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Der Blitzer, der nicht blitzt

Auch nach vier Monaten wird in Greifendorf niemand zur Kasse gebeten. Steht das 30er-Schild zu nah an der Säule?

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© Falk Bernhardt

Von Falk Bernhardt und Tina Soltysiak

Greifendorf. Auf der B 169 in Greifendorf werden Raser noch immer nicht belangt. Im Abschnitt mit Tempo 30 ist vor dem Restaurant „Schmiedelandhaus“ eine neue Blitzer-Säule aufgebaut worden, aber die ist wohl noch nicht einsatzfähig. Das Landratsamt Mittelsachsen antwortet auf mehrfache Nachfragen der Freien Presse lediglich: Derzeit seien keine konkreteren Aussagen möglich. „Der Standort ist derzeit noch in Prüfung“, so Kreissprecherin Cornelia Kluge.

Dabei hatte die Landkreisbehörde die Inbetriebnahme schon vor Monaten angekündigt. Zu Jahresbeginn räumte Pressesprecher André Kaiser ein, dass der Blitzer noch nicht „scharf“ geschaltet ist. Der stationäre Blitzer sei zwar in Betrieb genommen worden, doch die „abschließende technische Abnahme der Anlage“ noch nicht erfolgt. Die Kreisverwaltung stehe im Kontakt mit der für die Errichtung und Inbetriebnahme verantwortlichen Firma.

Sachsens gefährlichster Schulweg

Mittlerweile wird auch im Dorf diskutiert, was die Gründe dafür sein könnten, und ob das Schild mit der „30“ vielleicht zu nah an der Blitzer-Säule steht. Laut Bürgermeister Dietmar Gottwald (parteilos) sind für die genaue Einstellung des Messgerätes die kurvige Strecke und das Geländer problematisch. Einige Anwohner wollen mittlerweile dennoch schon einen „Blitz“ bemerkt haben. Das Landratsamt äußerte sich dazu nicht. Vor drei Wochen waren erneut Techniker einer Firma vor Ort.

Der Blitzer steht an der Stelle, die noch vor Jahren als Sachsens gefährlichster Schulweg galt. Das Überqueren der Bundesstraße wurde auch durch bauliche Veränderungen, darunter ein verlegter Gehweg, sicherer gemacht, der Verkehr wird innerorts im Bereich nach der Bushaltestelle auf 30 Stundenkilometer gebremst. Rund 130 Meter nach dem Ortseingang steht die erste „30“, keine 50 Meter von der Blitzersäule entfernt. Ein zweites Schild folgt unmittelbar nach der Einmündung der Straße zum Rubinberg direkt vor dem dem Blitzer.

„Grundsätzlich sollte ein begrenzendes Schild 150 Meter Abstand von der Messstelle haben“, erklärt Tim Küchenmeister, Fachanwalt für Verkehrsrecht, der für den ADAC Sachsen tätig ist. „Eine Ausnahme besteht immer dann, wenn es eine besondere Gefahrenstelle gibt.“ In Greifendorf käme noch eine Besonderheit hinzu, ein sogenannter „Geschwindigkeitstrichter“. Gemeint ist damit das Abbremsen von Tempo 100 außerorts, auf die „50“ innerorts und dann auf die „30“. Der Dresdner Rechtsanwalt kennt ein ähnliches Beispiel aus Wünschendorf in der Sächsischen Schweiz.

„Wenn dieser Mindestabstand nicht eingehalten wird, kann die Behörde allerdings von einem Fahrverbot absehen“, erläutert Küchenmeister. Einsprüche werde es bei neuen Blitzern immer geben. „Die Anwälte in der Umgebung haben gut zu tun.“ Er geht davon aus, dass das zuständige Amtsgericht irgendwann etwas zur Situation sagen wird. Das Landratsamt äußerte sich zum Mindestabstand nicht.

Die Anlage in Greifendorf ist laut früheren Informationen des Landratsamtes mit keinen Investitionen des Kreises verbunden gewesen. „Es wurde ein Betreibermodell gewählt“, erklärte Kaiser im Oktober 2017. Ein Anteil der Einnahmen geht somit an eine Firma. Diese „fremdbetriebenen“ Blitzanlagen hält der Fachanwalt für grundsätzlich zulässig.

Ob nun mit oder ohne Blitz – eine Wirkung haben viele Greifendorfer schon jetzt feststellen können. „Die fahren alle langsamer, sowohl Pkw als auch Laster“, sagt Anwohner Arno Gey. „Man kann gut beobachten, wie hier abgebremst wird, wenn die den Blitzer sehen.“ Deshalb würde er sich eine Säule auch für die andere Fahrtrichtung wünschen.

Leisniger Anlage acht Wochen inaktiv

Ebenfalls in einer Tempo-30-Zone wird in Leisnig geblitzt. Und zwar unweit des Krankenhauses. „Der stationäre Blitzer in Leisnig war im vergangenen Jahr mit einer Unterbrechung von acht Wochen im Herbst in Betrieb“, so Kaiser auf DA-Nachfrage. Die Unterbrechung erfolgte aufgrund von Bauarbeiten an der Colditzer Straße. Das Landratsamt nutzte die Gunst der Stunde und ließ den Blitzer während dieser Zeit abbauen und übergab das Gerät „zur Wartung und jährlichen Eichung an das Eichamt“.

Im Jahr 2017 wurden seitens der Bußgeldstelle des Kreises insgesamt rund 480 000 Euro Verwarngeld im Zusammenhang mit Verkehrsordnungswidrigkeiten eingenommen. Wie schnell der eiligste Temposünder unterwegs war, kann nicht nachvollzogen werden: „Eine Recherche nach Geschwindigkeiten ist mit der verwendeten Fachsoftware nicht möglich“, so André Kaiser.

Insgesamt hatte der Landkreis im vergangenen Jahr die Inbetriebnahme von vier neuen stationären Blitzern angekündigt. Davon sind derzeit zwei scharfgeschaltet. „Die Inbetriebnahme der Anlage in Burgstädt, Mittweidaer Straße, in Höhe der Schule am Taurastein, erfolgte Ende November. Am 5. Dezember wurde eine Anlage in Flöha, Augustusburger Straße, in Betrieb genommen.“ Derzeit gebe es seitens des Landratsamtes Mittelsachsen keine Planungen zu weiteren stationären Geschwindigkeitsüberwachungsanlagen im Landkreis. (FP/mit DA/mf)