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Der erste Block fällt in zwei Jahren

Im Plattenbaugebiet Nordring in Ostritz wird es ernst mit dem Rückbau. Dagegen gibt es kaum Widerstand.

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© Matthias Weber

Von Jan Lange

Nur in wenigen Fenstern hängen Gardinen. Fast wie ausgestorben wirken einzelne Eingänge der Plattenbauten am Nordring in Ostritz. So sind in der Hausnummer 15 von insgesamt acht Wohnungen gerade noch zwei bewohnt. Auch in den beiden folgenden Aufgängen sieht es kaum besser aus: Von zwölf Wohnungen in der Nummer 16 sind die Hälfte vermietet, nebenan sind es sogar nur fünf von zwölf Wohnungen.

Die meisten ziehen in den Nachbarblock um.
Die meisten ziehen in den Nachbarblock um. © Matthias Weber

Der Leerstand sei in den vergangenen Monaten weiter gestiegen, sagt Marion Prange, Geschäftsführerin der Bauen & Wohnen GmbH. Inzwischen liege er bei rund 29 Prozent. Vor acht Jahren, 2009, war die Leerstandsquote noch zehn Punkte niedriger. Die städtische Gesellschaft habe deshalb jetzt vor der Entscheidung gestanden, die Ostritzer Plattenbauten zu sanieren oder zurückzubauen. Da es keinen Bedarf mehr gebe, macht die Bauen & Wohnen nun mit dem Rückbau Ernst. In den nächsten Monaten sollen die Nummern 15, 16 und 17 leergezogen werden, kündigt Frau Prange, die gleichzeitig auch Bürgermeisterin der Stadt Ostritz ist, an.

Mit allen Mietern sei bereits gesprochen worden. Ihnen wurden Ersatzwohnungen angeboten, die sich teilweise in der Innenstadt und teilweise in anderen Nordring-Blöcken befinden. Laut Frau Prange habe es vonseiten der Bewohner keine Widerstände gegeben. In anderen Städten sind Abrisse gescheitert, weil Mieter sich weigerten, auszuziehen. Für die Ostritzer ist das Thema Rückbau aber nicht neu. Schon 2009 sprach der damalige Geschäftsführer der Bauen & Wohnen GmbH, Hans Bungenstab, von einem Abriss am Stadtrand, also im Wohngebiet Nordring. Deshalb waren sich die Bewohner bewusst, dass für ihren Block irgendwann der Abriss kommt.

Die Stadt hat aber den Rückbau aus finanziellen Gründen immer wieder nach hinten verschoben. Und auch jetzt wird nicht gleich morgen abgerissen. Marion Prange geht davon aus, dass der erste Block wohl erst 2019 fallen wird. Denn das Vorhaben wird von der Stadtgesellschaft wie auch von der Stadt mitfinanziert. Und die Stadt müsse dafür die entsprechenden Gelder im Haushalt einstellen. Bisher war bei der Vorstellung des Doppelhaushaltes für 2017 und 2018 von Ausgaben für den Wohnungsrückbau keine Rede.

Dennoch werden die Bewohner schon jetzt in andere Objekte umziehen. Die ersten fünf Wohnungen sind bereits vergeben. Sie wurden kurzfristig renoviert, sodass die Mieter dort in den nächsten Wochen einziehen können. Weitere Besichtigungen stehen in den kommenden Tagen auf dem Programm. Die Bauen & Wohnen habe keine Zeitnot und lasse den Mietern die Möglichkeit, sich in Ruhe eine neue Bleibe auszusuchen, betont die Geschäftsführerin. Ob sie im Sommer oder erst 2018 umziehen, entscheiden die Bewohner.

Der Großteil der Mieter wolle nach Aussage von Frau Prange im Nordring bleiben – unter anderem wegen der Einkaufsmöglichkeiten, die sich gleich um die Ecke befinden, oder der vertrauten Umgebung.

Von dem parallel zur Bundesstraße 99 stehendem Block wird aber nur die Hälfte abgerissen. Was mit der anderen Hälfte mit ihren ebenfalls drei Treppenaufgängen geschieht, sei derzeit noch offen. Langfristig müsse aber auch hier über einen Rückbau nachgedacht werden. Denn es gebe, so erklärt Frau Prange, kaum noch Zuzüge im Nordring. Junge Familien suchen heute eher nach eigenen Häusern oder Wohnungen mit Garten und Balkon. Derartige Wohnungen gebe es im Nordring nicht.

Auch sind inzwischen wieder größere Wohnungen gefragt, während eine ganze Zeit nur kleinere Einheiten interessant waren. Das spürt die städtische Gesellschaft gerade in der Walter-Rathenau-Straße. Hier sind lauter Zwei-Raum-Wohnungen vorhanden, für die sich keine Mieter finden. Die Bauen & Wohnen denkt deshalb darüber nach, sie zu Vier-Raum-Wohnungen umzugestalten und vielleicht auch Balkone anzubauen. „Ich persönlich finde es eine gute Wohngegend“, sagt Frau Prange. Dies sollen die Mieter bald auch wieder vom Nordring behaupten. Die Freifläche, die nach dem Abriss des Wohnblocks entsteht, soll als Grünfläche aufgewertet werden. Außerdem soll der quer zur Bundesstraße stehende Block mit den Hausnummern 21 bis 23 mal saniert werden.

Auf jeden Fall werde es auch künftig preiswerten Wohnraum in Ostritz geben, versichert Frau Prange. In der Ostritzer Innenstadt liegt die Grundmiete teilweise bei sechs Euro pro Quadratmeter, im Nordring bei vier Euro.