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Den Mond auf die Erde geholt

Im Patrizierhaus sind Werke des von den Nazis ermordeten Paul Goesch und von Jochen Rohde zu sehen.

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© privat

Von Udo Lemke

Meißen. Paul Goesch ist in den 1920er Jahren psychisch erkrankt „und ist 1940 von den Nazis im Zuge des Euthanasie-Erlasses ermordet worden“, erzählt Bodo Zelinsky. Der Professor für slawische Literatur stellt im Patrizierhaus Werke von Paul Goesch aus. „Es gibt etwa 2 500 Arbeiten von ihm, er war sehr produktiv.“ Und: „Von den Nationalsozialisten wurde er zum Vertreter entarteter Kunst erklärt.“ Bevor er selbst in der Tötungsanstalt Brandenburg vergast wurde, wurde sein Werk geächtet.

Paul Goesch, der auch ausgebildeter Architekt war, war familiär mit Käthe Kollwitz verbunden, er war Schüler des Anthroposophen Rudolf Steiner und Kollege des Architekten Bruno Taut. „Von Paul Goesch sind keine Bauten überliefert, aber einige Architekturentwürfe“, erzählt Bodo Zelinsky. Allerdings gibt es in Dresden-Laubegast eine Raumausmalung, die 1908 entstanden ist, aber erst freigelegt werden kann, wenn das nötige Geld zusammen ist. Und Goesch, von dem sich vor allem farbige Gouachen erhalten haben, hat auch eine, wenn auch weitläufige Verbindung zu Meißen – sein Großvater besuchte St. Afra.

In reizvollem Kontrast zu Goesch Arbeiten stehen die von Jochen Rohde. „Die meisten Bilder haben etwas Florales, er hebt die Grenzen zwischen Mensch und Natur auf“, befindet Bodo Zelinsky. Jochen Rohde, „ein großer Leser von Mystik und Philosophie“, lässt in seinen abstrakten Arbeiten immer auch etwas Figürliches erkennen. In einem Bild wie „Mondbeute“ etwa kann man zwei Pflanzenwesen sehen – „Jochen Rohde holt den Mond runter auf die Erde“. Und der Maler selbst, der an der Meissener Manufaktur Porzellanmaler gelernt hat, sagt zu seiner Arbeitsweise: „Wenn ich weit genug zurücktrete, mich zurücknehme, dann können die Bilder wachsen.“

Bodo Zelinsky öffnet mit dem 1557/58 errichteten Patrizierhaus, das seine Großeltern 1921 erwarben, „eines der bedeutendsten und repräsentativsten Bürgerhäuser der Meißner Altstadt“, wie es im Kunstführer Dehio steht, für die Öffentlichkeit. „Bis zum Beginn des 19. Jahrhunderts blieb das Haus im Besitz von Angehörigen des gehobenen Meißner Bürgertums.“ Dann zogen, häufig wechselnd, Vertreter des Handwerks ein – Zimmerleute, Fleischer und Böttger. „Sie verkleinerten die Räume und verkauften das historische Mobiliar sowie Teile der wertvollen Innenausstattung.“ Dennoch ist auch heute noch etwas von der Größe des Renaissance-Hauses zu spüren.

Die Ausstellung „Bewegtes Leben – Figurentheater“ ist bis zum 26. Juni im Patrizierhaus auf der Webergasse 1 in 01662 Meißen zu sehen. Geöffnet ist sonnabends und sonntags von 10 bis 17 Uhr und nach Vereinbarung unter Telefon 0176 83395964. Am 29. Mai und am 12. Juni finden jeweils 11 Uhr Führungen durch die Ausstellung statt.