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Der Fachmann

Mit Frank Haubitz wechselt ein Schulleiter an die Spitze des Kultusministeriums, der die Politik seit Langem kritisiert.

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© Ronald Bonß

Von Andrea Schawe

Der Abschied vom Amt fällt ihm sichtlich schwer. Seit 27 Jahren leitet Frank Haubitz das Gymnasium Dresden-Klotzsche. Er habe die Verabschiedung von seinen Kollegen und Schülern noch vor sich, sagt er mit brüchiger Stimme. Tränen steigen ihm in die Augen. „Das wird wehtun.“ Haubitz, 59, groß, kräftige Statur, grau-melierter Kurzhaarschnitt, kann auch emotional werden.

Seit 34 Jahren unterrichtet der Diplomlehrer Mathematik und Geografie. Wenn der Sportlehrer wie an diesem Donnerstag ausfällt, vertritt er auch „schnell noch“ drei Stunden Sport. Zu seiner Vorstellung als neuer sächsischer Kultusminister in der Fraktionssitzung der CDU erscheint er dann auch in Jeans und Turnschuhen. Zeit für die Äußerlichkeiten im politischen Geschäft hat er nicht. „Ich muss zurück in die Schule“, sagt er. „Ich bin Schulleiter und hätte meine Schüler ein bisschen durcheinandergebracht, wenn ich im Anzug in die Schule gekommen wäre.“

Haubitz hat seine gesamte Karriere in der Schule verbracht. Von 1976 bis 1979 studierte er an der Pädagogischen Hochschule in Dresden, 1983 fing er an der 105. Polytechnischen Oberschule in Dresden an zu unterrichten. Mit 32 Jahren übernahm er die Leitung und verwirklichte seine Vision einer Ganztagsschule. Seine Frau und seine Tochter sind ebenfalls als Lehrer tätig. Trotzdem hat er nur „zwei Sekunden“ gebraucht, um für den Posten des sächsischen Kultusministers zuzusagen. Ministerpräsident Stanislaw Tillich habe ihn einen Tag vor dem Rücktritt von Brunhild Kurth (beide CDU) Ende September angerufen. „Ich möchte etwas bewegen“, sagt Frank Haubitz.

„Ich mache das für die Schüler“

Die Schüler stehen für den gebürtigen Dresdner im Mittelpunkt. Schon 1994 protestierte er gegen die Ausgabepraxis des Dresdner Schulverwaltungsamtes. Das hatte teure Personenwaagen für die Arztzimmer in den Schulen gekauft, anstatt neue Stühle, Tische oder einen Computer. Er kämpfte dafür, dass seine Schüler sicher – und pünktlich – mit Bus und Bahn in der Schule ankommen. Auch das Amt des Kultusministers will er in ihren Dienst stellen. „Ich mache das für die Schüler“, sagt er. „Und für ihre Kinder und ihre Enkelkinder. Wir haben nur diesen Rohstoff.“

Haubitz gilt als jemand, der immer klare Worte findet. Um den Brei herumreden – mit Rücksicht auf Befindlichkeiten – ist nicht sein Fall. „Ich bin nicht Mitglied in einer Partei“, sagt er. Er habe auch nicht die Absicht, das zu ändern. „Ich bin Fachmann.“ Er unterstütze die Schulpolitik der CDU und stehe für das zweigliedrige Schulsystem. Längeres gemeinsames Lernen hält er für ein „Schulhausbauprogramm“. „Wir brauchen Ruhe im System“, sagt der Dresdner. Dann könne man inhaltlich gestalten.

Bekannt wurde Haubitz vor allem in seiner Tätigkeit als Landesvorsitzender des Philologenverbandes Sachsen. Seit 1998 leitete er den Berufsverband für Gymnasiallehrer und führte in dieser Funktion bildungspolitische Debatten. Er forderte flexible Altersübergangsregelungen, feste Vertretungsreserven an den Schulen und höchstens 22 Schüler in Klassen mit Integrationskindern.

Er zweifelt am Einsatz von Seiteneinsteigern und befürwortet eine Verbeamtung der Lehrer. Zuletzt sah er den hohen Anspruch des sächsischen Abiturs in Gefahr. Lehrer müssten auch von unnötiger Bürokratie entlastet werden. Immer wieder prangerte er die fehlende Wertschätzung der Lehrer in Sachsen an. Mit denen, die im System Schule sind, müsse fairer verfahren werden, so Haubitz. Schon vor fünf Jahren warnte er vor Lehrermangel und massivem Unterrichtsausfall – Themen, für die er nun als Verantwortlicher Lösungen finden muss.

Den Lehrerberuf attraktiver machen

Er will den Lehrern mehr Freiräume geben. Man müsse sie vom „Gängeln“ entlasten, sagte er. Die Lehrer sollen sich an ihren Schulen mehr einbringen können. Der Begriff „eigenverantwortliche Schule“ dürfe keine Worthülse sein. „Wir müssen den Lehrerberuf wieder attraktiver machen.“ Das fange bei den Grundschullehrern an. Sie bräuchten sehr gute Arbeitsbedingungen, weil sie den Grundstein legen. Er wolle seine Lehrer „wieder einfangen“, sagt Haubitz. Er möchte der sein, der die Lehrer versteht. „Dann sind sie wieder motiviert“, hofft er, „dann gehen vielleicht weniger Kollegen mit 63 Jahren in Rente.“