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Der Albtraum vom Eigenheim

Grundstückseigner in Braunsdorf wollen bauen und dürfen nicht. Nun machen Einwohner der Stadtspitze Druck.

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© Andreas Weihs

Von Hauke Heuer

Braunsdorf. Es könnte alles so schön sein. Als Benita Plischke vor knapp 20 Jahren zwei Grundstücke am Ortsrand von Braunsdorf, direkt in ihrer Nachbarschaft, kaufte, hatte sie im Hinterkopf, dass eines Tages ihre beiden Kinder nach nebenan ziehen könnten. Mehr als zehn Jahre später haben beide ihre Ausbildung abgeschlossen, Arbeit in Dresden gefunden und auch Partner, mit denen sie sich den Traum vom eigenen Heim verwirklichen wollen. Dieser Traum ist während der jüngsten Stadtratssitzung vielleicht endgültig zerplatzt.

In dem vorgestellten neuen Entwurf des Flächennutzungsplanes, der ab Dezember noch einmal ausgelegt wird, werden die Flächen, die Plischke bebauen will, nicht als Bauland ausgewiesen. Genau dafür hatten die Familie und zwei andere Grundstücksbesitzer aber seit 2012 gekämpft. Der Grund: Die Grundstücke sind nur über die Karl-Marx-Straße sowie über die Straße Talblick erreichbar. Erstere ist schlicht zu schmal, um eine Erschließung der Grundstücke sicherzustellen. Das westliche Ende des Talblickes ist lediglich ein Privatweg, der auch sehr schmal und kaum mit Fahrzeugen zu befahren ist.

„Wir verstehen das Anliegen der Grundstücksbesitzer. Doch solange die Flächen nicht erschlossen werden können, besteht auch keine Chance darauf, dass das Baurecht zustande kommt. Also nehmen wir die Grundstücke nicht in den Flächennutzungsplan auf“, stellt Wilsdruffs Beigeordneter Andreas Clausnitzer (CDU) klar. Auch Bürgermeister Ralf Rother (CDU) zeigte im Stadtrat Verständnis für die Grundstücksbesitzer, die auch hier ihren Unmut äußerten. Er stellte in Aussicht, dass die Grundstücke zu einem späteren Zeitpunkt in den Flächennutzungsplan aufgenommen werden könnten. Allerdings nur, wenn eine Lösung für die Erschließung gefunden wird und so die Chance besteht, dass auch ein Bebauungsplan zustande kommt. Genau an diesem Punkt laufen die Grundstückseigner gegen eine Wand. Nur mithilfe einiger Nachbarn, die Bereiche ihrer Grundstücke abgeben müssten, wäre eine Verbreiterung der Karl-Marx-Straße und damit eine Erschließung möglich. Auch die Straße Talblick könnte ausgebaut werden. Doch auch hier besitzen dieselben Anwohner Grundstücke und verweigern sich ihren Nachbarn. Gegen den Versuch, die Grundstücke in den Flächennutzungsplan aufzunehmen, legten sie Widerspruch ein.

Das empfinden die Grundstückseigner als eine nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung. Vor allem, weil einer der besagten Nachbarn ein Haus genau in dem Bereich bauen durfte, der nicht zu erschließen ist – hier stand bereits vorher ein Gebäude und die Genehmigungen wurden aufgrund des Bestandsschutzes erteilt.

Klaus Noack hatte bereits 1979 eines der in Rede stehenden Grundstücke erworben – als Bauland. Eine Datsche diente ihm und seiner Familie für Jahrzehnte als Wochenenddomizil. Jetzt will er aus Altersgründen verkaufen. „Nach der letzten Stadtratssitzung fühle ich mich enteignet. Es gibt einen Interessenten für das Grundstück, doch der will bauen“, ärgert sich der 72-Jährige, der im Jahr 2004 gar nicht mitbekommen hatte, dass die Stadt sein Grundstück aus dem Flächennutzungsplan nahm. „Ich zahle, wie alle anderen Grundstückbesitzer hier Grundsteuer B, die sonst nur auf Baugrundstücken erhoben wird. Ich darf aber nicht bauen“, sagt er und schüttelt ungläubig mit dem Kopf.

Noack ist es auch, der eine Lösung für das vertrackte Problem anbietet. Er wäre bereit, Bereiche seines Grundstückes zur Verfügung zu stellen, um die Karl-Marx-Straße zu verbreitern und am Ende einen Zugang zum Talweg zu ermöglichen. Auch Plischke würde Bereiche ihres Grundstückes zugunsten eines Wendehammers abgeben. Eine realistische Lösung für das Problem ist dies jedoch nicht. Der engste Bereich der Karl-Marx-Straße liegt weiter in Richtung Ortsmitte.

„Wir überlegen ebenfalls, gegen die aktuelle Version des Flächennutzungsplanes Widerspruch einzulegen“, antwortet Plischke auf die Frage, wie es nun weitergehen soll. Darüber hinaus wollen die Grundstückseigner weitere Gespräche mit allen Beteiligten führen, um vielleicht doch noch eine Lösung zu finden.

Nach fünf Jahren Kampf ist Plischke mit ihrem Latein am Ende und hofft darauf, dass die Stadt sich entgegen aller Wahrscheinlichkeit kulant zeigt: „Bei einer vorausschauenden Planung der Karl-Marx-Straße wären diese Probleme gar nicht erst entstanden“, meint sie.

Eines ist sicher: So angespannt das Verhältnis zu den Anwohnern ist, die gegen die Bebauung Widerspruch eingelegt haben, so groß ist die Unterstützung im restlichen Ort. 80 Braunsdorfer unterzeichneten eine Petition, die vor wenigen Wochen Bürgermeister Rother übergeben wurde.