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Der Boden der Tatsachen

Die WM-Teilnehmer steppen auf neuem Belag. Die vermeintlich falsche Seite ist dafür genau die richtige.

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© Sebastian Schultz

Von Britta Veltzke

Riesa. Michael Wendt klopft auf Holz. „Das klingt doch gut“, sagt der Präsident des Welttanz-Verbandes IDO. Er steht auf dem nigelnagelneuen Stepptanzboden. Kaum sind die Showtänzer abgereist, wurde an diesem Montag auf der Bühne in der Sachsenarena der neue Belag für die Stepptänzer verlegt. Der alte hatte ausgedient. „Nach sechs oder sieben Jahren ist der wie abrasiert. Das Problem sind dabei nicht die einzelnen Tänzer, sondern die Formationen, bei denen bis zu 24 Männer und Frauen auf der Bühne sind“, sagt Wendt. Nach der letzten WM im vergangenen Jahr hätten einige Tänzer darum gebeten, doch mal einen neuen Boden anzuschaffen.

Gesagt getan: Ein besonders teurer Spezialboden ist der neue Belag aber nicht. „So etwas gibt es eigentlich gar nicht. Man muss einfach so lang suchen, bis man einen Boden gefunden hat, der passt“, so Wendt. Und wo sollte das besser funktionieren als in einem ganz normalen Fachhandel für Fußböden?

Prager Stepp-Profis helfen

Für die Suche hat Wendt extra einen Profi-Stepptänzer aus Prag nach Riesa gebeten. Der Unabhängigkeit wegen sollte der Probetänzer aus dem Ausland kommen, meint er. Und er kam – zum Shoppen bei Elbeholz am Südspeicher.

Wo andere Gartenzäune oder Terrassendielen kaufen, kommt also der Boden her, auf dem der Weltverband in dieser Woche seine Stepp-Weltmeister sucht. Im Laden hat der Probetänzer mehrere Böden ausprobiert. Für Elbeholz-Chef Frank Broschwitz keine gänzlich ungewöhnliche Situation. „Es kommt öfter vor, dass Kunden hohe Ansprüche an den Fußboden haben, den sie bei uns kaufen.“ Was die Haptik und Optik angeht, könnte die Kundschaft schon mal wählerisch sein.

Das Aussehen war dem Probetänzer in diesem Falle reichlich egal. Denn beim Steppen kommt es natürlich auf andere Kriterien an. Letztlich fiel die Wahl auf eine simple Spanplatte, die sonst als Unterbau unter dem eigentlichen Fußboden verlegt wird. IDO-Präsident Michael Wendt erklärt, worauf es ankommt: „Der Boden darf nicht zu glatt sein, sodass die Tänzer hinfallen. Aber auch nicht zu stumpf, damit sie darüber rutschen können. Dieses über den Boden gleiten ist sehr wichtig im Stepptanz.“

Den gewünschten Eigenschaften entsprach aus Sicht des tschechischen Probetänzers am ehesten die Rückseite der besagten Spanplatte – auch wenn Holzhändler Frank Broschwitz der festen Überzeugung ist, dass Ober- und Unterseite gleich sind. Wie dem auch sei: Von den Tribünen aus kaum sichtbar zieren nun schwarze Strichcodes die Bühne der Sachsenarena, die wohl eigentlich nicht zu sehen sein sollten.

Klackern ist für die Jury relevant

Das typische Stepptanz-Klackern übertragen Mikrofone, die am Rand sowie unter dem Boden angebracht sind. „Es sollen nur die Geräusche der Schuhberührung zu hören sein, nicht aber Hintergrundgeräusche wie Musik“, erklärt Toningenieur Robin Sasse, der ebenfalls noch mit den Vorbereitungen für die große Meisterschaft beschäftigt ist. Da er selbst noch nie die Tontechnik für Stepptanz-Profis aufgebaut hat, habe er sich im Vorfeld extra belesen und sich mit Kollegen unterhalten, die etwa schon für Shows wie The Lord of the Dance gearbeitet haben. Über die kleinen Lautsprecher, die zwischen den Tischen der Wertungsrichter und der Bühne aufgebaut sind, kommt nur das Klackern, das für die Jury relevant ist. Es ist ein maßgebliches Kriterium für die Richter. Für sie ist es der Boden der Tatsachen.

Das Publikum hingegen bekommt eine Mischung zu hören: Aus den großen Boxen, die über dem Zuschauerraum hängen, ertönt die Musik und das Klackern der Schuhe auf dem Boden.

Auch wenn der Belag laut dem Technischen Leiter der FVG, Jörg Wilkanowski, in absehbarer Zeit für keine andere Veranstaltung taugt, so war er doch eine sinnvolle Investition. Bis 2019 sollen die Weltmeisterschaften im Stepptanz auf jeden Fall in Riesa ausgetragen werden.

Die Stepptanz-WM startet am Dienstag, 1. Dezember um 10.30 Uhr mit den Wettbewerben der Kinder und Junioren.