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Der Goldjunge

Der Großenhainer Jonas Hönicke ist mit dem SC DHfK Deutscher Handball-Meister. Mit der Freude geht Wehmut einher.

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© privat

Von Thomas Riemer

Großenhain. Wenn Sie gerade jemanden kennen, der keinen Namen hat, dann nennen Sie ihn einfach – Jan.“ Die Stimme des Moderators der „Leutzscher Welle“, einem kleinen Live-Radiosender in Leipzig, überschlägt sich förmlich an diesem Spätsamstagnachmittag. Gerade hat der Torwart der A-Jugend des SC DHfK Leipzig, Jan Guretzky, mit einer weiteren Großparade die gleichaltrigen Handballer des SC Magdeburg wieder einmal zum Verzweifeln gebracht. Es steht 14:9 für die Messestädter, die auch das Hinspiel in eigener Halle schon mit 35:31 gewonnen haben. Und es geht um nichts Geringeres als den Deutschen Meistertitel.

Für Hönickes aus Großenhain ist es ein Familienausflug. „Schuld“ ist der jüngste Spross. Jonas Hönicke ist Kapitän des SC DHfK und schickt sich an, gemeinsam mit seinem Team zum dritten Mal den Titel zu gewinnen. Ganz klar, dass Mutter Grit, Vater Tilo, Bruder Johannes und Schwester Josephin auf den Traversen die Daumen halten. Gemeinsam mit einigen hundert Fans aus Leipzig, die einen Höllenlärm veranstalten.

Darunter übrigens auch die Erstliga-Profis aus Leipzig um den frisch gekürten „Trainer des Jahres“ Christian Prokop. „Ich habe noch nie ein derart lautes Spiel erlebt, konnte mein eigenes Wort nicht mehr verstehen. Eine unglaubliche Stimmung“, so Jonas Hönicke nach dem Spiel. Mehr als 1 200 Zuschauer sahen das Finale in der Hermann-Gieseler-Halle. „Eine total faire tolle Gänsehautatmosphäre“, beschreibt Tilo Hönicke das Szenario.

Es ist kurz nach 18.30 Uhr, als die Anspannung einem wahren Jubelausbruch auf dem Parkett und den Zuschauerrängen weicht. Der SC DHfK hat die großen Magdeburger mit 28:24 bezwungen. Jonas Hönicke selbst steuert fünf Treffer bei und weiß auch, bei wem er sich gleich nach der Siegerehrung zuerst „Streicheleinheiten“ holt: Mutti Grit. „Mütter sind doch immer die wirklichen Seelen des Erfolgs“, sagt Tilo Hönicke. Tatsächlich hat seine Frau Grit nicht nur Jonas seit frühester Kindheit zum Training oder bei sportlichen Wettbewerben begleitet, bei Erfolg mitgejubelt, bei Niederlagen getröstet.

Bruder Johannes ist heute noch Handballer beim HC Großenhain, Schwester „Josi“ schaffte es bei den Großenhainer Inline-Skatern bis zu Edelmetall bei den Junioren-Europameisterschaften 2005 in Italien. Jonas begann als Fußballer des Großenhainer FV, bevor es ihn zum kleineren Ball und nach Leipzig verschlug. Über seine dritte Meisterschaft in Folge „freuen wir uns alle zusammen“, so Tilo Hönicke.

Doch die Freude sei zweigeteilt, gibt er zu. Ein bisschen Wehmut mischt mit in der Stunde des großen Jubels. Denn es war das letzte Spiel der Mannschaft in dieser Zusammensetzung. Ein Teil wechselt von der A-Jugend in den Männerbereich, wird künftig 1. oder 2. Bundesliga spielen. Auch Jonas Hönicke, der zum Dessau-Roßlauer SV in Liga Zwei wechselt, jedoch unter „strenger Beobachtung“ durch die Trainer des SC DHfK. In Leipzig wird er auch sein Abi machen und demnächst eine Wohnung beziehen.

Vorher gibt es aber noch ein gemeinsames Happy-End für alle Spieler, zu denen mit Tom Schulz übrigens ein weiterer Ex-Großenhainer gehört, der in den Finals allerdings nicht zum Stammaufgebot gehörte. Gemeinsam geht es für eine Woche nach Prag, um den Erfolg „sacken“ zu lassen. Nur kurz ist für die meisten danach der Urlaub. Am 1. Juli steht Jonas Hönicke schon wieder zum Auftakttraining auf dem Parkett. Als Neu-Dessauer mit Leipziger und Großenhainer Handball-Schule. Und wer weiß, ob nicht der Moderator der „Leutzscher Welle“ irgendwann wieder den legendären, von Reporter-Urgestein Heinz-Florian Oertel „gekupferten“ Spruch wieder herauskramen muss. Und dann möglicherweise der Name Jan durch Jonas ersetzt wird.