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Der glücklose Erfinder

Friedrich Gottlob Keller hat mit seiner Idee des Holzschliffs eine ganze Industrie revolutioniert. Anerkennung fand er zu Lebzeiten aber kaum.

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© Foto: Sammlung Steinmann

Von Heinz Gliniorz

Krippen. Mit hoher Wahrscheinlichkeit hatte der über die Grenzen von Sachsen bekannte Friedrich Gottlob Keller, Inhaber mehrerer Patente, in seiner „Mechanischen Werkstatt“ am Gebirgsbach in Krippen einige Interessenten für seine revolutionierende Erfindung des Holzschliffs gefunden. Mit ihnen führte er vorwiegend Gespräche über die Umsetzung seiner Arbeiten zur Holzstoffgewinnung in die Praxis und damit auch zur Abwendung der eigenen finanziellen Notlage. Keller arbeitete dabei nahezu Tag und Nacht, sodass seine Ehefrau Juliane Wilhelmine bereits davon sprach, dass ihr durchaus rüstiger Mann nur „… den Kopf mit Maschinen voll hat“. Das hatte aber keine Auswirkung auf seine weiteren Bemühungen zur Revolutionierung der Papierherstellung. Seine Gedanken dazu konnte Keller auf dem Weg in die Sandsteingewinnungsstätte seines Schwiegersohnes Carl August Wetzstein, wo auch Rundsteine für seinen Holzschliff hergestellt wurden, ordnen.

Dem Bruchbesitzer Wetzstein gehörten die Arbeitsorte mit den vom Amt zugeteilten Bruchnummern 346 in Kleinhennersdorf und Nummer 351 auf Papstdorfer Flur. Gemeinsam arbeiteten Keller und Wetzstein an einer „Neuerung zur Herstellung ebener Rotationsflächen an Steinen mittels darauf zu wälzenden Sprengscheiben“. Diese Erfindung reite sich in die zu dieser Zeit vom Patentamt unter Schutz gestellten acht Kellerschen Neuerungen würdevoll ein.

Herzensanliegen war aber die Holzschliffherstellung. Friedrich Gottlob Keller versuchte immer wieder, seine eigentliche geniale Holzschlifferfindung, auch anderweitig, wie man sagt, an den Mann zu bringen. Dabei scheute er auch nicht den Einstieg in den Bereich der Medizin.

Allerdings brachten dem rastlosen Erfinder Keller auch diese Patente keine finanziellen Ergebnisse, er konnte seine Schulden nicht mehr begleichen. So musste sich der nun 65-jährige Keller mit einem Ehrengeschenk des Vereins Deutscher Holzstofffabrikanten begnügen. Auch als Ehrenmitglied dieser Gesellschaft vergrößerte sich die finanzielle Not von Friedrich Gottlob Keller weiter.

Gewinn machen andere

Seine Partner haben es verstanden, den rastlosen Erfinder schrittweise aus dem „Rennen zu werfen“. Die finanziell starken und bereits in der Industrie groß gewordenen Unternehmer wie Heinrich Voelter und Friedrich Voith haben die von Friedrich Gottlob Keller wegen seiner wirtschaftlichen Zwangslage aus der Hand gegebene geniale Erfindung schrittweise weltweit und gewinnbringend umzusetzen.

Der Krippener Erfinder hatte seine Arbeit getan, Friedrich Gottlob Keller konnte im Zuge der technischen Entwicklung der 300 Holzschleifereien und beim Aufbau der 150 Papierfabriken in Sachsen nur noch beratend zur Seite stehen. Er wurde im Alter von 77 Jahren für seine Verdienste durch König Albert von Sachsen mit dem Ritterkreuz des Zivilordens ausgezeichnet. Friedrich Gottlob Keller, der mit seiner überragenden Erfindung das Tor zum papierenen Zeitalter weit aufgestoßen hat und damit auch der Verpackungsindustrie eine geniale Basis schaffte, ist am 8. September vor 120 Jahren in Krippen gestorben.

Gedenkstätten für Keller gibt es in seiner Geburtsstadt Hainichen und im Ort seiner ersten Arbeiten Kühnhaide. Im Ort Krippen selbst wurde in seiner Wirkungsstätte das „Keller-Museum“ eingerichtet und gegenüber befindet sich ein Aussichtspunkt mit der Bezeichnung „Keller-Felsen“.

Die Hauptverkehrsstraße in Krippen erhielt den Namen Friedrich-Gottlob-Keller-Straße und in ihrem Verlauf wurde noch eine ansehenswerte Gedenkstätte für den Pionier der Papierherstellung durch Holzschliff geschaffen.