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Der kritische Bürger

Gerd Kirchhübel schaut den Pulsnitzer Ratsherren schon seit Jahren auf die Finger. Nun will er selbst die Stadt lenken.

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© Reiner Hanke

Von Reiner Hanke

Pulsnitz. Schnee hatte sich an dem Tag über die Baustelle vor der Haustür von Gerd Kirchhübel in Pulsnitz gelegt. Wegen der Nässe im Mauerwerk. Die Küche wird derzeit ebenfalls renoviert und im Obergeschoss steht ein Tapeziertisch. Der hat aber gar nichts mit Malerarbeiten zu tun. Plakate für den Bürgermeisterwahlkampf will er aufziehen. Für den eigenen.

Von Beruf ist Gerd Kirchhübel Gas- und Wasserinstallateur und arbeitet für eine Leiharbeitsfirma in der Solarproduktion. Aber in seiner Freizeit ist die Leidenschaft des 60-Jährigen die Kommunalpolitik. Neben dem Computer steht eine Galerie Aktenordner. Das sei nur ein Bruchteil, versichert Kirchhübel.

So habe er sich über viele Jahre mit der Verwaltungsarbeit beschäftigt und wisse auch, was nicht so läuft, wie es sollte. Immer wieder hinterfragt er die Arbeit in den Verwaltungen und eckt damit auch manchmal tüchtig an. Immer mit einem Ziel, den Verantwortlichen im Interesse der Bürger auf die Finger zu schauen. Nun will er aber die Seiten wechseln. Vom streitbaren Bürger in das Pulsnitzer Rathaus, als einer von fünf Bewerbern um den Bürgermeisterposten.

Es ist nicht der erste Versuch. Zum dritten Mal trete er inzwischen bei einer Bürgermeisterwahl an. Diesmal für B 90/Grüne. Die Partei biete ihm die Entfaltungsmöglichkeiten, die er brauche. Politisch interessiert sei er schon immer gewesen, schon zu DDR-Zeiten. Seit dem Ende der 1990er-Jahre habe er aber begonnen, regelmäßig Stadtratssitzungen in Pulsnitz zu besuchen und Beratungen des Abwasserzweckverbandes. Und auch kritische Themen anzusprechen. Um eine bessere Trinkwasserqualität habe er gekämpft und sei immer noch dran. Denn Aufgeben sei nicht sein Ding: Ob es nun um Baumfällaktionen geht oder eine Klage wegen der Müllgebühren gegen den Kreis. Die Abwassergebühren habe er auf der Agenda ebenso wie die teure Müllverbrennung in Lauta.

Für die künftige Stadtpolitik ist ihm der Schuldenabbau besonders wichtig. Nur so könne Pulsnitz mehr Spielraum für Investitionen bekommen. Beim Thema Bauen kritisiert der Kandidat vor allem, dass zu teuer gebaut werde: „Es muss kein Schloss sein, wenn es ein Holzhaus tut“, sagt er. Krassestes Beispiel sei die Kläranlage gewesen. Aktuell sei für ihn unverständlich, warum 150 000 Euro für einen Parkplatz, den an der Wittgensteiner Straße, ausgegeben werden müssen. Auch die Kostenexplosion für den geplanten Kita-Anbau in Oberlichtenau müsse überprüft werden.

Polizeiposten ist wichtig

Stadtplanerisch wolle er sich nicht so weit aus dem Fenster lehnen. Denn am Ende hätte er ja als Bürgermeister nur eine von 19 Stimmen im Stadtrat. Die Mehrheit entscheidet. Gemeinsam mit den Räten müssten die Prioritäten gesucht und dann auch zügig umgesetzt werden. Alles was mit Kindern zu habe, wolle er auf jeden Fall fördern: „Denn sie sind unsere Zukunft.“ Außerdem stünden Ordnung und Sicherheit in seinem Programm: „Die Feuerwehr muss gut ausgerüstet sein.“ Denn es könne um Leben und Tod gehen. Außerdem nehme Pulsnitz in der Region eine Schlüsselposition ein und dürfe nicht ohne Polizeiposten bleiben. Daran haben sich schon andere die Zähne ausgebissen. Er wolle den Verantwortlichen so lange auf die Nerven gehen, bis sie einlenken. In den Bereich Sicherheit spielt auch das Flüchtlingsthema hinein. Da habe ein Bürgermeister allerdings wenig Spielraum. „Er muss die Verbindung zu den Verantwortlichen suchen, um stets gut über die Lage informiert zu sein.“ Als Bürgermeister könne er aber für ein gutes Klima zwischen Bürgern und Flüchtlingen sorgen.

An diesem Tag hat er auch noch vor, Unterlagen im Pulsnitzer Bauamt einzusehen. Es geht u.  a. um das Bauvorhaben auf dem Kirchplatz. Oft sei die Politik schwer nachvollziehbar. Beispiel Sportstätte Kante: Zuerst soll sie erhalten werden, dann vielleicht doch abgerissen. Er plädiere auf Erhalt und kritisiert, worauf ihn auch viele Bürger ansprechen würden: „Es gibt viel zu wenig Information aus dem Rathaus. Die Bürger müssen viel enger in Entscheidungen einbezogen werden.“ Das will er auf jeden Fall ändern.