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Der andere Weg in den Beruf

Die Euro-Schule/Akademie Meißen bietet mehr als Deutschkurse für Flüchtlinge. Hier werden Ausbildungskosten im Erfolgsfall erstattet.

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© Claudia Hübschmann

Von Marcus Herrmann

Meißen. Der Kompressionsverband sitzt beim ersten Mal. Kein Wunder, Laura Haase aus der Nähe von Großenhain, hat ihn in der Euro-Schule/Akademie auf der Meißner Neugasse 39/40 schon mehrfach praktisch geübt. Jetzt legt die 17-Jährige ihn mit wenigen Handgriffen der ein Jahr älteren Lisa Reichstein zu Übungszwecken an. Die beiden jungen Frauen gehören zu einer von derzeit vier Klassen, die an der Euro-Akademie Meißen den Beruf der Altenpflegerin erlernen.

Nach eineinhalb Jahren Theorie steht in den Zimmern im vierten Stock des Sparkassen-Gebäudes für die Azubis seit einigen Wochen der ebenso lange praktische Teil an. „Es gibt hier sogar Übungs-Puppen, die so groß und schwer wie echte Menschen sind. An denen können wir pflegeunterstützende Arbeiten sehr praxisnahe erproben“, sagt Laura Haase.

Die Entscheidung für die private Berufsschule hat sie wie Lisa Reichstein bewusst getroffen. Denn neben einer Ausbildungsvergütung bringt die Lehre an der Euro-Schule einen weiteren Vorteil mit sich. „Wenn die Ausbildung für einen der von uns angebotenen Berufe erfolgreich abgeschlossen wird, werden die Kosten erstattet. Das macht ein Förderprogramm der Sächsischen Aufbaubank möglich“, erläutert die Leiterin am Standort Meißen, Kristin Jäckel.

Regulär kostet die dreijährige Ausbildung monatlich 85 Euro. Die Möglichkeit, das Geld wieder zu bekommen, sei ein wichtiger Anreiz. Den gibt es auch für die anderen Berufe, die an der Euro-Akademie erlernt werden können – etwa Heilerziehungspfleger oder Krankenpflegehelfer. Mit der Förderung reagiert der Freistaat auf den notorischen Mangel an Pflegepersonal für Senioren oder Kranke.

„Für alle Berufe haben wir geeignete Dozenten, fest oder auf Honorarbasis. Speziell für die Pflegeberufe arbeiten wir eng mit dem Jobcenter und der Arbeitsagentur zusammen“, so Kristin Jäckel. Seit Anfang des Jahres ist die 32-Jährige als Standortleiterin in Meißen aktiv. Davor war sie lange Zeit in der Landeshauptstadt für den Dachverband der Euro-Schulen (Eso) tätig, unter anderem als Fachbereichsleiterin für Sprachen und Integration. Der Vorteil der Euro-Schulen/Akademien sei die sehr individuelle Betreuung und fast schon familiäre Atmosphäre. Dozenten und Schüler stünden sich oft näher als das an staatlichen Berufsschulen der Fall sei. Zumindest gehe das aus den Rückmeldungen der Azubis hervor, so Jäckel.

Steckenpferd der zur Eso gehörenden Euro-Schule bleibe aber weiterhin die Sprachvermittlung – mit steigenden Teilnehmerzahlen und neuen Angeboten. „Seit Beginn der Flüchtlingskrise sind Integrationskurse sehr gefragt. Das ist auch immer noch so, jetzt noch stärker berufsbegleitend, da viele Fremdsprachler langsam den Berufsweg einschlagen“, sagt Jäckel. Derzeit gibt es mehrere berufsbezogene Deutschkurse in Meißen mit jeweils 15 bis 20 Personen. Auf den Gängen der Euro-Schule herrscht ein wahres Sprachgewirr. Und das sei auch so gewollt, meint Jäckel. „Lange Zeit waren es vor allem Osteuropäer, die unsere Angebote nutzten. Ab Herbst 2015 kamen dann viele Syrer und heute vermehrt Araber hinzu. Aber wir haben auch Sprachschüler aus Frankreich oder Großbritannien hier.“ Um die Sprachvermittlung auf der einen Seite, die Berufsausbildung in der Pflege auf der anderen Seite, kümmern sich aktuell knapp 20 Mitarbeiter am Standort Meißen.