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Der Eisendoktor

Den Arzt Dr. Günther Biesold gibt es zweimal. Immer noch in seiner Praxis und als Attraktion im Garten daheim.

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© Steffen Unger

Von Constanze Knappe

Putzkau. Ein eigenes Denkmal zu Lebzeiten, das gibt es selten und wohl auch nur bei ganz prominenten Leuten. Dr. Günther Biesold dürfte in Putzkau und Umgebung durchaus als prominent gelten, schließlich praktiziert der Facharzt für Allgemeinmedizin dort seit Jahrzehnten. Aber für so prominent, ein eigenes Denkmal zu haben, hatte er sich bis dato selbst nicht gesehen. Dennoch steht eine Skulptur in seinem Garten, die eine ganze Menge Ähnlichkeit mit ihm hat. Mit Stethoskop um den Hals, einer Spritze in der einen und der obligatorischen Arzttasche in der anderen Hand, dazu Brille, Bart und Doktorhut. Vor allem aber mit einer Pfeife. Die war jahrelang ein Markenzeichen des Putzkauer Arztes, der sich selbst als Genussmensch betrachtet, guten Gesprächen, gutem Essen und einem guten Glas Wein nie abgeneigt ist. Die Skulptur überragt den mit 1,89 Metern Körpergröße ohnehin nicht kleinen Mediziner um einiges. Dr. Günther Biesold bekam sie vor Jahren von einem guten Freund geschenkt. 2010 steht am Sockel, auf dem sie fest verankert ist.

Bisweilen bleiben Spaziergänger am Gartenzaun des Uferwegs 6 stehen, um sich das Kunstwerk anzuschauen. „Als handwerklich sehr gelungen“ bezeichnet der Putzkauer den Eisendoktor, wie er ihn liebevoll nennt. Gefertigt wurde die Figur in der Kunstschmiede Aurin in Schönbrunn. Mit dem Kommentar „Wir bringen den Mann“ war sie ihm seinerzeit in den Hof gestellt worden. Noch im Rohzustand. Der Eisenmann wurde später bearbeitet und die Oberfläche pulverbeschichtet. „Der wird mich überdauern“, ist sich Dr. Günther Biesold sicher.

Freude am Trödel

In dieser Hinsicht passt der Eisendoktor in sein Lebenskonzept, in die von ihm oft beschworene Verbindung von Gestern, Heute und Morgen. Vor 40 Jahren zog der gebürtige Neukircher nach Putzkau. Er wollte unbedingt in der Oberlausitz bleiben, erklärt er. Und dass es so viel Auswahl seinerzeit nicht gab.

In seiner gemütlichen Wohnküche, in der er gerne selber kocht, erzählt er von seiner Freude am Trödel. Von Dingen, die von den Materialien her nicht gerade kostbar sind, aber als Zeitzeugen bewahrt werden sollten. „Dinge, die aus der Erinnerung heraus wichtig sind“, begründet er. Er sammelt Alltagsgegenstände wie jene Gärkrüge, in denen einst Sauerkraut gemacht wurde. Emaillekellen, Emailletöpfe und manch anderes haben ihm Patienten gebracht. Er lebe in drei Zeiten, wie er selbst sagt. Im Heute und ein bisschen im Gestern. Dazu gehöre aber ebenso, in die Zukunft zu schauen. Wie wichtig es sei, die Vergangenheit zu würdigen und zu achten, um daraus Brücken in das Heute und Morgen zu schlagen, darüber spricht er vor allem mit den jüngeren Patienten, so es die auf dem Dorfe noch gibt. In solchen Gesprächen schlage er dann Brücken, sagt er und nennt seine Praxis deshalb „das Brückenhaus“.

Der große und der kleine Doktor

Beim Stichwort Praxis ruft ihn die Pflicht. Froh ist der 69-Jährige darüber, dass es ihm gelang, eigenen Nachwuchs für seine Praxis heranzuziehen. Alexander Thomas, den viele Patienten bereits aus Praktika kennen und der mittlerweile promoviert hat, wird ab Januar in der Allgemeinpraxis in Putzkau tätig sein. „Ich gehe aber noch nicht“, zerstreut Dr. Günther Biesold die Befürchtungen Einiger. Für drei Jahre muss er seinen Nachfolger während dessen Ausbildung zum Facharzt als Chef und Mentor begleiten.

Der große und der kleine Doktor, wie die Patienten die beiden Ärzte nennen, werden also im Doppelpack arbeiten. Auch danach möchte Dr. Günther Biesold das Stethoskop noch nicht an den Nagel hängen. So es die Gesundheit hergibt, würde er dann gerne ein bisschen weitermachen. Dann sei es aber kein Muss mehr und der Druck dahinter weg. Sein Credo: Weiter so, nicht nachlassen. Das habe ihm einst ein über 90-jähriger Putzkauer beim Haubesuch mit auf den Weg gegeben. Der Arzt hat es sich zur eigenen Devise gemacht - im Sinne von nicht aufgeben und dranbleiben an den Tagesaufgaben.

Auch die Frau seines Nachfolgers wurde in seiner Praxis ausgebildet. Die Arzthelferin studiert nach der Geburt des Söhnchens weiter Medizin. Eines Tages will die junge Familie in Tröbigau leben. Dr. Günther Biesold ist daran nicht ganz unschuldig. Mit seiner Überzeugung: „Wir sind froh, dass wir auf dem Dorfe sind.“

Immer Leben im Garten

Vom Küchenfenster aus beobachten er und seine Frau Vögel. Da sei immer Leben im Garten. Begrüßt werden Besucher am Eingang des Hauses mit dem Schild „Blumen sind das Lächeln der Welt“. Sprüche wie diesen malt Ehefrau Doris Biesold auf Holzplatten, die sie bei Spaziergängen findet. Die Gärtnermeisterin und Floristikmeisterin ist der kreative Geist im Haus. Dass es bei Biesolds bis tief in den Herbst hinein blüht, dafür hat sie ein Händchen. Rosen in allen Farben mag sie besonders, wie sie sagt. Von deren Blüten ist jetzt nicht mehr viel zu sehen. Der Garten wird winterfest gemacht. Lorbeer, Oleander und andere Pflanzen ziehen ins Haus. Der Eisendoktor aber bleibt draußen. „Der ist so robust, dass ihm auch schlechtes Wetter nichts anhaben kann“, so Dr. Biesold.