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Der Förderer der Formel-1-Fahrer

Peter Mückes Karriere beginnt in den 1960er-Jahren in Dresden. Heute führt er das bedeutendste deutsche Privatteam.

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© imago/hochzwei

Von Maik Schwert

Bei ihm geschehen die Dinge einfach so. Zumindest klingt das so, wenn er darüber redet, beispielsweise von seinen Anfängen. „Mein Vater war Landestrainer für Motorsport und ich schon als kleiner Junge an der Rennstrecke“, sagt Peter Mücke und erinnert sich, „wie ich an der Bernauer Schleife im Fahrerlager mit meinen Modellautos gespielt habe“. In den 1960er-Jahren beginnt er als Mechaniker beim MC Lockwitzgrund in Dresden seine Karriere. 1970 schraubt der Berliner am Rennsportwagen Melkus RS 1 000.

Die Rennfahrerfamilie Mücke 1990: Eva, Stefan und Peter.
Die Rennfahrerfamilie Mücke 1990: Eva, Stefan und Peter. © imago/Camera 4

„Dann hat unser Fahrer aufgehört.“ Er nutzt die Chance und sitzt eine Saison später am Lenkrad des Wartburgs, dem DDR-Tourenwagen. 1976 wechselt der heute 70-Jährige ans Steuer eines Zastava. „Damit waren wir der Hecht im Karpfenteich. Jugoslawien war nicht der Partner unseres Landes.“ Damit kann er als Privatfahrer aber auch die technisch besser unterstützten Werksfahrer besiegen. Mücke gewinnt viermal die Meisterschaft auf der Rundstrecke und damit alles, was er in seiner Heimat erreichen kann.

International sieht das anders aus, etwa im Rennen um den Pokal für Frieden und Freundschaft. Da rasen die Gegner in Profimannschaften mit Lada, Polski Fiat und Skoda. „Sie hatten als Werksrennställe ein enormes Budget und andere Möglichkeiten als wir. Dafür haben wir intensiver gearbeitet, auch mal zwei oder drei Nächte durchgemacht. Das ging nur, weil wir eine verschworene Gemeinschaft waren“, erzählt Mücke, damals Konstrukteur, Mechaniker, Pilot und Teamchef in einer Person.

Dennoch wechselt er 1982 zum Autocross, weil ihn der „technische Stress und die vielen Verbote“ nervten. Im Gelände darf Mücke sich austoben. „Da war alles freigestellt. Wir konnten Allradsysteme und Rahmen bauen, den Motor verändern. Jedes Teil war von uns. Das war eine echte Herausforderung. Es gab abenteuerliche Wege, um etwas zu beschaffen oder zu erfinden.“ So etwas liebt Mücke. Er setzt in seinen Buggy zwei Motorrad-Motoren ein und holt nach sieben DDR-Meisterschaften in den 1990er-Jahren noch drei EM-Titel. Stress hat der Kraftfahrzeugmeister vor allem außerhalb der Rennstrecken. Es geht um die wirtschaftliche Existenz. Mücke baut ein Autohaus und eine Motorrad-Filiale auf. „Dabei hatte ich den Vorteil, dass ich durch den Motorsport die Möglichkeiten in Ost wie West kannte und immer gewöhnt war zu kämpfen, ein Team zusammenzustellen und meine Leute zu motivieren.“

Außerdem tourt Mücke mit seinen Youngtimern durchs Land, nimmt seinen Sohn Stefan mit und lässt auch ihn fahren – im Kart. „Das entwickelte sich dann. Ich wollte fahren und er auch. Also habe ich noch ein Kart gekauft und ihm gesagt: ,Da kannst du viel später bremsen und die Kurve dort hinten schneller fahren.‘ Das hätte ich nicht machen sollen“, sagt Peter Mücke. Denn am Abend erzählt ihm der Junior in der Badewanne, „dass er jetzt auch Rennen fahren will“.

Ein blasser Teenager namens Vettel

Irgendwann gewinnt Stefan Mücke – erst im Kart, dann den deutschen Ausscheid für die Formel ADAC, schließlich die Europaqualifikation. Aus der Nummer kommt Peter Mücke nicht mehr raus. 1998 gründen beide eine eigene Mannschaft, kaufen von der 50 000-Euro-Prämie ein gebrauchtes Auto. Damit gewinnt Stefan Mücke in der Formel BMW mit 16 Saisonsiegen. „Durch den Erfolg standen im nächsten Jahr etliche Piloten da und wollten bei uns fahren“, sagt Peter Mücke – allesamt spätere Formel-1-Fahrer wie Sebastien Buemi, Christian Klien, Robert Kubica, Pascal Wehrlein und Markus Winkelhock.

2004 gehört auch ein blasser Teenager namens Sebastian Vettel dazu. Er gewinnt in der Formel BMW 18 von 20 Rennen und stellt eine Bestmarke auf. Mücke nennt ihn ein Musterbeispiel: „Seb ist sechs Uhr aufgestanden, 30 Minuten gejoggt, hat Kopf und Kreislauf auf Touren gebracht. Dann stand er vor der Tür. Das musste ich ihm nicht sagen. Seb hat es von sich aus getan. Das macht den Unterschied aus.“ Bei Vettel passt laut Mücke alles zusammen: der Charakter, das Talent, der Typ. „Unter 50 Piloten gibt es einen echten Racer. Er geht mental anders, ehrlicher an die Sache ran als der Rest“, sagt der Chef des größten deutschen Privatrennstalls.

Mücke kennt auch das Gegenbeispiel: Sergio Perez. Ihn bezeichnet er als unprofessionell. „Ich hatte selten so einen Schlamper. Er schrottete nach einer Feier besoffen mein Leihauto. Seine Berliner Wohnung sah aus wie ein Schlachtfeld.“ Ein Grund seien die Finanzen. Perez steht dank seines mexikanischen Sponsors „Geld ohne Ende“ zur Verfügung. „Sergio musste über nichts nachdenken, wusste, dass es weitergeht. Nur mit seinem Talent wäre er nie oben angekommen.“

Mit oben meint Peter Mücke die Formel 1. Er bildet Fahrer dafür aus, auch wenn nicht alle Talent oder Geld dafür besitzen. Sein Sohn kann den Schritt nicht gehen. Er schafft es bis in die DTM. In der Serie fahren auch Stars wie David Coulthard und Ralf Schumacher für Peter Mücke. Bis zu 65 Angestellte beschäftigt er jetzt. Ein Wiedersehen gibt es am Wochenende auf dem Lausitzring beim Motorsportfestival mit der DTM und dem ADAC GT Masters.