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Der Himmel über Pirna

An die 140 Flugzeuge sind pro Tag über der Sächsischen Schweiz unterwegs. Von ihnen fallen aber nur wenige auf.

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© dpa

Von Marie-Therese Greiner-Adam

Pirna. Schreiende Kinder, aufgescheuchte Tiere, wütende Anwohner - derartige Aufregung verursachten zwei Tiefflieger vor etwa zwei Monaten in der Sächsischen Schweiz. Die Militärflugzeuge, die im Juni über das Elbtal donnerten, verärgerten Urlauber und Anwohner. Die Nationalparkverordnung sieht zwar vor, dass Flugzeuge mindestens 600 Meter Abstand zum Park haben müssen, jedoch gilt diese Regel nicht für militärische Flugzeuge. Weniger als 200 Meter über dem Boden flogen die Piloten der beiden Eurofighter ihre Übungsrunden und machten dabei einen Heidenlärm.

Die Flugzeuge, die Stefan Jaekel von der Deutschen Flugsicherung auf dem Radar hat, halten sehr viel mehr Abstand zum Boden. Sie ziehen ihre Bahnen in einer Höhe von durchschnittlich zehn Kilometern und sind damit kaum bis gar nicht zu hören. In Metern rechnet man bei der Flugsicherung natürlich nicht, sondern in Fuß. Ein Meter entspricht ungefähr drei Fuß. Der normale Reiseverkehr findet also in einer Flughöhe von etwa 30 000 Fuß statt.

Damit man einen Eindruck bekommt, was am Himmel über Pirna los ist, hat sich Stefan Jaekel einen durchschnittlichen Wochentag herausgesucht und gezählt, wie viele Flugbewegungen es an diesem Tag gab. An einem normalen Wochentag sind es 85 bis 90, hat er herausgefunden. An einem flugstarken Tag wie dem 1. Juli, wenn alle in den Urlaub fliegen, kommen gar 110 Flugbewegungen über Pirna und Umland zusammen. Zu diesen gehören Flugzeugstarts, Landungen und Überflüge.

Die Deutsche Flugsicherung beobachtet natürlich nicht jedes Flugzeug. Nur angemeldete Flüge werden überwacht. Startet am Pirnaer Flugplatz ein Segelflieger einen Rundflug über die Sächsische Schweiz, bekommt Jaekel davon nichts mit. Wenn jedoch ein Airbus A 320 in Dresden über die Rollbahn heizt, wird das von der Flugsicherung begleitet.

Neben Flugzeugen, die auf den benachbarten Flughäfen Dresden, Leipzig und Prag starten oder landen, wird Pirna auch von Flugzeugen mit exotischen Reisezielen überflogen. Der Flug von Abu Dhabi nach Edinburgh führt beispielsweise über das Pirnaer Umland. Auch wer von Chicago nach Wien will, kommt an Pirna vorbei. Fliegt man von Moskau nach München, streift man Pirna ebenfalls.

Dabei gibt es drei Fluglinien, die über Pirna und in einem Umkreis von zehn Kilometern verlaufen. Man darf aber nicht glauben, dass sich die Piloten stur an solche Flugbahnen halten. Je nachdem, wie das Verkehrsaufkommen ist, können sie auch einmal eine Abkürzung nehmen oder Umwege fliegen. Kristina Kelek, die ebenfalls bei der Deutschen Flugsicherung arbeitet, erklärt das so: „Das ist doch einfach, so wie auf der Autobahn: Da gibt es ja auch die Piste, die Nebenstraße und dazwischen die Auf- und Abfahrten.“

Neben den mittelgroßen Passagierfliegern durchqueren auch Wuchtbrummen wie die Frachtmaschine Boeing 777 oder der Airbus A340 die Pirnaer Lüfte. Transportiert werden ganz verschiedene Güter und natürlich auch Post. Schreibt man seinen Bekannten in Asien einen Brief, kann es also sein, dass dieser noch einmal über einen hinwegfliegt, bevor er den Kontinent verlässt, weiß Stefan Jaekel. Mit der Boeing 777 ist auch das größte zweistrahlige - von zwei Düsentriebwerken angetriebene - Verkehrsflugzeug über Pirna unterwegs. Es fliegt bis zu 950 Kilometer pro Stunde und der größte Typus kann mit bis zu 350 Tonnen Gewicht in den Himmel starten. Ansonsten geht es im Flugraum über Pirna eher ruhig zu.Davon bekommt man aber am Boden - anders als bei den Kampfjets - nichts mit.