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Der lange Weg zum Führerschein

Jeder zweite Fahrschüler rasselt durch die Prüfung. Fahrlehrer sehen dafür verschiedene Ursachen.

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© Dietmar Thomas

Von Sylvia Jentzsch

Region Döbeln. Die theoretische Prüfung hat Fahrschülerin Laura Antonia Leschke (17) geschafft. Und darüber ist sie sehr froh. Immerhin liegt die Erfolgsquote bei der theoretischen Prüfung in Sachsen laut Dekra nur bei etwa 53 Prozent. Etwa 34 Prozent fallen deutschlandweit laut dem Bundeskraftfahrtamt durch die Prüfung und bei der Verkehrsschule Döbeln waren es im Jahr 2017 etwa 33 Prozent. Auch Laura Antonia Leschke hat die theoretische Prüfung erst im zweiten Anlauf geschafft. „Der Test fiel in die Zeit der Klausur-Prüfungen am Gymnasium. Da konnte ich mich nicht so gut vorbereiten“, so die Schülerin. Dass die Theorie eine Lernfrage ist, bestätigt auch Fahrschulleiter Steffen Janasek von der Verkehrsschule Döbeln.

App hilft beim Lernen für 800 Theorie-Fragen

Doch die Vorbereitungen sehen anders als früher aus. Damals erhielten die Fahrschüler noch Zettel, die sie ausfüllen mussten. „Jetzt geht alles elektronisch, entweder per Handy-App oder mit einem mobilen Lerncomputer. Die zeigen auch an, wenn der Schüler prüfungsreif ist“, so Steffen Janasek. Laura Antonia Leschke hat sich für eine App entschieden und mithilfe dieser viele Tage lang für die Theorieprüfung gepaukt. „Es war sehr effektiv. Die App hilft da schon beim Lernen. Mit einem Buch wäre ich nicht klar gekommen. Ohne das konsequente Lernen hätte ich die Prüfung nicht geschafft“, so die 17-Jährige. Immerhin gibt es mehr als 800 Fragen, aus denen die Prüfungsfragen ausgewählt werden. „Früher war das überschaubarer“, sagte Holger Böhme, der seit 40 Jahren Fahrlehrer und Mitarbeiter der Verkehrsschule Döbeln ist. Ein Auswendiglernen der Verkehrssituationen, wie auf den Fragebögen, funktioniere nicht mehr. Da seien wirklich das Wissen und das Verständnis gefragt. „Um sich die Theorie anzueignen, muss wirklich gelernt werden. Wer sich Zeit dafür nimmt, hat eine reelle Chance, die Prüfung zu bestehen“, so Böhme.

Schwierige Theorieprüfung

Die Erfolgsquote für die praktische Prüfung zum Erwerb der Fahrerlaubnis lag bei 61,10 Prozent (2015), 61,2Prozent ( (2016) und 60,4 Prozent (2017).

Die theoretische Prüfung für die Fahrerlaubnis bestanden 55,37 Prozent (2015), 53,98 Prozent (2016) und 53 Prozent (2017)

Die Fahrerlaubnisbehörde des Landkreises stellte im Jahr 2016 10140 Kartenführerscheine aus. Davon bekamen 2016 zum ersten Mal eine Fahrerlaubnis. Es wurden 1075 Fahrberechtigungen „Begleitetes Fahren mit 17“ und 329 „AM 15“ erteilt.

Im Jahr 2017 händigte die Behörde 10472 Kartenführerscheine aus. Davon waren 2388 eine Ersterteilung. 1180 bekamen eine Fahrberechtigung „Begleitetes Fahren mit 17“ und 463 „AM 15“ erteilt.

Quelle: Dekra/Landratsamt.

