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Der Ärger nach dem Sturm

Eine Frau aus Quohren stand zufällig im Garten, als eine Silberpappel fiel.

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© Karl-Ludwig Oberthür

Von Annett Heyse

Kreischa. Der Garten und die Terrasse – ein einziges Chaos. Schlamm, Blätter, kleine Zweige bedecken den Boden. Das Geländer der Terrasse ist verschwunden. Stattdessen habe der Statiker sie gewarnt, zumindest den vorderen Teil überhaupt noch zu betreten, berichtet Sybille Lukaschek. „Und da stand mal das Gewächshaus“, sagt sie und zeigt auf einen leeren Fleck mitten Garten.

Seit dem vergangenen Donnerstag ist hinter dem Haus von Sybille Lukaschek alles anders. Da tobte ein Sturm über die Region, auch durch den kleinen Kreischaer Ortsteil Quohren brausten die orkanartigen Böen. Gegen 10.30 Uhr ging Sybille Lukaschek in den Garten, betrat kurz das Gewächshaus und lief dann weiter in Richtung Hühnerstall. Gerade als sie neben einer Silberpappel stand, geschah das Unglück. „Ich hörte ein Rauschen, dann gab es einen lauten Knall.“ Anschließend fiel die knapp zwanzig Meter hohe Pappel in Richtung Wohnhaus. „Das ging ganz langsam, im Zeitlupentempo. Ich stand einen Meter daneben und konnte nur völlig überrascht zusehen.“

Der Baum krachte auf Holzterrasse und Dach des Einfamilienhauses. Ein großer Ast peitschte durch die offene Terrassentür und blieb im Wohnzimmer liegen. Das Gewächshaus lag in Trümmern. Und Sybille Lukaschek? „Ich kann mich nicht erinnern, was mir in dem Moment durch den Kopf ging. Mit ein paar Tagen Abstand kann ich nur sagen, ich hatte ein Riesenglück.“

Sybille Lukaschek kämpfte sich durchs Geäst ins Wohnhaus zurück, wählte die Telefonnummer ihres Sohnes. Dann rief sie in der Gemeindeverwaltung Kreischa an. „Die empfahlen, die Feuerwehr anzurufen.“ Also wählte sie 112. Als die Männer der Berufsfeuerwehr in ihrem Grundstück an der Talstraße standen, konnten sie auch nicht viel tun. „Keine Personengefahr“, hieß es. „Zudem stand die Pappel so unter Spannung, dass sie zurückzuwippen drohte“, berichtet Sybille Lukaschek. Die Feuerwehr empfahl einen Baumschnittdienst und rückte ab.

Schon etliche Katastrophen erlebt

Am Nachmittag lag die Pappel immer noch auf Wohnhaus und Terrasse. Inzwischen war ein Baumfäll-Experte aus Wittgensdorf dagewesen und etliche Nachbarn. „Ich war fertig. Abends saß ich in meinem Haus und heulte. Nachts konnte ich kaum schlafen. Es war immer noch Wind und ich hörte die Zweige an der Hausmauer kratzen“, erzählt Sybille Lukaschek. Dabei ist die 64-Jährige, die nach dem frühen Tod ihres Mannes und dem Auszug der Kinder allein in dem Haus wohnt, sozusagen katastrophenerfahren. Viermal überspülte Hochwasser ihr Grundstück. „Man steht jedes Mal vor dem Nichts.“ Nach der bisher letzten Flut im Juni 2016, als sich ein heftiges Gewitter über Quohren entlud, kündigte die Versicherung.

Bloß gut, dass im Falle des umgestürzten Baumes viele nette Nachbarn zur Stelle waren. Die Männer kamen am Sonnabend mit Äxten und Sägen, räumten Äste weg und beseitigten erste Schäden. „Das war großartig. Immer ist davon die Rede, dass heutzutage jeder an sich denkt. Aber wenn ich mal ein Problem habe, habe ich bisher immer ganz viel Hilfsbereitschaft erlebt.“ Die Quohrener würden zusammenhalten.

Am Dienstagnachmittag meldete sich die Baumfäll-Firma und kümmerte sich um den Hauptstamm. Der liegt nun zerlegt und aufgestapelt neben dem Gartenzaun. Die dicksten Hölzer haben gut dreißig Zentimeter Durchmesser. Nun muss Sybille Lukaschek noch den Dachdecker kommen lassen, denn die Abdeckung hat mehrere Löcher bekommen. Zudem sollen demnächst zwei weitere Silberpappeln auf dem Grundstück fallen – per Säge und ganz kontrolliert, damit nicht der nächste Sturm noch mehr Schäden anrichtet.