitige Wirtschaftshilfe, der internationalen Organisation sozialistischer Staaten an.

1976: Mit einer Verfassungsreform wird Fidel Castro gleichzeitig zum Regierungschef und Staatsoberhaupt Kubas.

1990: Angesichts des zerfallenden Ostblocks setzt Kuba ein wirtschaftliches Notfallprogramm auf.

August 1993: Reformen sollen die Wirtschaftskrise abschwächen. Unter anderem wird die Arbeit auf eigene Rechnung und der Besitz von Dollars als Zahlungsmittel erlaubt.

Juni 2004: Die USA verschärfen ihr Embargo.

31. Juli 2006: Fidel Castro gibt die Führung aus gesundheitlichen Gründen an seinen Bruder und Vize Raúl ab - zunächst nur vorläufig.

18. Februar 2008: Fidel Castro tritt endgültig ab, Raúl wird kurz darauf Staatsoberhaupt und Regierungschef.

Mai 2010: Raúl Castro startet einen Dialog mit der katholischen Kirche, in dessen Folge 124 politische Gefangene freikommen.

11. Juli 2010: Erstmals seit vier Jahren tritt Fidel Castro in Havanna wieder öffentlich auf.

Oktober 2010: Die Regierung erlaubt die Gründung von kleinen Privatgeschäften in rund 180 verschiedenen Berufen.

April 2011: Raúl Castro kündigt Wirtschaftsreformen an. Kubaner dürfen künftig kleine Geschäfte betreiben und Arbeitskräfte beschäftigen.

Oktober 2012: Die Regierung kündigt mehr Reisefreiheit an.

24. Februar 2013: Raúl Castro gibt zu Beginn seiner zweiten Amtszeit bekannt, dass er die Präsidentschaft 2018 abgeben wird.

17. Dezember 2014: Kuba und die USA verkünden die Wiederaufnahme diplomatischer Beziehungen nach über 50 Jahren Unterbrechung. Die Vereinbarung zwischen Raúl Castro und US-Präsident Barack Obama wird weltweit als Meilenstein gefeiert.

22. März 2016: Als erster amtierender US-Präsident seit fast 90 Jahren besucht US-Präsident Barack Obama Kuba.

20. April 2016: Fidel Castro zeigt sich noch einmal auf dem Kongress der Kommunistischen Partei und sinniert über seinen eigenen Tod: „Wir alle kommen an die Reihe.“

13. August 2016: Fidel Castro wird 90 Jahre alt.

25. November 2016: Fidel Castro stirbt im Alter von 90 Jahren in Havanna.

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Dass er sich an die Spitze des sozialistischen Experiments stellen würde, war kaum vorhersehbar. Der Sohn eines Plantagenbesitzers studierte Jura in Havanna. Nach dem Abschluss mit Promotion schien alles bereitet zu sein für eine Anwaltskarriere. Doch richtig glücklich wurde Castro nicht mit dem Beruf. Sein Interesse galt der Politik – vor allem, nachdem Fugencio Batista die Macht an sich riss und Kuba in eine Diktatur verwandelte. Schon als Student hatte sich Castro revolutionären Bewegungen angeschlossen. Zu Kommunisten blieb er zunächst auf Distanz.

Ein Jahr später machte er ernst mit dem Kampf gegen Batistas Regime. Im Sommer 1953 war der Sturm Castros und seiner Getreuen auf die Moncada-Kaserne noch gescheitert. Fünfeinhalb Jahre später zogen sie in Havanna ein. Für Washington war die Machtübernahme der Revolutionäre ein politischer Albtraum. Ein kommunistisch geführter Staat nur knapp 100 Kilometer von der Küste Floridas entfernt? Eine unerträgliche Vorstellung. Der Versuch, die neuen Herren in Havanna militärisch in die Knie zu zwingen, scheiterte 1961 am Strand der Schweinebucht. Dort hatten ein paar Hundert Söldner und Exil-Kubaner vergeblich eine Landung versucht. Auch das Wirtschaftsembargo, das US-Präsident Kennedy 1962 verhängte, hatte nicht den gewünschten Erfolg. Denn es trieb Castro direkt in die offenen Arme Moskaus. Strategisch war  das für den Kreml ein Geschenk von unschätzbarem Wert. Doch Nikita Chruschtschow brachte mit der Stationierung von Atomraketen unter Kubas Palmen die Welt im Oktober 1962 an den Rand einer nuklearen Katastrophe.

Die Begeisterung für den Revolutionsführer, der allen Anfeindungen und Angriffen trotzte, machte später purer Ernüchterung Platz. Und Castro hatte – vielleicht mit Ausnahme der Anfangsjahre seiner Revolution – nie die große Strahlkraft seines Mitkämpfers Ernesto Che Guevara. Zwar konnte Castro mit seinen flammenden Reden Zehntausende Zuhörer über Stunden hinweg in seinen Bann ziehen. Doch viel mehr als er war Che für die Linken in Ost und West der mutige Held, der das Feuer der Revolution weitertrug. Seine Fotos hingen an den Wänden in den Studentenbuden zwischen Paris, London, Berlin und Leipzig.

