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Der Kümmerer

André Neumann hat die Leitung des Seniorenwohnhauses in Bischofswerda-Süd mit fast 400 Plätzen übernommen. Er kennt sich dort schon aus.

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© Steffen Unger

Von Nicole Preuß

Bischofswerda. Einen ruhigen Laufstil pflegt André Neumann zumindest bei der Arbeit nicht. Der 39-Jährige nimmt zügig die Treppen in die erste Etage des Seniorenwohnhauses „Am Belmsdorfer Berg“, in der einen Hand das tragbare Telefon, in der anderen Hand Zettel und Stift. Der neue Heimleiter war noch nie einer, der viel Zeit in seinem Büro verbracht hat. Er will draußen sein, bei den Mitarbeitern und den Bewohnern, er bespricht Abläufe, er führt Angehörige vor der Anmeldung durch das sechsstöckige Haus und er klärt auch mal Missverständnisse, die in einem solchen großen Heim immer mal wieder vorkommen können.

Der Bautzener leitet erst seit wenigen Tagen das Heim im Stadtteil Süd. Er ist aber für die Bewohner, die Angehörigen und die Mitarbeiter kein Unbekannter. Der Sozialpädagoge arbeitet schon seit elf Jahren als Sozialdienstleiter im Seniorenwohnhaus. In dieser Funktion und als Vertreter der ehemaligen Heimleiterin Dr. Konstanze Clemens übernahm er in den vergangenen Jahren bereits Leitungsaufgaben. Er wusste damit, was auf ihn zukommen würde, und doch übernimmt er die Aufgabe gern. „Ich hätte es nicht gemacht, wenn die Mitarbeiter nicht mitziehen, doch ich kann mich voll und ganz auf sie verlassen“, sagt er.

Die Aufgabe als Heimleiter im Großen ist dabei durchaus mit seiner Aufgabe als Sozialdienstleiter im Kleinen zu vergleichen. „Ich mag die Abwechslung“, sagt er. „Ich habe so viel Kontakt zu den Bewohnern, zu den Angehörigen und den Mitarbeitern. Ich könnte mir einen reinen Verwaltungsjob für mich nicht vorstellen.“ Die Aufgaben des Sozialdienstleiters sind klar definiert. André Neumann plant in Absprache mit dem Heimbeirat und dem Personal die Feste des Hauses, das Neujahrskonzert, den Fasching und die verschiedenen jahreszeitlichen Feste. Er koordiniert aber auch die Angebote in den Wohngruppen und bespricht mit den Alltagsgestaltern die Tage für die Bewohner des Heims.

Diese Aufgaben wird er auch weiter erfüllen, er übernimmt aber zusätzlich die Aufgaben des Heimleiters. Das ist überhaupt möglich, weil Konstanze Clemens bis zu ihrem Ruhestand gleichzeitig noch Geschäftsführerin der gemeinnützigen Oberlausitz Pflegeheim & Kurzzeitgesellschaft mit fast 500 Betreuungsplätzen in Bischofswerda, Bautzen, Neukirch und Großdubrau war. Das Heim gehört zu der Gesellschaft, die wiederum eine Tochtergesellschaft der Oberlausitz-Kliniken ist. André Neumann wird nicht Geschäftsführer der Gesellschaft, es wird aber einen Nachfolger für die Funktion geben, der im zeitigen Frühjahr vorgestellt werden soll.

Der Heimleiter ist für André Neumann die Schnittstelle zwischen Bewohnern, Angehörigen und Mitarbeitern. Er kümmert sich zum Beispiel um Aufnahmeanträge und die entsprechende Beratung. 50 bis 60 Anfragen für Plätze im Heim und in der Kurzzeitpflege sind allein in den ersten Tagen des Jahres 2018 eingegangen. Dazu kommen die Koordinierungsaufgaben.

Die Bewohner, Angehörigen und Mitarbeiter kommen zum Beispiel auf ihn zu, wenn sie eine Frage haben. „Dann versuchen wir, das Problem zu lösen oder aufzuklären“, sagt der kommunikationsfreudige Fachmann. Der Abstimmungsbedarf ist dabei nicht zu unterschätzen. 336 Männer und Frauen arbeiten in dem Heim. Schaut man auf die Betreuungsplätze, ist das Haus eines der größten der Region. 390 Plätze werden angeboten, davon zwölf in der Kurzzeitpflege. Dazu kommen neun Wohnungen und eine Beratungsstelle. Die Mitarbeiter unterstützen größtenteils Ältere, es werden aber auch jüngere Pflegebedürftige in eigenen Wohngruppen aufgenommen. Das ist auch eine Besonderheit.

Das Seniorenwohnhaus kann den Bewohnern durch seine Größe einigen Komfort bieten. Ein Bäcker aus Neukirch betreibt zum Beispiel im Erdgeschoss ein Café, einen Kiosk gibt es, einen Friseursalon, eine Physiotherapie und ein Medizinisches Versorgungszentrum mit Augen- und Allgemeinarzt. Der große Speisesaal wurde schon vor 35 Jahren für das damals neu errichtete Feierabend- und Pflegeheim des Kreises Bischofswerda gebaut. 1992 übernahm Konstanze Clemens die Leitung des Heims. Sie und ihr Team betreuten die Sanierung und die Umwandlung. Die Bischofswerdaerin prägte das Haus.

André Neumann will das Konzept beibehalten. „Wir wollen weiter Wert auf die wohnliche Atmosphäre legen und die Bewohner dabei unterstützen, noch möglichst viele Dinge allein zu tun.“ Es werden aber auch zusätzlich noch einige Herausforderungen zu meistern sein. Die Digitalisierung wird eine davon sein. André Neumann kann sich gut vorstellen, dass bald notwendige Daten mit dem Tablet erfasst werden. Die veränderten Prüfstandards des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung werden die Heimleitung beschäftigen, die Stärkung des ehrenamtlichen Engagements und die Personalsuche. Das Heim bildet aus, daher konnten bisher Stellen auch wieder besetzt werden. Es wird aber in Zukunft vor allem darum gehen, immer mehr Stellen auf einmal neu zu besetzen. Denn der Generationswechsel steht auch in den anderen Ebenen des Hauses an.

André Neumann hat sich auf die Aufgabe vorbereitet. 2009 bis 2011 hängte er berufsbegleitend ein Heimleiterstudium an sein Sozialpädagogikstudium heran. Er wird weiter aus Bautzen pendeln, wo er mit seiner Frau und seinen beiden Kindern lebt. Er kommt aber immer wieder gern ins Haus am Belmsdorfer Berg. In seinem Fall ist der Generationswechsel geglückt.