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Der Brillenkönig

Günther Fielmann hat die Branche der Augenoptiker revolutioniert. Morgen wird er 75.

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Von Eckart Gienke

Dieser Unternehmer hat Deutschland verändert: Günther Fielmann. In fast jeder Fußgängerzone findet sich eine Filiale seiner Optik-Kette. Bundesweit sind es ungefähr 580, dazu 100 Geschäfte im Ausland. Jede zweite Brille in Deutschland wird von Fielmann verkauft, 90 Prozent der Bevölkerung kennen das Unternehmen. Millionen Kunden tragen seine Produkte, mehr als 16.000 Mitarbeiter arbeiten für Fielmann. Morgen zu seinem 75. Geburtstag verzichtet er auf öffentliche Ehrungen, feiert im privaten Kreis.

Kein Knick in der Optik – aber mit seinem Geschäftsmodell war Fielmann schon immer ein bisschen schräger als die Konkurrenz.
Kein Knick in der Optik – aber mit seinem Geschäftsmodell war Fielmann schon immer ein bisschen schräger als die Konkurrenz. © dpa

Sein Imperium schuf der gebürtige Schleswig-Holsteiner aus dem Nichts. Nach einer unauffälligen Nachkriegsjugend, Optiker-Lehre und einem Berufsstart als Angestellter eröffnet Fielmann 1972 im Alter von 33 Jahren im niedersächsischen Cuxhaven sein erstes Geschäft. Das war so etwas wie der Urknall in der verschlafenen Optiker-Branche, die Innovationen desinteressiert gegenüberstand. Fielmann begnügt sich mit einer geringeren Marge, schaltet den Zwischenhandel aus, gibt den Kunden Garantien – der junge Unternehmer setzt auf strikte Kundenorientierung. „Der Kunde bist Du“, gibt Fielmann seinen Mitarbeitern als Motto auf den Weg.

Der Durchbruch kam 1981, als Fielmann den Krankenkassen die Kassenbrille abhandelte und durch eine Vielzahl von modernen Modellen ersetzte. „Bis dahin musste jeder Brillenträger den Nachweis seines geringen Einkommens auf der Nase tragen“, erinnert sich Fielmann. Kassenbrillen wurden erstattet, wer mehr wollte, musste zahlen – die traditionellen Optiker erreichten so Margen von bis zu 30 Prozent. In Kiel eröffnet Fielmann 1982 sein erstes Super-Center, ein Optik-Fachgeschäft mit 7.000 Brillen. In den Achtziger-Jahren erreicht die Kette eine Dimension, in der nicht mehr jede große Neueröffnung den Bestand des Unternehmens bedroht. „In der Anfangsphase war es immer das gleiche Spiel. Wir ritten einmal über den Bodensee und zurück“, sagt Fielmann. „Wir haben immer wieder alles riskiert.“

Es folgt der Börsengang 1994 und die Expansion ins Ausland, die aber immer verhalten blieb und sich auf die Schweiz und Österreich fokussierte. Zeitweise hatte Fielmann größere Pläne in Europa, doch noch sieht er die Expansion in Deutschland nicht abgeschlossen. Zudem ist Fielmann vorsichtiger als in den Anfangsjahren. Das Unternehmen ist schuldenfrei, hoch liquide, zu über 70 Prozent in Familienbesitz.

Längst ist Fielmann nicht nur Händler und Handwerker, sondern auch Produzent von Brillen mit einem Produktionszentrum im brandenburgischen Rathenow. Als Ziel formuliert er, deutschlandweit je 100.000 Einwohner eine Niederlassung zu betreiben; da fehlen noch rund 200. Gerade wurde bekannt, dass Fielmann zunehmend auch Hörgeräte verkaufen will.

Neben den unternehmerischen Erfolgen engagiert sich Fielmann als Öko-Landwirt. Mehr als 2 300 Öko-Artikel sind im Hofladen von Hof Lüthjensee zu kaufen. Auch Schloss Plön hat Fielmann, der in Kiel wohnt, gekauft und renoviert; dort werden Augenoptiker für die Branche ausgebildet. „Es gibt auch eine Welt neben der Augenoptik“, sagt er. Fielmann spendet viel: für Bildung, Wissenschaft und Kultur, Ökologie, Naturschutz. Er hat seine Mitarbeiter über Aktien an der Firma beteiligt – und pflanzt für jeden jedes Jahr einen Baum.

In einem Alter, in dem Normalbürger schon seit zehn Jahren den Ruhestand genießen, macht sich auch Günther Fielmann Gedanken um die Nachfolge. Bis 80 will er nicht Chef bleiben. Fielmann hat spät geheiratet – mit 48 Jahren. Die damals 19-jährige Studentin Heike Eggert, die sich als Brillen-Model in der Fielmann-Zentrale etwas dazuverdienen will, wird seine Ehefrau und bekommt zwei Kinder. Die Verbindung hält zwölf Jahre. Sein Sohn bereitet sich nach dem Studium an einer Elite-Universität auf eine größere Rolle im Unternehmen vor. Auch die Tochter, die Psychologie studiert, sei für eine Aufgabe im Unternehmen prädestiniert. „Das Leben auf dem Land hat mich geprägt“, sagt Fielmann. „Schon als Kind träumte ich vom eigenen Bauernhof.“ Und wie passt das zum kleinen Ferrari-Fuhrpark? „Ein wenig Unvernunft steht jedem Menschen zu.“ (dpa)