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„Dem Herzen tut Bewegung gut“

Chefarzt Markus Schütz über Bluthochdruck und Cholesterin. Dessen Bedeutung wurde überschätzt.

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© Egbert Kamprath

Freital. Die Helios-Weißeritztal-Kliniken laden in diesem Monat zu zwei Vorträgen ein, die sich mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen beschäftigen. Anlass ist eine Initiative der Deutschen Herzstiftung, die den Monat November zum Herzmonat ausgerufen hat. Dieses Jahr geht es um „das Herz unter Stress“. Populärwissenschaftlich wird erklärt, wie es dazu kommt und was jeder selbst dagegen tun kann. Die SZ traf vorab Dr. Markus Schütz, Chefarzt der Medizinischen Klinik Dippoldiswalde. Der 46-jährige Kardiologe wird den Vortrag in Dippoldiswalde halten.

Herr Dr. Schütz, was können die Besucher erwarten, die Ihren Vortrag besuchen?

Ich werde erklären, wie und warum unser Herz unter Stress leidet. Hier spielen neben unserem Lebensstil typische Begleitkrankheiten wie Bluthochdruck, Diabetes und Fettstoffwechselstörungen eine wichtige Rolle. Meinen Vortrag werde ich so halten, dass ihn jeder verstehen kann. Er wird etwa 60 Minuten dauern, danach ist Zeit für Fragen. Im Anschluss werden zwei Kollegen demonstrieren, wie Laien einen anderen Menschen wiederbeleben können. Jeder Erwachsene sollte dies im Notfall können. Ende November wird mein Kollege Oberarzt Stephan Große einen ähnlichen Vortrag in Freital halten. Dort wurde die Schulung zur Laienreanimation bereits beim Tag der offenen Tür angeboten.

Hier gibt´s Tipps

Vortrag „Herz unter Stress – Bluthochdruck, Diabetes, Cholesterin“ am Mittwoch, 9. November, 17 Uhr, Helios-Klinik Dippoldiswalde, Referent Dr. med. Markus Schütz, Chefarzt Medizinische Klinik Dippoldiswalde

Nach dem Vortrag in Dipps beginnt der Kurs „Reanimation für Laien“, Demonstration von Jens Stoppok, stellvertretender Pflegedirektor, und Thomas Kischekel, Fachkrankenpfleger

Vortrag Herz unter Stress – Bluthochdruck, Diabetes, Cholesterin“ am 30. November, 17 Uhr, Klinikum Freital, Referent: Oberarzt Stephan Große

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Wie kann man verhindern, dass das Herz unter Stress steht?

Für Herzkrankheiten gibt es zwei Hauptursachen. Wir bewegen uns viel zu wenig und essen dabei zu viel. Ein Neandertaler zum Beispiel war am Tag durchschnittlich 25 Kilometer unterwegs – auch um Nahrung zu finden. Ein durchschnittlicher Mitteleuropäer läuft am Tag gerade mal 800 Meter. Und einen Supermarkt gibt es an jeder Ecke. Über unsere Nahrung nehmen wir oft zu viel Fette, Zucker und zu viel Salz zu uns. Gerade Zucker und Salz sind in vielen Lebensmitteln so gut versteckt, dass wir sie oft gar nicht wahrnehmen. Nur wer genau auf die Zutatenliste schaut, erkennt die Mengen. Empfohlen wird übrigens, dass Menschen mit Bluthochdruck am Tag nur fünf Gramm Salz zu sich nehmen sollen.

Warum hat das Herz damit ein Problem?

Der Zucker, den wir zu uns nehmen, wird zu Blutzucker umgewandelt. Insbesondere im Verbund mit Übergewicht entsteht dann oft eine Zuckerkrankheit. Es kommt zu Ablagerungen in unseren Gefäßen. Wird der Querschnitt aber kleiner, kann weniger Blut fließen. Viele Organe werden dann nicht mehr so gut durchblutet. Dann hat nicht nur unser Herz Stress. Viele Körperfunktionen leiden.

Sie gehen in Ihrem Vortrag auch auf den Bluthochdruck ein. Was ist hier zu beachten?

