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Der Abschied der Galeristin

Christiane Stoebe aus Kreischa schließt ihre Pirnaer Galerie. Die letzte Ausstellung zeigt Grafik und Malerei von Gabi Keil.

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© Kristin Richter

Von Thomas Morgenroth

Kreischa/Pirna. An der Marienkirche kommt wohl kaum ein Künstler vorbei, wenn er eine Ansicht der Altstadt Pirnas malen oder zeichnen will. Die Frage ist nur, wie dominant der spätgotische Sakralbau auf dem Bild erscheinen wird. „Es ist schwer, der künstlerischen Sicht auf die historischen Häuser eine neue Facette hinzuzufügen“, sagt die Dippoldiswalder Malerin und Grafikerin Gabi Keil und entschied sich deshalb bewusst gegen den tausendfach wiederholten Canaletto-Blick über den Markt. Sie wählte stattdessen einen rückwärtigen Standpunkt vom Sonnenstein aus und machte den mächtigen Turm der Stadtkirche St. Marien zu einer Randfigur.

Um einen besseren Überblick zu bekommen, kletterte die Künstlerin an einem Wochenende im Mai 2011 extra auf ein hohes Gerüst, das damals wegen der Sanierungsarbeiten am Schloss stand, und skizzierte mit Kohle eine atemberaubende Stadtlandschaft. In ihrem Atelier im Schloss in Reichstädt malte sie dann mit Ölfarben ein Meer aus roten Dächern, das in der Ferne von grünen Ufern gesäumt wird. Die Szene wird von wehenden Folieplanen gerahmt, die wie Vorhänge in einem Theater den Blick auf die Bühne freigeben.

Das Stück im Gegenlicht heißt „Pirna am Abend“, das die 46-Jährige, die an der Hochschule für Bildende Künste in Dresden bei Max Uhlig studierte, erst in diesem Jahr vollendete. Gabi Keil stand auch auf dem Gerüst, als die Sonne hinter ihrem Rücken in den Himmel stieg und die gleiche Landschaft in einem ganz anderen Licht erscheinen ließ: „Pirna am Morgen“.

Die beiden Gemälde sind Höhepunkte der Ausstellung mit Malerei und Grafik von Gabi Keil, die am Sonntag in der Galerie am Plan in Pirna eröffnet wurde. Es war die letzte Vernissage an diesem schönen und wichtigen Ort der Kunst, jedenfalls unter der Regie von Christiane Stoebe: „Ich schließe meine Galerie zum Jahresende.“ Aus gesundheitlichen Gründen, sagt sie, bleibe ihr keine andere Wahl. „Auf Anraten meiner Ärzte muss ich mich von den meisten Projekten trennen“, sagt die 57-Jährige. Auch von ihrem liebsten, der Galerie. Das Haus in der Schifftorvorstadt, das sie 2008 von dem Musiker Michael Schulz gekauft hatte, steht nun wieder zum Verkauf.

Den Skulpturensommer in Pirna, den Christiane Stoebe im Richard-Wagner-Jahr 2013 mit dem Thema „Fragen verboten“ begründete, will sie aber vorerst fortführen. „Damit er nicht stirbt“, sagt sie, ein Nachfolger für sie als Kuratorin sei noch nicht gefunden. Von Mai bis September nächsten Jahres erinnert der Skulpturensommer unter dem Titel „Menschlichkeit“ in den Sonnensteiner Bastionen und im Schloss Decin an Käthe Kollwitz, deren Geburtstag sich 2017 zum 150. Mal jährt.

Und noch ein Kreischaer

Christiane Stoebes wichtigster künstlerischer Berater des Skulpturensommers ist der Kreischaer Bildhauer Helmut Heinze. Ohne ihn wäre die aus Mannheim stammende Bildhauerin und Kunstpädagogin, die in Heidelberg eine Kunstschule leitete, wahrscheinlich kaum als freischaffende Künstlerin nach Sachsen gekommen. Christiane Stoebe lernte Heinze 2001 bei einer Ausstellungseröffnung in der Thoraxklinik in Heidelberg kennen, wo er die Laudatio für einen weiteren Kreischaer Künstler hielt, den Maler Ulrich Eisenfeld.

Helmut Heinze wurde ihr Mentor, ein väterlicher Freund. 2003 zog Christiane Stoebe nach Lungkwitz, einem Ortsteil von Kreischa, in das Anwesen, in dem Eisenfeld, der 1981 in den Westen ging, einst sein Sommeratelier hatte. Die Gegend war Christiane Stoebe nicht fremd. Ihr Mann, der Onkologe Christian Manegold, der Professor an der Universität in Heidelberg ist, stammt aus Dresden. Ein Teil ihrer Familie war zudem in der Nähe. Zwei ihrer drei Kinder studierten damals in Dresden.

Als das Haus Am Plan 3 zum Verkauf stand, überlegte Christiane Stoebe nicht lange: „Es war für mich die Chance, noch einmal etwas Neues zu wagen. Vielleicht die letzte, ich war ja auch schon fast 50.“ Im November 2008 eröffnete sie ihre Galerie mit einer Ausstellung eines alten Bekannten: Ulrich Eisenfeld. Natürlich kam später auch Helmut Heinze zu Ehren, wie viele andere Künstler aus der Region. Christiane Stoebe organisierte mehr als dreißig Ausstellungen, seit 2010 mit der ehrenamtlichen Unterstützung von Gisela Protze. Viel Geld, betont Christiane Stoebe, sei mit der Galerie nicht zu verdienen gewesen: „Das war eine reine Liebhaberei.“ Insofern dürfte es schwer werden, einen Käufer für das historische Anwesen zu finden, der dort wieder eine Galerie betreibt.

Christiane Stoebe gibt sich da keinen Illusionen hin und freut sich jetzt über den qualitätsvollen Abgesang mit Gabi Keil. Die Künstlerin zeigt im Obergeschoss stimmungsvolle Ansichten von Venedig, Madrid, London, Dresden und dem Erzgebirgsvorland. Das Erdgeschoss ist der Stadt Pirna gewidmet, was Christiane Stoebe besonders freut. Mit der Idee, im Landratsamt eine Galerie mit Bildern von Pirna einzurichten, war sie es ja, die Gabi Keil überhaupt dazu brachte, sich der Stadt künstlerisch zu widmen. Aus dem Projekt auf dem Sonnenstein ist nichts geworden, dafür geht der Vorhang für Gabi Keils Pirnaer Landschaftstheater nun in der Galerie am Plan auf.

Malerei und Grafik von Gabi Keil in der Galerie am Plan; bis 4. Dezember; geöffnet Fr.-So., 14-18 Uhr; Finissage am 3. 12., 17 Uhr; 13.11., 17 Uhr, Konzert mit penta rhei; 26.11., 14 bis 19 Uhr, kleiner Weihnachtsmarkt.