Merken

Der Heinrich-Konsum wird lebendig

Ein Banner im Sportgeschäft Vetter erinnert an das Geschäft. Für viele Nieskyer ein interessanter Hingucker.

Teilen
Folgen
NEU!
© André Schulze

Von André Schulze

Zurzeit bleiben möglicherweise mehr Leute vor dem Sportartikelhandel von Andreas Vetter in Niesky stehen als sonst. Interessiert sehen sie ins Schaufenster an der Görlitzer Straße, wo hinter Turnschuhen ein Banner das ganze Fenster ausfüllt. Das zeigt alte Aufnahmen des Hauses in der Görlitzer Straße 17. Laden-Inhaber Andreas Vetter berichtet: „Hier war früher der alte Heinrich-Konsum, der war weit bekannt.“ Wegen der Fotos kämen die Leute nun in den Laden und erinnerten sich, wie es früher aussah und auch an die Verkäuferinnen von damals.

„Den Konsum gab es, seit das Haus besteht“, weiß Doris Heinrich. Ihr gehört das Gebäude und sie wohnt noch immer im Mittelgeschoss. Nach dem Krieg wurde das zerstörte Haus von der Familie Heinrich wieder aufgebaut, die aus Quitzdorf kam. Zuvor hatten sie schon ein Geschäft in Penzig. 1956 wurde das Geschäft in Niesky eröffnet, von Anfang an als Konsum, ab 1957 für die Kunden zum Selbstbedienen. „Es war immerhin der erste Selbstbedienungsladen Sachsens“, sagt die Hausbesitzerin. Das kennt Doris Heinrich noch von den Erzählungen. Sie ist 1962 aus Nieder Seifersdorf nach Niesky gekommen. „Wegen meinem Mann, der hat dann auch im Konsum gelernt.“

Sie selbst war nie im Geschäft ihrer Schwiegereltern beschäftigt. Zuerst kümmerte sie sich um die eigenen drei Kinder. In den 1970er Jahren arbeitete sie für neun Jahre in der Kinderkrippe des Waggonbaus. Später war sie noch 15 Jahre im Optikergeschäft Neuhäußer angestellt. Nach der Wende wurde auch das Dach ausgebaut und das Gebäude bekam Farbe. Doris Heinrich erinnert sich: „Früher habe ich immer gesagt: das graue Haus, die graue Maus.“

1992 ist „Sport-Vetter“ eingezogen. „So einen Mieter kriegt man nicht alle Tage“, lacht die rüstige Rentnerin. „Es ist ein freundschaftliches Verhältnis miteinander“, bestätigt Andreas Vetter. „Wir dekorieren unser Schaufenster ständig um“, sagt Vetter. „Vorher hatten wir im Winter ein Winterbild. Und dann kam Doris runter mit ihrer Idee ...“

„Der Punkt war die Aufforderung der Oberbürgermeisterin an die Privaten, ihre Häuser zu schmücken wegen dem Jubiläum“, sagt Doris Heinrich. „Da hab ich die Idee gehabt und zu Vetters gesagt, da müssen wir doch was machen. Und das haben sie dann verwirklicht.“

Sonst gibt sich die 78-jährige Frau bescheiden und will nicht im Mittelpunkt stehen, schon gar nicht auf dem Foto. „Ich fühle mich schon als Nieskyer“, begründet Doris Heinrich noch einmal. „Immerhin wohne ich seit 55 Jahren hier. Obwohl es lange gedauert hat, bis ich mich einheimisch gefühlt habe. Für mich war klar: Wenn Stadtjubiläum ist, muss man was machen.“

Da wurde in den alten Kisten gekramt und Doris Heinrich brachte die alten Bilder von vor der Wende hervor und Andreas Vetter von der Zeit danach, als er sein Geschäft eingerichtet hatte. Außerdem hätte das Schmücken und Dekorieren der Geschäfte auch eine Rolle unter den Teilnehmern des Händlerstammtisches gespielt.

Für Gesprächsstoff sorgt das Banner allemal. Auch bei den Passanten, denen es die Gelegenheit gibt, in Erinnerungen zu schwelgen. „Sogar meine Enkelin interessiert sich für die Geschichte und stellt mir viele Fragen“, sagt Doris Heinrich.