Das Besondere am Bluthochdruck ist, dass er nicht wehtut. Deshalb können Betroffene diese Krankheit nicht erkennen, und deshalb kommen Folgeerkrankungen wie Herzinfarkte so überraschend. Jeder Erwachsene sollte seinen Blutdruck kennen. Ich rate jedem, den Hausarztbesuch zu nutzen, um seinen Blutdruck messen zu lassen. Bei erhöhtem Blutdruck sollte man auch einen Augenarzt konsultieren. Dieser kann Gefäßschäden durch Bluthochdruck sehr gut diagnostizieren, denn das Auge ist das Fenster zu unserem Gefäßsystem. Danach liegt es an uns Herzspezialisten, mögliche Ursachen für den Bluthochdruck zu ergründen. In fünf bis sieben Prozent der Fälle entdecken wir konkrete Ursachen, meist Hormonstörungen oder Nierenprobleme, die dann behandelt werden können. Bei über 90 Prozent der Erkrankten finden wir keine Ursache. Dem Hochdruck ist dann nur durch Blutdruck senkende Medikamente beizukommen. Hier hat es in der Wissenschaft ein Umdenken gegeben. War es früher Ziel, den Blutdruck auf 120 zu 80 mm Hg zu senken, so gibt man sich heute auch mit Werten von 140 zu 90 mm Hg zufrieden. Wir Mediziner haben die Erfahrung gemacht, dass vor allem ältere Patienten die massive Senkung des Bluthochdrucks nicht so gut verkraften. Ihr Gehirn hat sich an den hohen Bluthochdruck gewöhnt. Problematisch können auch Wechselwirkungen von Blutdrucksenkern mit anderen Tabletten sein. Deshalb müssen wir Ärzte uns vor der Verordnung neuer Medikamente immer den ganzen Medikamentenplan eines Patienten genau anschauen.

Welche Gefahren gehen von Cholesterin aus?

Die Rolle des Cholesterins wurde in den letzten Jahren überschätzt. Wissenschaftlich erwiesen ist, dass das Cholesterin in unserem Körper zu etwa 80 Prozent selbst produziert wird. Nur die restlichen 20 Prozent nehmen wir über die Nahrung auf. Ich rate jedem, trotzdem nur vernünftige Mengen zu sich zu nehmen.

Welche Art Bewegung empfehlen Sie, um sich fit zu halten?

Das Beste ist, regelmäßig Sport zu treiben. Das muss kein Leistungssport sein. Es genügt, wenn man fünfmal pro Woche eine Dreiviertelstunde straff spazieren geht. Da merkt man schnell die Wirkung. Statistisch ist es übrigens nachgewiesen, dass Hundebesitzer ein geringeres Herzinfarktrisiko haben, weil sie sich wegen ihres Tieres regelmäßig bewegen müssen. Vielleicht noch das, um zu motivieren: Mit regelmäßiger Bewegung verringert man auch das Krebsrisiko, und man kann Depressionen abbauen.

Von Rauchen und Alkoholkonsum werden Sie in Ihrem Vortrag nicht abraten?

Doch. Aber nur am Rande. Ich gehe davon aus, dass die meisten Besucher wissen, dass dieser Konsum der Gesundheit nicht zuträglich ist. Eine Ausnahme ist Rotwein. Es ist nichts gegen ein Glas Rotwein am Abend einzuwenden. Das fördert die Durchblutung. Schnaps und Bier entfalten solche Nebenwirkungen nicht.

Was tun Sie persönlich, um Ihr Herz keinem Stress zu unterziehen?

Ich fahre viel Fahrrad und habe mir zusätzlich ein E-Bike zugelegt. Mit dem fahre ich von meinem Wohnort Rabenau nach Dippoldiswalde zur Arbeit. Früh nutze ich den Motor als Hilfsmittel. Dann bin ich schnell unterwegs und komme ich nicht verschwitzt ins Büro. Auf der Heimfahrt schalte ich den Motor aus. Für mich ist diese Fahrt nicht nur Bewegung, ich kann auch dabei den Tag Revue passieren lassen.

Das Gespräch führte Maik Brückner.