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Der Kamenzer Zankgiebel

Nicht jeder Hausbesitzer in der Altstadt saniert hintereinander weg. Das führt zu Problemen mit den Nachbarn.

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© Matthias Schumann

Von Ina Förster

Es ist sehr löblich, was in den letzten Jahren an der Pulsnitzer Straße in Kamenz passiert. Ein Haus nach dem nächsten wird von Privatleuten gekauft. Und anschließend hübsch hergerichtet. Die Investoren haben die Schönheit des Hinterlandes für sich entdeckt. Jedenfalls dreht sich etwas an den Ruinen. Das freut nicht nur die hier Wohnenden. Sondern ebenfalls die Stadtverwaltung. Was aber, wenn es in all dem baulichen Höhenschwung aber auch einmal nicht so richtig vorwärtsgeht?

Wie aktuell an der Pulsnitzer Straße 26. Dieses Gebäude hat Maik Weise vor geraumer Zeit gekauft. Seines Zeichens nicht nur Bürgermeister von Schönteichen, sondern seit letztem Jahr Stadtrat von Kamenz und seitdem im Bau- und Stadtentwicklungsausschuss tätig. Das alte Gemäuer hat er im Herbst 2013 zum Teil abgerissen und entkernt. Seitdem gibt es hier kein Dach mehr, was dem Haus sicherlich nicht gerade gut tut. Nur noch die nicht so schöne Fassade steht wie ein Gerippe da und bietet dem Vorübergehenden dunkle Einblicke. Für diesen Teilabriss nahm er Fördermittel der Stadt in Anspruch. Seitdem ist nicht viel passiert auf der Baustelle. Das haben vor allem in den letzten anderthalb Jahren auch die Nachbarn Olena Bulharu und Frank Sauerteig mitbekommen. Und zwar schmerzlich. Denn ihr eigenes frisch saniertes Haus Nummer 28 hat seitdem keinen geschützten Giebel mehr.

Ein Giebel ist hergerichtet

Diesen hätte Maik Weise laut deutschem Baugesetz herrichten müssen. „Auf der Seite zum anderen Nachbarn hat er es schließlich getan. Das finden wir merkwürdig“, sagt Frank Sauerteig. Auch ihre nackte und der Witterung ausgesetzte Grenzwand hätte von ihm zumindest gesichert werden müssen. „Eine Plane über den Winter hätte für den Anfang gereicht“, finden die Nachbarn. „Da hätten wir sogar mitgeholfen!“ Maik Weise seinerseits meint, dass er damals angeboten hätte, ihren Giebel anschließend mit verputzen zu können. Das Gerüst hätte nur umgesetzt werden müssen. Man hätte aber abgelehnt.

Daran können sich Olena Bulharu und ihr Partner nicht erinnern. „Dann gäbe es ja gar kein Problem“, sagt sie. Fakt ist: Zwei Winter steht der Giebel nun so da. Und das hat Folgen. „In der Mietwohnung im ersten Stock gibt es eine größere Schimmelbildung im Schlafzimmer. Wir mussten einer Mietminderung zustimmen und das schon fast seit einem Jahr“, klagt Hauseigentümerin Olena Bulharu. Die Mieter werden langsam ungeduldig. „Was, wenn sie ans Ausziehen denken? Auch wir haben finanzielle Verpflichtungen!“ Man habe außerdem mehrmals mit Maik Weise gesprochen. Anfangs freundschaftlich. „Nun reißt uns allerdings nach vielen Vertröstungen der Geduldsfaden. Wir fühlen uns völlig hilflos“, sagt die 39-Jährige.

Problem ist bekannt

„Herr Weise sichert uns zwar die Schadenserstattung über seine Haftpflichtversicherung zu. Aber der Schaden ist nicht mehr bezifferbar“, so Frank Sauerteig. An die 15 000 Euro kämen sicher gut und gern zusammen. Ein Gutachter soll das jetzt klären. „Was jedoch ist, wenn noch mehr Monate ins Land gehen? Das Wasser rinnt ungeschützt in unsere Hauswand. Da braucht man ja nur mal hinzuschauen!“ Auch in der Stadt habe man vorgesprochen. Die könne aber nicht mehr tun, als den Bauherren auf die Unterlassungen hinweisen. Auch wenn man den Bauablauf mit Skepsis beobachte, heißt es.

Zumindest weiß Maik Weise ums Problem. Und auch, dass bei seinem Bauvorhaben an der Pulsnitzer nicht alles nach Plan lief. „Im Rahmen der Fördermittelbewilligung habe ich mich verpflichtet, den Rohbau - Fassade, Dach, Türen und Fenster - nun bis zum 30. September 2015 fertigzustellen“, sagt er. „Ich habe die Nachbarn aber nie im Regen stehenlassen, zumindest nicht mit Infos. Auch für mich ist der Bauverzug alles andere als angenehm. Mir wäre es lieber gewesen, ich hätte den Deckel drauf auf meinem Haus. Es gab in der Vergangenheit Widrigkeiten und unerwartete Dinge - so die Absage einer Baufirma - die ich nicht immer beeinflussen konnte. Hier ist keine Boshaftigkeit oder Arroganz im Spiel“, so der Bauherr. „Den September-Termin werde ich schaffen. Gegenwärtig wird von meinem Planer der Bauantrag gefertigt. Mit einer Genehmigung rechne ich im Frühjahr“, so Weise.

Olena Bulharu und Frank Sauerteig wird es bedingt freuen. „Wir finden den bisherigen Bauablauf undurchsichtig! Und solange der Schaden nicht beseitigt ist, brauchen wir keine Schritte bei der Schimmelbekämpfung unternehmen. Ich hoffe, dass unsere Mieter weiter Geduld haben!“