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Der Altmeister geht in den Ruhestand

Friedrich Berger weiß seine Tischlerei in Friedersdorf in besten Händen. Jetzt kann er sich anderem widmen.

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© Matthias Weber

Von Gabriela Lachnit

Eigentlich hätte er sich schon länger zurückziehen können. Friedrich Berger, der 67-jährige Tischlermeister, hatte in dritter Generation die Tischlerei Berger in Friedersdorf geleitet. Vor zehn Jahren schon hat er die Geschäftsführung an seine Tochter Sabine Berger und deren Lebenspartner Matthias May abgegeben, aber noch in der Firma gearbeitet. Nun erst hat er endgültig losgelassen von der Firma mit ihren 20 Beschäftigten. Jetzt kann er sich anderem widmen.

Da ist zum Beispiel sein Garten, in dem vieles über die Jahre liegengeblieben ist oder einfach wachsen durfte, weil die Tischlerei oder verschiedene Ehrenämter ihn brauchten und für den Garten keine Zeit war. So wird die Hecke eben jetzt gestutzt. Und da ist auch der Stadtrat von Neusalza-Spremberg, in dem der Friedersdorfer als Parteiloser in der CDU-Fraktion mitbestimmt. Eine der nächsten Entscheidungen, die der Stadtrat fällen muss, ist die zur Betreibung der Kindertagesstätten in Friedersdorf und Neusalza-Spremberg. Friedrich Berger, der auch Opa ist, macht sich darüber Gedanken. „Das wird nicht einfach“, ist der Tischlermeister überzeugt. Hier gelte es, wirtschaftliche Interessen der Stadt abzuwägen und für die Kinder das beste Konzept herauszufinden. Zwar hat Friedrich Berger in dieser Sache keine Erfahrung, er kann trotzdem mitreden. Als Unternehmer weiß er um wirtschaftliche Zwänge, kennt sich aus in Mitarbeiterführung und sperrt sich auch nicht gegen Neuerungen. Friedrich Berger hat nicht nur das vom Großvater 1909 gegründete Tischlerunternehmen erfolgreich geführt, sondern er war auch zweieinhalb Jahrzehnte als Obermeister und Kreishandwerksmeister der Tischlerinnung Löbau-Zittau ehrenamtlich aktiv. Nach der Fusion der Innungen im Landkreis Görlitz war er der stellvertretende Kreishandwerksmeister. Mit seinem Ruhestand hat er jetzt auch diese Ehrenämter abgegeben. Seinen jahrelangen Einsatz für die Tischlereien zwischen Ostritz und Oppach hat die Tischlerinnung mit der Verleihung zweier Ehrentitel gewürdigt: Friedrich Berger ist seit März dieses Jahres Ehrenobermeister der Innung und seit August Ehrenkreishandwerksmeister. Zwei schöne, große Urkunden bezeugen diese besonderen Auszeichnungen im Ausstellungsraum der Tischlerei in der Friedersdorfer Schulstraße.

Voraussetzung den Wechsel in den tatsächlichen beruflichen Ruhestand war auch, dass Sabine Berger und Matthias May jemanden einstellen konnten, der Friedrich Bergers Aufgaben in der Firma übernimmt. Auch der Altmeister ist froh darüber. „So entsteht keine Lücke im Betriebsablauf“, sagt er. Und er muss sich nun nicht mehr ganz so viel ärgern über die Bürokratie, die in seinen Augen das Handeln der Handwerksbetriebe im Lande behindert.

Der von der großen Politik versprochene Abbau der Bürokratie ist ausgeblieben, sagt Friedrich Berger: „Ganz im Gegenteil, es kommen immer wieder neue Anforderungen hinzu, die den Mitarbeitern Zeit zum Arbeiten wegnehmen.“ Der Altmeister benennt ein Beispiel: „Das Mülltrennungsgesetz fordert, dass wir die Mülltrennung mit Foto dokumentieren.“ Die Trennung zwischen Wertstoffen und Abfall sei bei der Tischlerei Berger schon lange gang und gäbe, aber dass man jetzt beinahe noch einen Fotografen für die Dokumentation einstellen müsse, das ginge einfach zu weit, skizziert der Tischlermeister die Lage. Tochter Sabine nickt zustimmend. Sie könnte viele weitere Beispiele für mehr anstatt weniger Bürokratie aufzählen.

Der Ehrenkreishandwerksmeister ärgert sich, dass es trotz aller Bemühungen und vereinter Handwerkerkraft nicht gelungen ist, bürokratische Hürden für das Handwerk abzubauen. Das müssen nun Jüngere in Angriff nehmen. Zu denen gehören auch die beiden Geschäftsführer der Tischlerei. Dass die Tischlerei Berger mit 108-jähriger Geschichte in besten Händen ist, davon ist Friedrich Berger überzeugt. Andernfalls hätte er vielleicht nicht so viel Ruhe bei der Gartenumgestaltung.