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Der Frauenschläger

Der Angeklagte will seine Noch-Ehefrau nicht geschlagen haben. Doch woher stammen deren Verletzungen?

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Von Jürgen Müller

Nein, er schlägt doch keine Frau. Ja, es habe Streit gegeben, aber nur verbal, sagt der 32-jährige Angeklagte aus Radebeul. Doch die Staatsanwaltschaft wirft ihm gefährliche Körperverletzung vor. Der Mann soll im Mai vorigen Jahres abends in der ehelichen Wohnung seine Frau gegen die Tür und dann auf das Sofa gestoßen und aus eineinhalb Metern Entfernung eine halbvolle Flasche nach ihr geworfen haben. Ein zweiter Flaschenwurf habe die Frau verfehlt. Außerdem habe der Mann mit einem schweren Kerzenständer und einer Bhuddafigur ausgeholt, aber nicht zugeschlagen.

Das alles könne gar nicht sein, sagt der Verteidiger, denn sein Mandant habe seit einem Tag vor der Tat mit seiner Frau überhaupt keinen Kontakt mehr gehabt. Damals habe er sie zum letzten Mal gesehen. Da sei sie mit der gemeinsamen Tochter in den Garten gegangen. „Als ich nach Hause kam, war niemand da. Auf eine SMS, in der ich ihr schrieb, dass sie nach Hause kommen soll, weil die Tochter ins Bett muss, hat sie nicht reagiert“, sagt der Radebeuler. Am Tattag sei er mittags zu Bekannten gefahren, habe sich Wohnungen angesehen. Denn die Ehe war damals schon zerrüttet, er habe ausziehen wollen. Seine Frau habe sich schon im März von ihm trennen wollen.

Obwohl er erst nach 13 Tagen eine SMS von ihr bekam, hat er sich keine Gedanken gemacht, wo Frau und Tochter abgeblieben sind. „Die beiden hätten ja auch tot sein können“, sagt der Richter. Der Angeklagte zuckt mit den Schultern. Er habe gedacht, sie sei bei ihren Eltern. Dort sei er nicht hingefahren, denn auch mit denen sei er zerstritten.

Bei der Polizei hatte die Frau ausgesagt, dass es auch vor der Tat schon mehrfach Übergriffe ihres Mannes gegeben habe. Auch das streitet der Angeklagte, der wegen Körperverletzung vorbestraft ist, ab. Sie hätten sich nur gestritten, geschlagen habe er nie.

Dem Gericht liegt allerdings ein Attest über die Verletzungen der Frau vor. Woher die denn stammten, will der Richter wissen. Auch dafür hat der Angeklagte eine Erklärung. Sie arbeite in einer Großküche, ziehe sich dabei hin und wieder blaue Flecken zu. Aber ein Hämatom am Unterkiefer?

Der Richter möchte darauf verzichten, die Frau als Zeugin zu vernehmen. Sie hat ohnehin ein Aussageverweigerungsrecht, ist aber auch völlig verstört. Vor Gericht ist sie in Begleitung einer Mitarbeiterin der Kriseninterventionshilfe erschienen. Der Richter lässt sie in einem separaten Raum warten, damit sie nicht mit ihrem Noch-Mann zusammentrifft.

Das Gericht bietet dem Angeklagten an, bei einem Geständnis eine Geldstrafe von nicht mehr als 90 Tagessätzen zu verhängen. Nach längerer Beratung mit seinem Anwalt legt der Radebeuler tatsächlich ein Geständnis ab. Er sei bei Bekannten gewesen, danach habe es die Auseinandersetzung mit seiner Frau gegeben. Dennoch ist das Geständnis halbherzig. Er wolle weiter Umgang mit seiner Tochter, begründet er es. Wie abgesprochen wird er zu einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen zu je 20 Euro verurteilt.