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Dem Weißen Hirsch auf der Spur

Ein zweites Lesebuch vereint Geschichten, Porträts und Anekdoten über das Viertel.

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© René Meinig

Von Kay Haufe

Der Weiße Hirsch ruft durchaus ambivalente Gefühle hervor. Die einen sehen das Viertel, das noch vor 100 Jahren eigenständige Gemeinde vor den Toren der Stadt war, als eines der schönsten von Dresden an. Mit wohlgepflegten Villen aus verschiedenen architektonischen Epochen, hübschen Vorgärten und atemberaubenden Ausblicken. Für andere ist es das „Bonzenviertel“, in dem schon zu DDR-Zeiten Großkopferte wohnten und heute wieder. Natürlich trifft es diese verkürzte Einschätzung nicht annähernd.

Doch gesellschaftlicher Wandel ist durchaus auch ein Thema im zweiten Lesebuch, das der Verschönerunsverein Weißer Hirsch/Oberloschwitz und der Elbhang-Kurier-Verlag jetzt herausgeben. 21 Autoren spannen darin einen facettenreichen Bogen von der Geschichte bis zur Gegenwart. Dieser beinhaltet auch die enge Symbiose zwischen dem Villenviertel und der unmittelbar angrenzenden Heide. Wie gut, dass der Vereinsvorsitzende Jörg Stelzig gleichzeitig auch Bühlauer Revierförster ist. Von Projekten wie der Pflege von Heidequellen oder neuen Schildern für Waldwege profitieren beide Seiten. Die Bewohner vom Hirsch nutzen nicht nur den Konzertplatz als ihren speziellen Treffpunkt, sondern sind auch zahlreich in der Heide unterwegs. Womöglich auch dank der vielen Wegezeichen, die im Buch erklärt werden.

Doch natürlich kommt auch das zweite Hirsch-Lesebuch nicht ohne einen Bezug zum heute wieder allgegenwärtigen Lahmann-Sanatorium aus. Alice Lahmann, die Schwiegertochter des Sanatoriumgründers, spielt darin eine besondere Rolle. Medizinhistorikerin Marina Lienert schildert den Lebensweg der deutsch-baltischen Dame, die maßgeblich an der Ausgestaltung einiger Sanatoriumshäuser im Innern beteiligt war. Von der Hochzeit des Kurbetriebes ist der Weg nicht weit zu einem der späteren Nutzer des Areals, der Sowjetarmee. Ein früherer Mediziner erinnert sich an Begegnungen mit Militärärzten des Lazarettes und daran, wie abrupt die Kontakte abgebrochen werden mussten. „Es ist erfreulich, dass wir auch einen Beitrag aus dieser Zeit anbieten können“, sagt Holger Friebel, der Chef des Elbhang-Kurier-Verlages. Zugleich beschreibt Architekt Gunter Hildebrandt, welche Zeugnisse der Roten Armee er beim Umbau des Lahmannschen Verwaltungsgebäudes noch vorgefunden hat, das jetzt Wohn- und Ärztehaus wird.

Pastelle von Jochen Fiedler leiten die einzelnen Kapitel ein. Der frühere Meisterschüler von Gerhard Kettner hat sie extra für das Lesebuch gemalt. Darunter eine Ansicht der Kirche auf der Stangestraße, die das Cover des Buches schmückt. Aber auch Ansichten vom Lahmannring und einzelnen Villen sind darin zu finden.

Im Mai 2017 hat das Autorenkollektiv begonnen, Themen für das Lesebuch zusammenzutragen, sagt Holger Friebel. Anlass war das 25. Jubiläum der erneuten Arbeitsaufnahme des Verschönerungsvereins. Ein ganzes Kapitel ist seinen Projekten und Mitgliedern gewidmet. „Das ist eine gute Truppe, die immer viele Ideen hat“, sagt Friebel. Am Ende kamen so viele Beiträge zusammen, dass gar nicht alle in das neue Buch passten. „Die anderen werden demnächst im Elbhangkurier erscheinen“, sagt Friebel.

Den Weg ins Buch gefunden haben dagegen Geschichten zur Gastronomie auf dem Hirsch, die ein Gaststättenbummel beschreibt und mit historischen Fotos anreichert. Darunter die des Parkhotels. Doch auch Handwerkerporträts bereichern das Buch, wie das über die Besitzer der ehemaligen Bäckerei Faust, die später George hieß und seit Juli dieses Jahres von Michael Langer übernommen wurde.

Vorgestellt wird das Buch am 27. 11. um 18.30Uhr im Saal des Restaurants Delizia auf der Bautzner Landstraße 106, es kostet 20 Euro und kann vorbestellt werden unter Telefon 2685368 oder unter www.elbhang-kurier.de