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Denkmalpflege hat letztes Wort am Weinhübler Wehr

Die Talsperrenverwaltung sucht nach Varianten, das Neiße-Bauwerk in Görlitz-Weinhübel den EU-Regeln anzupassen.

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© SZ-Screenshot

Von Anja Beutler

Görlitz. Die Landes- talsperrenverwaltung (LTV) versucht sich am Weinhübler Neißewehr in einem komplizierten Spagat. Prinzipiell soll das alte Kastenwehr gemäß den geltenden EU-Vorschriften zurückgebaut werden. Die sogenannte Wasserrahmenrichtlinie verlangt nämlich, dass die Flüsse für Fische und andere Wassertiere wieder durchlässiger werden.

Allerdings gibt es gleich drei wichtige Gründe, warum das in Weinhübel nicht komplett möglich sein wird. Wie Eberhard Pötschke, Betriebsleiter für Fließgewässer bei der LTV-Niederlassung in Bautzen bestätigte, müssen hier Denkmalschutz, Naturschutz und Hochwasserschutz unter einen Hut gebracht werden. Zum einen wendet sich die Görlitzer Denkmalschutzbehörde gegen einen Abriss des rund 150 Jahre alten Wehres. Ein solches Steinkastenwehr sei selten, berichtet Pötschke von den Argumenten der Behörde. Inwieweit die Anlage aus gestapelten Rundhölzern – wie es laut LTV eine vergleichbare an der Obermühle gibt – erhalten bleiben kann, muss deshalb nun geklärt werden. „Wir werden dazu mit dem Denkmalschutz nochmals sprechen und verschiedene Varianten vorstellen“, betont der Leiter der Bautzener LTV-Niederlassung, Sebastian Fritze. Eine erste Analyse des Wehrzustandes Ende des vergangenen Jahres habe jedenfalls ergeben, dass aktuell auch bei höheren Wasserständen keine akute Gefährdung von dem Bauwerk ausgehe.

Die LTV kann sich unter bestimmten Bedingungen durchaus vorstellen, Teile des Wehres stehenzulassen – auf alle Fälle gilt das für den Staukörper. „Ein gewisses Anstauen der Neiße an dieser Stelle ist für uns sogar wichtig“, betont Pötschke. Denn auf diese Weise werde die natürliche Fluss-aue geflutet und die Neiße verteile sich bei hohem Wasserstand erst einmal ungefährlich in die Breite. Viel problematischer wäre es, wenn das Wasser sofort in hohem Tempo weiter in Richtung Görlitz schießen würde. „Nicht jedes Wehr ist für den Hochwasserschutz schlecht“, analysiert LTV-Betriebsleiter Fritze in dem Zusammenhang. Und auch dem Naturschutz ist durch den Erhalt des Auengebietes gedient. Denn die Auenlandschaft mit Flora und Fauna würde ohne das Anstauen austrocknen.

Auch die polnische Seite hat an dieser Lösung großes Interesse: „Für die Uferbereiche im Nachbarland hätte ein kompletter Wegfall des Staus weitreichende Folgen“, skizziert Pötschke. So sei nicht auszuschließen, dass das Neißeufer auf polnischem Gebiet bei großen Veränderungen auf Dauer instabil werden könnte. Da dies im Ernstfall gefährlich wäre, haben die Polen den Erhalt der Aue mit Blick auf die anstehenden Arbeiten der Landestalsperrenverwaltung gefordert. Wann tatsächlich am Wehr etwas passiert, ist derzeit noch nicht ganz absehbar. In diesem Jahr wolle man die möglichen Varianten aufzeigen und einen Kompromiss finden, der für alle Beteiligten tragbar ist. Für die konkreten Planungen fasst Pötschke dann einen Zeitraum bis 2019 ins Auge.

Ob das Weinhübler Wehr nach einem Umbau auch noch als möglicher Neiße-Überweg für zwielichtige Absichten genutzt wird, wie offenbar Ende 2016 geschehen, lässt sich jetzt freilich noch nicht abschätzen.