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Fahrschüler bringen wenig Erfahrung im Straßenverkehr mit

Neben dem größeren Umfang an Fragen sieht er noch weitere Ursachen, warum es für manche Fahrschüler so schwierig ist, die beiden Prüfungen – Theorie und Praxis – zu bestehen. Es sei eine andere Generation. „Selten schauen die Kinder den Eltern beim Fahren zu und hinterfragen bestimmte Handlungen. Eine Autofahrt ist zur Selbstverständlichkeit geworden, die keine Beachtung mehr findet. Meist sind die Kinder anderweitig beschäftigt und können so keine Erfahrungen beim Zuschauen sammeln“, sagte Böhme. Hinzu komme, dass die Kinder und Jugendlichen weniger mit dem Fahrrad im Straßenverkehr unterwegs sind. „Außerdem gehörte es früher zur persönlichen Ehre, die Prüfung beim ersten Mal zu bestehen“, so Holger Böhme. In manchen Fällen fehlen das technische Verständnis und das motorische Feingefühl.

Laura Antonia Leschke hofft, ihren Führerschein in der Hand zu haben, wenn sie ihren 18. Geburtstag feiert. „Dann kommen ich endlich von A nach B, ohne immer jemanden fragen zu müssen und sitze nicht im Dorf fest“, sagte die Gymnasiastin, die in Großweitzschen wohnt.

Bei einigen Teilnehmern fehlt die Motivation
Ein weiteres Manko, das Steffen Janasek festgestellt hat und welches dazu führt, dass es mehr „Durchfaller“ bei den Prüfungen gibt, ist die Motivation. „Dort wo etwas dranhängt, wie zum Beispiel der Arbeitsplatz oder der Wunsch, nicht ständig jemanden für Fahrten bitten zu müssen, da kümmern sich die Leute. Aber manchen ist es wirklich gleichgültig, ob sie die Prüfung mehrfach absolvieren müssen. Auch wenn das zusätzlich zu bezahlen ist“, sagte Steffen Janasek.

Die meisten Fahrschüler sind zwischen 15 und 20 Jahre alt. Etwas älter sind die, die einen Lkw- oder Busschein aus beruflichen Gründen benötigen „Sie sind meist sehr fleißig und wollen die Prüfungen so schnell wie möglich abhaken, da sie die Fahrschule meist neben ihrer Arbeit absolvieren und mit der beruflichen Perspektive eine Motivation haben“, so Janasek.

Mädchen lernen fleißiger, Jungen gehen es locker an

Der Fahrlehrer hat festgestellt, dass Mädchen fleißiger sind, wenn es darum geht, die Theorie zu lernen. Die meisten Jungs würden da etwas lockerer herangehen. Die Prüfung nimmt die Dekra ab. Auf dem Stützpunkt in Döbeln-Ost treffen sich einmal in der Woche die Fahrschüler aus der Region, um am 45-minütigen Theorie-Test teilzunehmen. Jeder Prüfling bekommt andere Fragen. Abschreiben geht da nicht.

„In der Praxis gibt es kaum Unterschiede“, sagte Steffen Janasek. Waren es früher 20 bis 25 Fahrstunden, die ein Schüler bis zur Prüfungsreife benötigte, so sind es jetzt etwa 30 bis 40 Ausbildungsstunden. Das ist dem höheren Verkehrsaufkommen geschuldet, so der Fahrlehrer. Bis auf die Vorbereitung hat er keinen Einfluss auf die praktische Prüfung. „Der Prüfer von der Dekra gibt die Prüfungsstrecke vor, die wir vorher auch nicht wissen. Oft ist es zur Prüfung so, dass Situationen eintreten, die es während der Übungsstunden nicht gab. Da ist plötzlich das Müllfahrzeug, ein Fahrzeug mit Sondersignal kommt, oder eine andere Straßenführung. Dann sind die Schüler gefragt, schnell und regelkonform zu handeln. Da ist nichts mit Googeln. Eigene Entscheidungen müssen getroffen werden. Und das fällt manchem schwer“, sagte Steffen Janasek.

Beide Fahrlehrer sind sich einig – in Döbeln war es schon früher wegen der vielen Einbahnstraßen, schwierig zu fahren. Nun wird es von Jahr zu Jahr durch Baustellen und Umleitungen immer komplizierter. Sie würden sich auch wünschen, dass andere Kraftfahrer mehr Rücksicht auf die Fahrschüler nehmen, sie auch einmal vorlassen. „Doch wir erleben leider das Gegenteil“, sagte Steffen Janasek.