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Der Aussteiger

Björn Koffinke gab seinen Job im Elstraer Rathaus auf. Zukunftsangst hat er nicht.

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© privat

Von Manuela Reuß

Björn Koffinke hat den Hut genommen. Besser gesagt seine Mütze an den Nagel gehängt. Dabei hätte der bisherige Hauptamtsleiter gestern im Elstraer Rathaus durchaus etwas zu Feiern gehabt: Neun Jahre Verwaltungszugehörigkeit. Rathausmitarbeiter ist er noch immer. Aber nur auf dem Papier. Im Amt findet man den Rauschwitzer seit September nicht mehr.

Der ehemalige Hauptamtsleiter ist raus. Hat jetzt seinen Urlaub genommen und bummelt noch Überstunden ab. Danach ist definitiv Schluss. Für ihn aber kein Grund zum Verzweifeln. Im Gegenteil. Der Enddreißiger mit der hohen Stirn, den wachen Augen und dem graumelierten Bart, der das runde Gesicht einrahmt, strahlt innere Balance aus. Er hockt relaxt im Schneidersitz auf dem ausladenden Ecksofa in seiner Wohnstube und ist die Gelassenheit selbst. Um seine berufliche Zukunft ist ihm nicht bange. „Ich bin in guten Verhandlungen“, sagt er und grient. „Um mich muss man sich keine Sorgen machen.“

In der Elstraer Stadtverwaltung sieht er jedenfalls keine Perspektive mehr für sich. Im Wahlkampf um den Bürgermeisterstuhl habe er gesagt, dass Elstra sich keinen Hauptamtsleiter neben dem Rathauschef leisten kann. Dazu steht er. „Wenn so eine kleine Gemeinde noch investieren will, muss sie die laufenden Kosten senken.“ Und der größte Posten seien nun einmal die Personalkosten. „Wer das eine will, muss das andere mögen“, erklärt er lapidar. Dies sei bei allen kleinen Kommunen so. Verwaltungen in Orten mit unter 5000 Einwohnern hätten es einfach schwerer.

Deshalb guckt Björn Koffinke auch nach etwas Größerem. Er will eine längerfristige Perspektive. „Ich gehe schließlich stramm auf die 40 zu“, erklärt der Rauschwitzer, der heute seinen 39. Geburtstag feiert, augenzwinkernd. Er will nicht, dass etwas, wo er viel Kraft reinsteckt und versucht sich einzubringen, nach kurzer Zeit wieder demontiert wird. Zum Beispiel infolge einer Fusion. Selbst wenn er sich bewusst ist, dass der nächste Job wohl nicht der letzte sein wird. „Dafür ist unsere Zeit einfach zu schnelllebig geworden.“

Wegen eines Jobs wegzuziehen ist vorerst keine Option für ihn. Er fühlt sich wohl in Rauschwitz, hat sich gemeinsam mit seinem Ehemann Matthias ein geschmackvolles Heim geschaffen. Pflanzen gehören unbedingt dazu. Darunter Prachtexemplare wie eine mehrtriebige, gut einen halben Meter hohe Orchidee, die Dutzende zartrosa Blüten trägt. „Sie blüht seit unserer Hochzeit“, freut sich der Ex-Hauptamtsleiter. Die war im Oktober vor vier Jahren. Die Koffinkes beackern auch ein kleines Eckchen im Garten des Mehrfamilienhauses, wo sie eigenes Gemüse anbauen.

Bei Björn Koffinke kommt der grüne Daumen nicht von ungefähr. Er hatte als studierter Forstwirt früher von Berufswegen mit Natur zu tun. Allerdings war „das forstwirtschaftliche Studium, welches ich durchlaufen habe, sehr auf öffentlichen Dienst ausgerichtet.“ Wahrscheinlich landete er deshalb in der Verwaltung .

Im öffentlichen Dienst zu bleiben kann er sich vorstellen. Er ist aber auch für die Wirtschaft offen. Doch hierzulande gebe es noch nicht allzuviele Firmen, die jemanden suchen, der sich im Behördendschungel auskennt, weiß wie Ämter ticken und was man beachten muss, um beispielsweise mit einem Antrag nicht zu scheitern. Andernorts sei das längst ein Thema.

Björn Koffinke ist sich sicher, dass seine Entscheidung, das Rathaus zu verlassen, richtig war. „Im Wahlkampf zeigte sich, dass ich einige Stadträte nicht hinter mir habe.“ Das sei für den Job als Hauptamtsleiter, wo man Bürgern, die sich nicht an Regeln halten, auch mal auf die Füße treten muss, aber enorm wichtig. „Deshalb gab es für mich nur Hop oder Top.“