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Der frühe Führerschein

Wer schon vor der Volljährigkeit Auto fahren will, muss Erwachsene als Begleiter dulden. Doch das Modell liegt im Trend.

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Von Lisa Marie Pigulla

Lächelnd sitzt Johanna Franke auf dem Platz, der im Auto bisher immer ihren Eltern vorbehalten war. Die junge Pirnaerin braucht zwar noch mindestens zwei Jahre, bis sie zu ihrem Schulabschluss kommt, kann aber bald Auto fahren, sollte sie die Fahrprüfung bestehen. Und das, obwohl sie erst 16 ist. Diese Methode, Fahren zu lernen, ist bereits eine ganze Weile üblich; bereits 2006 wurde ein Gesetz verabschiedet, das erlaubt, dass auch schon 17-Jährige in Begleitung eines Erwachsenen Auto fahren dürfen.

Bei Johanna werden das, wie bei vielen jugendlichen Autofahrern, die Eltern sein. Sie werden in die Prüfungsbescheinigung, den vorläufigen Führerschein, als Begleiter eingetragen. Auch sie müssen einen Führerschein haben und das schon mindestens fünf Jahre. Personen unter 30 Jahren werden nicht als Begleiter akzeptiert. Für diesen gilt die übliche 0,5-Promille-Alkoholgrenze. Pünktlich zum 18. Geburtstag kann sich Johanna dann ihren Kartenführerschein abholen und ohne Begleitung fahren.

Das Modell ist beliebt geworden: Jährlich wird ungefähr ein Zehntel aller Führerscheine im Landkreis an einen noch nicht volljährigen Jugendlichen vergeben. In der Fahrschule Heinitz, in der Johanna das Fahren beigebracht bekommt, möchte zurzeit jeder dritte Fahrschüler die Möglichkeit des „BF17“, wie das Programm kurz genannt wird, wahrnehmen. Die Gründe der Jugendlichen liegen auf der Hand: Vor allem Gymnasiasten wollen vermeiden, dass Fahrprüfung und der Prüfungsstress in der Oberstufe zeitgleich zu meistern sind. Außerdem ist man mit dem Auto auch unabhängig von öffentlichen Verkehrsmitteln unterwegs. Gerade in ländlichen Gegenden ist man nicht so mobil, wenn man keinen Führerschein hat.

Fahrlehrer setzen auf junge Schüler

Viele von Johannas Freunden sind auch schon in einer Fahrschule angemeldet. Die Eltern sind dabei meist kein Hindernis: „Sie fanden es gut, als ich sagte, dass ich Fahrschule machen will“, sagt die Schülerin. Doch nicht nur die Schüler, sondern auch die Fahrlehrer sind begeistert von dieser Idee. Johannas Fahrlehrer Thomas Heinitz bezeichnet sich sogar als Fan: „Je früher, desto besser“ ist sein Motto bei der Fahrausbildung. Er meint, dass jüngere Fahrschüler noch besser beeinflussbar sind als ältere. „In diesem Jahr können die Schüler die Praxis vermittelt bekommen, die sie in der Fahrschule nur bedingt lernen können“, sagt er. Nach einem Jahr Fahren mit Begleitung fühlen sich Fahranfänger sicherer und routinierter im Straßenverkehr, als wenn sie sofort allein losfahren würden.

Es geht auch ohne Eltern

Dennoch ist im Voraus kein Engagement der Eltern notwendig. Thomas Heinitz geht noch einen Schritt weiter: „Manchmal verderben die Eltern durch fehlendes theoretisches Wissen die Fahrschüler sogar.“ Trotzdem kann es förderlich sein, wenn während der Ausbildung bestimmte Dinge geübt würden; natürlich nur, solange sie abgesprochen sind.

Der Lehrer glaubt auch, dass das Unfallrisiko durch den Begleiter langfristig gesenkt wird. Manchmal könnte ein Erwachsener die Verkehrssituation einfach besser einschätzen als jemand, der erst vor wenigen Monaten die Prüfung bestanden hat.

Das bestätigen auch die Zahlen: Beim begleiteten Fahren passieren kaum Unfälle und auch später verursachen diejenigen Jugendlichen weniger Unfälle, die vorher eine gewisse Zeit mit Begleiter gefahren sind. Das passt natürlich gar nicht in das Klischee, in dem Jugendliche gefühlt in jeden zweiten Unfall verwickelt sind. Doch bei leicht sinkenden Unfallzahlen wird der Anteil der jugendlichen Hauptverursacher immer geringer, sagen aktuelle Statistiken.

Bei der Prüfung werden jedoch keine Unterschiede gemacht, wann jemand das Fahren gelernt hat. „Um den Führerschein zu bekommen, muss man eben gut fahren können, egal wie alt man ist“, sagt der Lehrer. Die Prüfung kommt auf Johanna noch zu. Sie übt erst einmal weiter mit professioneller Hilfe, bevor dann hoffentlich bald nur noch ihre Eltern mitfahren müssen.