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Der Kaiser schaute auf den Kaiser

Auf dem Görlitzer Obermarkt wurde vor 130 Jahren ein über elf Meter hohes Reiter-Standbild mit großer Zeremonie enthüllt.

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© Repro: Sammlung Ralph Schermann

Görlitz. Nach dem Tod von Kaiser Wilhelm I. (1797 bis 1888) entstand auch in Görlitz der Wunsch, diesem Monarchen zu gedenken. Es wurde ein Ausschuss gebildet, doch lange Zeit konnte man sich zur Form der Ehrung nicht einigen. Schließlich entschied man sich für ein Reiterstandbild.

Für den zu diesem Zweck eingerichteten Denkmalfonds stellten die Landstände des preußischen Markgrafentums Oberlausitz 60000 Mark zur Verfügung, während die Stadt Görlitz 40000 Mark beisteuerte. Durch weitere freiwillige Beiträge erhöhte sich der Fonds bis 1892 auf 179259 Mark. Der Bildhauer Professor Johannes Pfuhl aus Charlottenburg wurde mit der Anfertigung beauftragt. Am 15. März 1893 erfolgte die Grundsteinlegung. Der Guss der 4500 Kilogramm schweren Reiterfigur sowie der beigestellten 682 und 628 Kilogramm schweren Bismarck- und Moltkefiguren wurde in den gräflichen Einsiedelschen Werken Lauchhammer in Bronze ausgeführt. Das 11,5 Meter hohe, von einem gusseisernen, geschmückten Gitter umschlossene Denkmal wurde am 18. Mai 1893 eingeweiht.

Zugegen war bei diesem Zeremoniell eigens Wilhelm II., der mit großem Pomp und unter dem Jubel der zahlreich erschienenen Görlitzer Bürger empfangen worden war. Das weit über Lebensgröße ausgeführte Standbild Kaiser Wilhelm I. in Generalsuniform befand sich auf einem sieben Meter hohen Sockel aus schlesischem Granit, dessen Nord- und Südseiten von den Figuren Bismarck und Moltke begrenzt wurden. Die Seitenflächen waren durch einen Fries mit Lorbeergehängen geschmückt. Die Rückseite schließlich zierten die Wappen der Oberlausitz und der Stadt Görlitz.

Da im Juni 1939 am Obermarkt umfangreiche Sanierungsarbeiten begannen, erfolgte bereits am 11. Mai eine Umsetzung des Kaiser-Wilhelm-Denkmals auf den Wilhelmsplatz, wofür dort wiederum das Denkmal des Grafen von Roon weichen musste. Neben anderen Görlitzer Denkmalen fielen auch diese beiden Kunstwerke letztlich der Rüstungsindustrie im Zweiten Weltkrieg zum Opfer. (ef/rs)