Merken

Der Herr der Tiere

Vor 25 Jahren starb Arnold Müller. Unter seiner Leitung wurde der Görlitzer Tierpark zu einem Schmuckstück.

Teilen
Folgen
© Helmut Vogt/Sammlung Ralph Schermann

Von Ralph Schermann

Görlitz. Arnold Müller muss mit dem Görlitzer Tierpark in einem Atemzug genannt werden. Denn er war es, der dieser so beliebten Einrichtung das Profil gab und einen zunächst kleinen Heimattiergarten zur international beachteten Einrichtung entwickelte. Der bei Magdeburg geborene Tiergärtner übernahm am 1. November 1960 die kulturelle Oase an der Zittauer Straße und schuf in den folgenden zehn Jahren einen Ort, den Zoo-Größen wie Bernhard Grzimek würdigten. Arnold Müller bemühte sich erfolgreich um die Gestaltung des einstigen „Parks der Werktätigen“ wie auch um einen regen Tieraustausch.

Die Monatsschrift „Görlitzer Kulturspiegel“ bereicherte Müller in den 60er Jahren regelmäßig mit Beiträgen.
Die Monatsschrift „Görlitzer Kulturspiegel“ bereicherte Müller in den 60er Jahren regelmäßig mit Beiträgen. © Helmut Vogt/Sammlung Ralph Schermann
1975 spielte Arnold Müller bei einem Görlitzer Filmdreh einen Bärenführer.
1975 spielte Arnold Müller bei einem Görlitzer Filmdreh einen Bärenführer. © Helmut Vogt/Sammlung Ralph Schermann

Der Tierpark selbst feiert 2017 seinen 60. Geburtstag. 1957 beschloss der Rat der Stadt, im Nationalen Aufbauwerk die Anlage zu schaffen. Gartenbaudirektor Henry Kraft nahm sich der Aufgabe an, maßgeblich unterstützt von Oberbürgermeister Bruno Gleißberg. Noch im selben Jahr begannen die ersten Helfer mit dem Bau eines Bärenzwingers, eines Ponystalls und eines Geheges für Wildschwein und Reh. In den Folgejahren kamen Freilandterrarien, Affenhaus, Planschbecken und ein Warmhaus dazu. 1960 war der Tierbestand bereits auf über 200 Exemplare angewachsen, unter ihnen als Attraktion sieben Rhesusaffen aus Indien. Die große Zahl von Tieren verschiedener Arten erforderte eine sachkundige Pflege und Betreuung. Aus diesem Grund holte die Stadtverwaltung Arnold Müller, der sich im Magdeburger Zoo und als Leiter des Stendaler Tiergartens einen Namen gemacht hatte, nach Görlitz. Müller war schon als Jugendlicher oft mit Jagdpächtern und Vogelberingern unterwegs und begann 1950 als Tierpfleger. Er erweiterte den Garten um sieben Hektar. Wölfe, Wisente, Raubkatzen hielten Einzug. Eine Zooschule bereicherte den Park, auf der Bühne wurden Feste eine Institution, und das Ausland zeigte Tauschinteresse. Seltenheiten wie ein Schweinsdachs oder Gürteltiere gelangten damit nach Görlitz. Der Zoo Wroclaw schenkte Pumas, ein begeisterter Besucher aus der BRD einen Grünen Leguan. Auch beachtliche Zuchterfolge stellten sich ein, so bei den Luchsen, Leoparden, Guanakos, Mantelpavianen, Wisenten und vielen anderen. „Arnold Müller konnte sich in vielen Fällen bei der künstlichen Aufzucht von Zootieren erfolgreich betätigen, wobei die Spanne von Uhu über Feldhase bis hin zu Mantelpavian, Leopard oder Asiatischen Goldkatzen reichte“, schrieb später sein Nachfolger, Dr. Axel Gebauer. Gemeinsam mit Ehefrau Ursula gelangen Tierparkleiter Müller unzählige Jungtieraufzuchten.

Mit der Kunstfigur „Mäcky Rhesus“ erlangte der Görlitzer Tierpark eine besondere Identität, monatlich berichtete „Mäcky“ in der Presse und galt auch als beliebtes Maskottchen für die zahlreichen Tierparkfeste. Der Besucheransturm war enorm, zeitweilig wurde ein zweiter Eingang an der Einmündung Ossietzky-/Wielandstraße eingerichtet. In Würdigung der Leistungen für diesen Aufbau wurde Arnold Müller 1972 zum Tierparkdirektor berufen. Kein Geringerer als der Nestor der ostdeutschen Tiergärtnerei, Professor Heinrich Dathe, gratulierte und lobte Müllers Einrichtung in höchsten Tönen.

Doch nicht nur Tierfreunde besuchen von Beginn an die Einrichtung, denn die schöne Parkanlage in der Südstadt mit naturnahen Hängen, Bachläufen und einem Teich ist sehenswert. Eltern und mittlerweile auch Großeltern erinnern sich, die Birken-Allee neben dem Ernst-Müller-Weg schon als Kind gern begangen zu haben.

1985 ging Arnold Müller in den Ruhestand, fand endlich Zeit für seine Enkel. Der wöchentliche Tierparkbesuch gehörte aber weiter dazu. Seine Freizeit verschrieb er dem Vogelschutz, baute und kontrollierte über Tausend (!) Nistkästen. Seine Kraft schien nicht versiegen zu wollen – auch deshalb kam die Nachricht von seinem Tod am 27. Februar 1992 unerwartet.

Nach der politischen Wende stand der fünf Hektar umfassende Tierpark Görlitz aufgrund veralteter Bausubstanz und auch nicht mehr zeitgemäßer Tierhaltung vor einer unsicheren Zukunft. Als neues Konzept wurde die Umgestaltung zu einem Naturschutz-Tierpark beschlossen. Dabei wurde der Schwerpunkt auf einheimische Tierarten gelegt, wobei zum Beispiel 1992 der Bauernhof mit Streichelgehege, ein Fischottergehege und eine Steinbockanlage geschaffen wurden. Mittlerweile liegen die Schwerpunkte der Tierhaltung bei europäischen und zentralasiatischen Wild- und Haustieren. In einem authentisch nachempfundenen tibetischen Dorf leben Haustiere dieser Region: Yaks, Kaschmirziegen, Schweine und Trampeltiere. Ein weiterer Schwerpunkt ist der Lebensraum Bambuswald mit seinen Roten Pandas.