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Der Kampf ums Wind-Land

In Schwepnitz wollen mehrere Firmen Windräder errichten. Sie versprechen den Grundbesitzern hohe Pachteinnahmen.

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© dpa

Von Nicole Preuß

Schwepnitz. Ackerland ist unter Landwirten begehrt. Doch normalerweise reißen sich keine Energiefirmen darum. Das ist in Schwepnitz gerade anders. Mindestens drei Unternehmen klappern dort zurzeit die Grundstücksbesitzer ab und versuchen, sich Flächen zu sichern. Alle Firmen haben sich auf erneuerbare Energien spezialisiert und wollen Windkraftanlagen bauen. Sie locken mit Pachtverträgen, die eine fünfstellige Pachtsumme im Jahr versprechen. Das wundert wiederum die Schwepnitzer Bürgermeisterin Elke Röthig. Denn noch ist gar nicht entschieden, ob in der Gemeinde überhaupt Windräder gebaut werden dürfen. Deshalb hat die Schwepnitzerin nun eine andere Ebene eingeschaltet.

Dabei handelt es sich um den Regionalen Planungsverband Oberlausitz-Niederschlesien. Der ist gerade dabei, den Regionalplan fortzuschreiben. Ein Thema dabei ist die Windenergie. In dem Zuge wurden in der Region zwischen Dresden und Görlitz verschiedene Gebiete ausgewählt, die sich für Windkraftanlagen eignen würden. Öffentlich wurden diese Flächen noch nicht genannt. Denn erst einmal wurden die Gemeinden angeschrieben, um deren Meinung zu den Plänen zu erfahren. Doch die Firmen haben trotzdem irgendwie von den Flächen gehört. Dabei stehen die Planungen erst am Anfang, sagt Jörg Weichler vom Planungsverband. Frühestens 2017 könne man sagen, ob wirklich Windräder in Schwepnitz gebaut werden können. „Deshalb sollten sich die Leute auch nicht überrumpeln lassen“, sagt er. Bürgermeisterin Röthig sieht das ähnlich. „Die Menschen wissen nicht, worauf sie sich einlassen“, sagt sie. Die Firmen tun ihrer Erfahrung nach oft so, als sei schon alles klar. Informationsveranstaltungen für Landbesitzer werden organisiert und fertige Verträge präsentiert. Dabei will jeder der Erste sein. Denn die Firmen stehen auch untereinander im Wettbewerb.

Verträge binden für viele Jahre

Viele Verträge, die präsentiert werden, sind deshalb auch langfristig gestrickt, sagt Jörg Weichler vom Planungsverband. Landbesitzer binden sich damit für mehrere Jahre an das Windkraftunternehmen, können infolgedessen nur eingeschränkt über ihre Flächen verfügen und bekommen oft auch erst einmal kein Geld. „Denn es gibt genug Verträge, bei denen die versprochene Summe aus den Pachtverträgen erst fließt, wenn die Windkrafträder auch gebaut sind“, sagt Weichler. Wenn Schwepnitz nun doch keine Gegend für Windräder wird, haben die Grundstückseigentümer Zeit verloren, aber nichts gewonnen.

Die Firmen wollen das in der Schärfe nicht auf sich sitzenlassen. Zwei von drei Unternehmen, die in der Gemeinde unterwegs sind, haben eine Anfrage der SZ beantwortet. „Den Grundstückseigentümern entstehen durch Abschluss der Verträge keine Risiken“, sagt so etwa Tim Loppe von der Düsseldorfer Naturstrom AG. „Wenn auf ihren Flächen Windenergieanlagen gebaut werden, erhalten sie die vertraglich festgeschriebene Pacht. Sollten die Anlagen aus irgendeinem Grund doch nicht gebaut werden können, ist der Vertrag gegenstandslos und die Eigentümer können über ihr Land selbstverständlich beliebig verfügen.“ Die Naturstrom AG ist aber bisher nur im Kontakt mit der Gemeindeverwaltung Schwepnitz und einem Grundstücksbesitzer. Die Verbindung zum Landeigentümer habe sich eher durch Zufall ergeben, heißt es aus der Zentrale. Eine Meißener Firma geht da schon einen Schritt weiter. Die Umweltgerechte Kraftanlagen (UKA) GmbH und Co.KG hat sich in Gesprächen vor Ort und über andere Recherchequellen die Kontakte der Grundstückseigentümer besorgt. Sie verweist ebenfalls darauf, dass die Verträge nach Ablauf einer bestimmten Laufzeit gekündigt werden können. Im Pachten sieht sie auch Vorteile für Landeigentümer und Landwirte. „Die Flächen können (parallel zur Windenergienutzung) weiter bewirtschaftet werden“, sagt Kerstin Roch aus der Öffentlichkeitsarbeit.

Kaum pauschale Tipps möglich

Landbesitzer, die ihre Flächen an die Windkraftunternehmen verpachten wollen, sollten sich trotzdem vorher informieren, rät Rainer Gröbner vom Verein Haus und Grund Kamenz und Umgebung. „Pauschal kann man da kaum Tipps geben“, sagt er. „Solche Verträge sollte man aber gut prüfen.“ Zum Beispiel durch den Verein Haus und Grund. „Bei komplizierten Dingen können wir dann auch unsere Rechtsabteilung in Berlin einschalten“, sagt Gröbner. Die Mitgliedschaft koste im Monat fünf Euro. Die Gemeinde Schwepnitz wird nach SZ-Informationen nun erst einmal bis November ihre Stellungnahme zu der Fläche abgeben. Dann wird weiter abgewogen und diskutiert. Entscheidet man sich gegen Schwepnitz, könnten unterschriebene Verträge noch eine weitere Rolle spielen. Dann ist es vorstellbar, dass die Windkraftfirmen gegen die Entscheidung klagen. Nach dem Motto: Wir haben schon die Verträge, nun müsst ihr noch die nötigen Entscheidungen fällen. „Das ist schon in anderen Regionen passiert“, sagt Jörg Weichler vom Verband.