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Der fröhliche Narr ist auch mal traurig

Volkmar Sowinsky musste private Schicksalsschläge verkraften. Ihm half auch der Fasching.

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© Steffen Unger

Von Carolin Menz

Demitz-Thumitz. Unter dem ehrwürdigen Präsidentensacko mit seinen vielen Orden schlägt ein Herz für den Fasching. Fasching ist für Volkmar Sowinsky nicht nur, wenn er in seine Montur schlüpft und die Kappe trägt, die ihn noch größer macht. Fasching ist das ganze Jahr. In guten und in schweren Zeiten. Seit 1978 ist er der oberste Chef des Demitzer Karnevalsvereins und feiert mit all den Faschingsverrückten jetzt 60 Jahre Karneval am Schwarzwasser. Aus einer Bierlaune dreier Herren heraus feierten die Demitzer ab 1956 Fasching im Gasthof Kmoch und riefen fortan „Schwarzwasser ahoi“. Organisiert war die Truppe damals noch nicht, erst ab 1972 wurden die Karnevalisten zunächst im Dorfclub und später im Jugendclub integriert. So ergab es sich, dass Volkmar Sowinsky, von Hause ein humorvoller Charakter, als damaliger Jugendclubleiter bei den Karnevalisten mitmischte. Ein Jahr später gehörte er der Garde an.

Volkmar Sowinsky, gelernter Landmaschinenschlosser bei Fortschritt und viele Jahre lang Schlagzeuger in einer Band, war immer schon einer, der bestens organisieren und Leute für neue Ideen begeistern konnte – im Fasching und im Beruf. In den 1970er-Jahren bildete er sich als Clubleiter weiter und arbeitete ab 1985 im Kreiskabinett für Kulturarbeit beim Rat des Kreises Bischofswerda und absolvierte dabei ein Studium an der Fachschule für Clubleiter in Meißen. Er leitete „fachlich und methodisch“ die Ehrenamtlichen an, die sich in den Dorf-, Jugend- oder Karnevalsclubs engagierten. Wenn es galt Veranstaltungen zu planen, war Volkmar Sowinsky Ansprechpartner. Er war es gern unbürokratisch. Heute ist das nicht anders.

Sketche treffen ins Schwarze

Als Privatmann und Narrenpräsident eckte er auch an im sozialistischen System. Wie alle Narrenkollegen, die er über seinen Beruf kannte. „Natürlich saßen immer Stasi-Leute in all unseren Programmen. Immerhin waren es früher 18“, sagt Volkmar Sowinsky. Es kam jede Saison, wie es kommen musste: Hatten die Karnevalisten nach Auffassung der Oberen das System allzu sehr aufs Korn genommen und bloßgestellt, tanzte der Präsident zum Gespräch an. „Manche Programmteile sollten wir dann streichen“, so Sowinsky. Doch weil er wusste, dass die Leute gerade deshalb kamen und lachten, sorgte er dafür, dass die Witze meist dennoch ausgesprochen wurden. Wenn auch abgeschwächt. Überhaupt das Publikum: Es liebt die Demitzer Karnevalisten bis heute. Weil die Stimmung super ist und Programme immer professioneller, Kostüme und Requisiten immer ausgefallener und Tänze aufwendiger werden. Und Sketche immer ins Schwarze treffen. Zu DDR-Zeiten feierten jährlich insgesamt gut 5 500 Gäste mit den Demitzer Narren.

Bewegende Momente

Mit der Wende kam alles anders. Für die Demitzer Narren und für den Mensch Volkmar Sowinsky. Seit Anfang der 1990er Jahre arbeitete er als künstlerischer Leiter im Schiebocker Kulturhaus, ab 2002 und bis zum Verkauf 2006 war er Geschäftsführer dort. Heute ist der 61-Jährige im Schulamt im Landratsamt Bautzen tätig, kümmert sich um die Möblierung von Klassenzimmern und managt Umbau und Umzüge von Schulen. Nach der Wende gründeten die Narren den Karnevalsclub Demitz eV. Ihm gehören Elferrat, Garde, Tanzmädchen und die Närrischen Weiber an. Gut 30 Mitglieder teilen sich in fünf Arbeitsgruppen für Programm, Dekoration, Büttenreden, Männerballett und Tanz auf. Nach einer großen Jubiläumsparty als Dankeschön für Helfer, Sponsoren und treue Fans in Demitz gibt es zehn Veranstaltungen im Medewitzer Landgasthof Buckan. „Die Leute mögen es beim Karneval eher eng und gemütlich, dann kommt richtig Stimmung auf.“ In der Jubiläumssaison blicken die Narren zurück auf ihre bewegten letzten 60 Jahre und die schönsten Momente. Das Motto – verraten wird es am 11.11. – lehnt sich daran an. Der Demitzer Volkmar Sowinsky ist stolz auf seine Truppe, die eine Menge Freizeit investiert, mit ihm gemeinsam Menschen wenigstens für einige Stunden glücklich zu machen. Er blickt vorm Jubiläum auch persönlich auf seine Jahre mit dem Karneval zurück.

Er half, schwierige Zeiten und traurige Schicksalsschläge zu verkraften. Wenn der Präsident der Narren davon erzählt, treten ihm Tränen in die Augen. Zum Lachen war im freilich nicht immer zumute. Und doch machte er weiter. „Eigentlich wollte ich 1978 als damaliger Prinz aufhören mit Fasching. Es kam anders.“