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Der Erfinder des Nackenkissens

Der Saalbacher Berndt Gückel will mit einem Kissen das Autofahren bequemer machen. Ob seine Erfindung etwas taugt, testen Polizisten.

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© André Braun

Von Peggy Zill

Dass es noch eine patentwürdige Erfindung für den Autoinnenraum gibt, hat Berndt Gückel anfangs niemand geglaubt. Und doch hat es sein kleines Kissen, das die Lücke zwischen Lehne und Kopfstütze schließt, geschafft. „Lordkiss“ soll nicht etwa das Knutschen im Autokino bequemer machen. Es ist die Abkürzung für Nackenlordosekissen, das den Nacken beim Autofahren stützt. 2008 hat Berndt Gückel den ersten Prototyp aus Schaumstoff mit dem elektrischen Fleischermesser in seinem Arbeitszimmer zurechtgesägt. Bis zum Patent und zur Marktreife war es ein weiter Weg.

Als 16-Jähriger ging er zur See, fuhr bis 1990 als Matrose und nautischer Offizier auf Handelsschiffen des DDR-Staatsbetriebes „Deutsche Seereederei Rostock“. Seitdem ist er auch Inhaber des Kapitänpatents und trägt einen den Titel Dipl.-Ing. Falls die Seetauglichkeit mal verloren geht, habe man so wenigstens noch Alternativen gehabt, erzählt der Saalbacher. Seit der Wende arbeitet er im Außendienst eines Pharmaunternehmens. Zwischendurch wagte er einen Ausflug ins Schriftstellerdasein. In „Seemanns Braut – Geschichten von Liebe und Seefahrt“ erzählt er in Hunderten Kurzgeschichten vom Leben auf See, durfte die sogar auf der Buchmesse vorstellen. Heute verschwendet er lieber nicht mehr viel Zeit mit diesem Thema. „Lordkiss“ ist zum neuen Hobby geworden.

20 Testfahrer, eine Million Kilometer

Die Idee dazu kam ihm als Außendienstmitarbeiter, der jährlich rund 50.000 Kilometer fuhr und auf der Suche nach Entlastung war. Er hat alle Nackenröllchen und Hörnchen probiert, die es auf dem Markt gab. „Das war alles nicht zu gebrauchen“, sagt Gückel. Also überlegte er, wie es besser geht, meldete zunächst das Patent an und musste dann einige Jahre warten, bis seine Erfindung geschützt war. Es folgten weitere vier Jahre intensiver Entwicklung und Erprobung mit 20 Testfahrern, die mehr als eine Million Kilometer im Auto saßen. Familienmitglieder, Außendienstler und Taxifahrer gehörten zu den „Versuchskaninchen“. Herausgekommen ist ein zweiteiliges Kissen, das das Fahren oder Nickerchen auf dem Beifahrersitz bequemer macht; die Halswirbelsäule in Form halten und die Vibrationen der Sitzlehne während der Fahrt dämpfen.

Als feststand, wie „Lordkiss“ aussehen soll, musste noch ein passender Hersteller gefunden werden. Wieder vergingen Jahre ins Land. „Wir waren in Nähereien in Baden-Württemberg, Thüringen, Ungarn und China“, zählt der 59-Jährige auf. Nun lässt er in einer Firma in Polen produzieren, wo auch andere große Autohersteller zum Kundenkreis gehören.

Gold auf der Erfindermesse

Auf der weltgrößten Erfindermesse in Nürnberg stellte der Saalbacher das Kissen im November 2012 vor und bekam dafür die Goldmedaille verliehen. Unterdessen gehört „Lordkiss“ schon zur Ausstattung von Taxen in Mannheim, Bremen, Köln und Karlsruhe. Die Bereitschaftspolizei in den alten Bundesländern hat Testkissen für den „Stresstest“ angefordert. Für FC Bayern München-Fans gibt es das Kissen mit der passenden Stickerei. Ob der Fußballclub es ins Sortiment aufnimmt, ist bisher noch offen.