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Der Döbelner mit dem feinen Pinsel

Eduard Reiswich schlägt sich als Kunstmaler durch. Er malt Porträts und Landschaften mit erstaunlicher Präzision.

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© Dietmar Thomas

Von Jens Hoyer

Döbeln. Bei den Döbelner Stadtfesten ist Eduard Reiswich immer dabei. Meist hat er sein kleines Freiluftatelier in der Bäckerstraße aufgeschlagen. Viele Passanten bleiben stehen, um dem Maler über die Schulter zu schauen, wenn er seine Bilder zeichnet. Unter seinem flinken Zeichenstift entstehen die Porträts als Karikaturen – die Abgebildeten grinsen breit den Betrachter an. Das ist eine Spezialität des Döbelner Malers. „Ich habe mir das von einem Freund abgeschaut und dann weiterentwickelt“, erzählt Reiswich.

Wenige Maler können tatsächlich von ihrer Kunst leben. Reiswich kennt die Zahl: „Etwa acht Prozent“. Er gehört zu dieser Minderheit, wenn auch unter Schwierigkeiten. Im Sommer ist er auf vielen Volksfesten unterwegs, um zu porträtieren und seine Bilder zu verkaufen. Im Winter wird es schwerer, da geht es meist nicht ohne Stütze, erzählt er. Aber er möchte trotzdem nichts anderes machen. „Es ist ein schweres Leben, aber es macht Spaß. Man ist ein freier Mensch.“

Die Malerei hat Reiswich schon immer begeistert. Es stammt von Wolgadeutschen ab, die unter Stalin nach Kasachstan abgeschoben wurden. Reiswich hat schon als Kind den Malunterricht besucht. In Baikonur, das als Weltraumbahnhof der Russen weltbekannt ist, hat Reiswich als Kind gelebt. Sein Vater war Offizier, wie er erzählt. Damals habe er Raketenstarts gesehen. „Ich kannte auch einige Kosmonauten.“ Auch den Bruder von Juri Gagarin, des ersten Menschen im Weltall. Das war aber schon in der Stadt Gagarin, dem Geburtsort des Kosmonauten. Gagarin liegt in der Nähe von Smolensk, wo Reiswich Malerei und Grafik an einer pädagogischen Hochschule studierte. „Als Lehrer habe ich aber nur ein Jahr gearbeitet. Mit den Kindern bin ich nicht klargekommen.“

Nach der Jahrtausendwende stellte Reiswich einen Antrag auf Einbürgerung in Deutschland. „Damals sind sehr viele Russlanddeutsche ausgereist“, erzählt er. 2003 kam er in ein für ihn fremdes und faszinierendes Land. Deutsch konnte er schon ein wenig, die Großeltern hatten es noch gesprochen. Den obligatorischen Deutschtest für Spätaussiedler habe er bestanden. Er landete im Lager Friedland in Niedersachsen. „Als ich sagte, dass ich in eine mittelgroße Stadt will, hat der Sachbearbeiter auf Döbeln gezeigt“, erzählt der 45-Jährige.

Reiswich lebt vor allem von Auftragsarbeiten und beliefert Galerien mit seinen Arbeiten. Die Porträts, die er anfertigt, sind oft fotorealistisch. Er benutzt dafür gerne Zeichenkohle. Döbeln hat Reiswich in vielen Varianten festgehalten. Ein Blick durch die Große Kirchgasse auf das Rathaus gibt es in verschiedenen Varianten in Öl. Für einen Kalender hat er fein gezeichnete Aquarelle mit Döbelner Motiven angefertigt. Grundlage der Bilder sind Fotos. „Ich benutze dafür ganz feine Pinsel“, erzählte der Maler. Gemalt wird alles, was gefällt. Gern darf es auch ein bisschen mehr sein. Ein Selbstporträt in Reiswichs Portfolio sieht aus wie feinste Renaissancemalerei: der Maler selbst in Ritterrüstung.

Eduard Reiswichs Kunstkalender mit Motiven aus Döbeln und Dresden sind im DA-Treffpunkt am Niedermarkt erhältlich.