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Der „Karl May des Ostens“

Regionalhistoriker Hans-Werner Gebauer mit einem ganz persönlichen Nachruf auf den Schriftsteller Götz R. Richter.

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© Kristin Richter

Von Hans-Werner Gebauer

Rödertal. Es war eher ein Zufall, dass ich vom Tod des aus DDR-Zeiten bekannten Schriftstellers Götz R. Richter erfuhr. Schon Anfang Dezember war er in Bad Saarow im Alter von 93 Jahren gestorben. Nicht erst, seit ich mich in den vergangenen Jahren mit der Chronik von Kleinröhrsdorf befasst hatte, wusste ich, dass Richter 1923 im Radeberger Nachbarort geboren wurde. Und natürlich hatte ich vor allem in den 1960er Jahren so manches Buch von ihm gelesen.

In die Chronik Kleinröhrsdorf war er dann allerdings nicht aufgenommen worden. Mancher im Ort vertrat die Meinung, wenn einer „nur“ zwölf Jahre hier gelebt hat, dann sei es etwas fraglich von einer „örtlichen Persönlichkeit“ zu sprechen. Sei es wie es sei … Dieser Tage kam ich mit Inge Tometschek ins Gespräch, sie ist Mitglied der Langebrücker Ortschronik. Die Rede kam auf Richters Tod. „Ich habe noch Bücher von ihm“, erklärte sie. Mit einer ungewöhnlichen Widmung …

Und so trafen wir uns nun, um ein wenig in Erinnerungen zu schwelgen und in Richters Büchern und damit sozusagen ein wenig in unserer Jugendzeit zu blättern. Inge Tometschek kann sich dabei noch genau an eine Begegnung mit dem bekannten Autor erinnern. Als Schulkind war das, erzählte sie. Damals hieß sie noch Inge Rümmler und wohnte in Zabeltitz, unweit von Großenhain. Hier wiederum wohnte damals Götz R. Richter. 1935 war er mit seinen Eltern von Kleinröhrsdorf nach Großenhain umgezogen. Seit 1956 arbeitete er als freischaffender Schriftsteller, war davor Lehrer gewesen. Und natürlich war es damals nicht zu schwer, solch eine bekannte Größe der Kinder- und Jugendliteratur der DDR auch mal zur Lesung und zum Gespräch an die Zabeltitzer Schule zu holen. Von dieser Begegnung stammt noch das Buch „Savvy, der Reis-Shopper“. Das 1961 erschienene Buch war übrigens das erste von Götz R. Richter. Wobei die Widmung darin nicht von Richter stammt, sondern von Klassenlehrerin Erika Mix: „Zur Erinnerung an Deine Schulzeit in Zabeltitz und mit den besten Wünschen für alles Gute in der Zukunft, gewidmet von Deiner Klassenlehrerin Erika Mix“. Denn kurz darauf war Inge Tometschek mit ihren Eltern nach Coswig gezogen.

Afrikanischen Boden nie betreten

Diese Begegnung mit Richter in Zabeltitz hielt für die heutige Langebrückerin literarisch an. Schon zum Weihnachtsfest 1961 lag das nächste Buch auf dem Gabentisch. „Die Höhle der fliegenden Teufel“. Wiederum versehen mit einer Widmung: „Weihnacht 1961, von Mutter“. 1963 folgte dann mit „Trommeln der Freiheit“ das dritte Buch der sogenannten Savvy-Trilogie. Götz R. Richter schildert darin – wie auch in weiteren seiner Jugendbücher – die Epoche des Werdegangs in Westafrika von der kolonialen Knechtschaft über den bewaffneten Aufstand bis hin zur nationalen Selbstbestimmung. Richter schöpfte für die Geschichten aus seinen Jugend- und Kriegserlebnissen bei der Handelsmarine und später bei der Kriegsmarine. Obwohl er afrikanischen Boden nie betreten hatte, gelang es ihm ziemlich authentisch und spannend, Kinder und Jugendliche literarisch zu fesseln – was ihm immer wieder auch ein wenig den Vergleich mit Karl May einbrachte. Auch der hatte die Orte der Abenteuer seiner Helden bekanntlich zuvor nie besucht. Es sind spannende Erinnerungen an den „Karl May des Ostens“, der zum Schluss fast vergessen war …