Gerade solche Symbole aber brauchte Castros Revolution – auch mit Blick auf Lateinamerika, wo sie als Modell für die Überwindung von Armut und Ungerechtigkeit gefeiert wurde. Doch längst hat sich die Parole „Sozialismus oder Tod“ in eine Phrase verwandelt. In der Unfähigkeit, rechtzeitig die Zeichen der Zeit zu erkennen, glich Fidel Castro seinen einstigen, längst entmachteten Bundesgenossen, denen er zutiefst misstraut hatte: „Wer war im Kreml je fähig, auch nur eine Träne um uns zu vergießen?“

Anfang der 90er-Jahre – nach den Umbrüchen in Mittel- und Osteuropa – standen die Kubaner plötzlich allein da. Niemand nahm ihnen mehr ihren wichtigsten Exportartikel ab: Zucker. In der tiefen wirtschaftlichen Krise half der Venezolaner Hugo Chavez mit seinen Petro-Millionen. Das allein konnte die marode Wirtschaft nicht retten. Vorsichtig begann die Führung in Havanna mit einem Liberalisierungskurs, erlaubte die Gründung privater Kleinunternehmen, straffte die Verwaltung und entließ Zehntausende Staatsbedienstete.

Auch das Scheitern des sozialistischen Experiments auf Kuba hielt Castro insgeheim für denkbar. „Sollten eines Tages die sehnlichsten Wunschträume der Konterrevolution und der Amerikaner Realität werden und eine Restauration bewirken, sollten also die zehn Millionen erfahrenen Kämpfer, die heute das kubanische Volk bilden, an jenen düsteren Ursprungsort zurückgestoßen werden, wo sie sich als Huren, Kellner, Marktschreier oder Losverkäufer verdingen müssen, werden ihnen spätestens dann die Augen aufgehen.“ Die düsteren Ahnungen sind längst Teil der Wirklichkeit auf der Insel. Eine bittere Erkenntnis für Castro, der seinen Platz in den Geschichtsbüchern sicher hat – als eine historische Figur voller Widersprüche und auch mit tragischen Zügen. Zwar hat seine Revolution den Kubanern ein Maß an sozialem Fortschritt gebracht, von dem viele Nachbarstaaten bis heute nur träumen können. Bildungssystem, Gesundheitsversorgung, soziale Sicherheit: Damit hat Kuba Maßstäbe für Lateinamerika gesetzt.

Doch ertragen mussten Castros Landsleute den alleinigen Herrschaftsanspruch des „Maximo lider“, den er mit Gewalt durchsetzte. Im Namen der Freiheit hatte er die Diktatur bekämpft – und regierte selbst autoritär. Die Ideale von einst opferte er der Macht, wie viele Revolutionäre vor und nach ihm. Auf Kuba galt nur eine Wahrheit: seine und die der Kommunistischen Partei. Für politische Gegner kannte Castro kein Pardon. Tausende saßen in den Gefängnissen, weil sie es gewagt hatten, seine Revolution zu kritisieren oder gänzlich infrage zu stellen. Dass Tausende Kubaner die Insel in Richtung Florida verließen, schien er jahrelang zu ignorieren.

War es sein Hang zur Selbstüberschätzung oder sein Starrsinn, dass ihm der Umgang mit politischen Rückschlägen oder Niederlagen so schwerfiel? Glaubt man dem kolumbianischen Schriftsteller Gabriel García Márquez, dann gab es nirgendwo einen schlechteren Verlierer als Castro; keinen, der so viel Energie investierte, um Niederlagen in Triumphe zu verwandeln.

Die Frage, was nach der Ära Castro geschieht, beschäftigt nicht nur seine Landsleute. „In die Geschichte kann man nur über die Tragödie gelangen, und genau das habe ich mit meinem Volk, meinen Anhängern getan. Ich habe eine Tragödie für sie geschaffen und sie daran beteiligt“, sagte der Revolutionsführer einmal.

Mehr als zehn Jahre lebte Fidel Castro auf dem politischen Altenteil. Schwer erkrankt, hatte er im Juli 2006 die Macht an seinen Bruder Raúl übergeben. Dennoch hatte Fidels Wort weiter Gewicht. Ab und an äußerte er sich zu wichtigen Themen, etwa im Parteiblatt Granma.

Allerdings zwang ihn sein Gesundheitszustand zu längeren Pausen. So äußerte er sich erst mit dem Abstand von mehreren Wochen zur überraschenden diplomatischen Annäherung der USA. Ein persönlicher Triumph für Castro, denn Washington hatte ihn jahrzehntelang als Unperson behandelt. Bis zuletzt blieb er argwöhnisch gegenüber den Amerikanern. Er vertraue ihnen nicht, hieß es in einem Brief, in dem er sich zur Normalisierung des Verhältnisses äußerte. Doch er wolle nicht den Versuch seines Bruders zurückweisen, eine „friedliche Lösung für Konflikte oder Kriegsgefahren“ zu finden. Kuba werde immer nach Zusammenarbeit und Freundschaft mit allen Völkern der Welt streben, „auch mit denen unserer politischen Gegner“. Dazu habe der Präsident die nötige Befugnis.

Kuba ohne Fidel Castro – an diesen Gedanken müssen sich seine Landsleute erst gewöhnen. Viele werden ehrlich um ihn trauern, viele andere aber nicht. Mehr als ein halbes Jahrhundert hatte er auf der Insel die Richtung bestimmt. Welchen Weg die Führung um seinen Bruder Raul nun einschlägt: Es wird schwerfallen, das politische Erbe Fidel Castros zu verteidigen. Seine Revolution ist unvollendet geblieben, die sozialistische Vision von der Wirklichkeit überholt. Der „Maximo lider“ scheiterte ebenso wie seine Bundesgenossen in Moskau oder Ostberlin am Entwurf eines Gesellschaftsmodells, das zwar schön klingt, aber letztlich nur mit Zwang durchsetzbar ist. Das hat keine Zukunft.

Kaum etwas zeigt das besser als eine Karikatur. Sie zeigt Fidel Castro am Meer sitzend. Vor ihm steht eine kleine Sandburg. Und dem Strand nähert sich eine riesige Welle, die alles wegzuspülen droht.