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Der lange Weg zur Gewissheit

Die Polizei hatte die Hoffnung nie aufgegeben, Philipp S. zu finden. Sie war ganz dicht dran. Was ist mit dem 17-Jährigen passiert?

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© Sven Ellger

Von Christoph Springer

Dresden. Die Ermittler lagen richtig und hätten Philipp S. wohl selbst gefunden. Bis zuletzt waren sie davon ausgegangen, dass der 17-jährige Dresdner noch in der Elbe in unmittelbarer Nachbarschaft des Clubs Pier15 gesucht werden muss. Dort haben ihn am Mittwochnachmittag Passanten entdeckt. In genau dem Becken, in das Polizisten am heutigen Freitag abtauchen wollten. Es handelt sich um eine rund 150 Quadratmeter große Einbuchtung oberhalb des Jugendschiffs, das an der Mole des Neustädter Hafens auf der Flussseite liegt.

Mit speziell ausgebildeten Hunden aus Thüringen suchte die Polizei auf dem Wasser nach dem Vermissten.
Mit speziell ausgebildeten Hunden aus Thüringen suchte die Polizei auf dem Wasser nach dem Vermissten. © Tino Plunert
Auch Taucher waren immer wieder im Einsatz.
Auch Taucher waren immer wieder im Einsatz. © Roland Halkasch

Philipp S. ist ertrunken. Das hat die Untersuchung des Toten in der Rechtsmedizin ergeben. Die Spezialisten haben den Leichnam genau überprüft und dabei keine Spuren gefunden, die auf eine Gewalttat schließen lassen. Das bedeutet, dass der 17-Jährige in der Nacht zum 25. März verunglückt ist. Ein Suchhund der Polizei hatte tags darauf erste Hinweise dafür geliefert, dass der Dölzschener in die Elbe gestürzt sein könnte. Der Vierbeiner führte die Beamten vom Eingang des Clubs an der Leipziger Straße in einem Bogen zur Mole des Neustädter Hafens. Dort verlor sich die Spur des Schülers. Noch am Wochenende suchte daraufhin die Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft per Boot nach dem Jungen. Diese Suche setzte die Polizei zum Wochenanfang fort. Die Beamten überprüften alle Uferbereiche des Hafens und der Mole und kamen Philipp S. dabei sehr nahe. Am Montag kontrollierten sie zuerst den Rand der Elbe zwischen dem Jugendschiff und der Hafenmole. Dann überprüften sie die etwa 100 Meter lange Landzunge, die das kleine Becken oberhalb des Jugendschiffs von der Elbe abtrennt. Nur wenige Meter daneben war Philipp S. ertrunken.

Dass der Vermisste womöglich noch in der Nähe ist, bestätigten den Beamten am 31. März speziell ausgebildete Spürhunde der Polizei aus Thüringen. Diese Vierbeiner können auch Personen aufspüren, die ertrunken sind. Sie haben bei der Fahrt mit einem Boot durchs Hafenbecken angeschlagen. „Außerdem haben auch entlang des Ufers im Hafenbereich immer wieder Hunde reagiert. Deswegen haben wir unsere Maßnahmen auch auf den Bereich Hafenbecken konzentriert“, sagte Polizeisprecher Thomas Geithner. Nachdem Fährtenhunde den Beamten zuletzt am Mittwoch signalisiert hatten, dass sie an der richtigen Stelle suchen, sollten nun wieder Taucher ins Wasser. Die Froschmänner hatten dafür nach ihren erfolglosen Einsätzen im Hafenbecken nun genau den kleinen See am Flussrand ins Visier genommen, in dem Passanten den Vermissten am Mittwochnachmittag entdeckt haben. Die Polizei holte den Leichnam aus dem Wasser.

Die Nachricht vom Fund des Vermissten war binnen Minuten Thema auf der Facebook-Seite von Philipp S. Freunde und wildfremde Menschen äußerten ihr Beileid und sprachen seinen Angehörigen Kraft zu. Die Mutter einer Bekannten des Toten schrieb: „Ich kann nur als Mutter einer ehemaligen Klassenkameradin von Philipp sagen, dass alle einen tiefen Schmerz empfinden, nicht wissen, wie sie damit umgehen sollen, und aufrichtige Trauer verspüren.“ Am Rand des Neustädter Hafens stellten Menschen Blumen und Kerzen ab, um an den toten 17-Jährigen zu erinnern.

Parallel dazu wurde Kritik am Verhalten seiner Begleiter vom 24. März laut. Sie hatten sich mit Philipp S. eine reichliche halbe Stunde vor Mitternacht an dem Club im Hafen verabredet. Als dem 17-Jährigen zum zweiten Mal der Zutritt verwehrt wurde, weil er zu betrunken war, beratschlagten sie mit ihm das weitere Vorgehen. Der Dölzschener wollte nach Hause gehen. Seine Freunde ließen zu, dass er sich allein auf den Weg macht. Sie gingen zur Revolution-Party in den Club. Philipp wollte zur Straßenbahn laufen, drehte aber noch einmal in Richtung Elbe ab, ergab die Spurensuche nach dem Vermissten. Diesen Besuch am Ufer des Flusses hat er nicht überlebt.